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Ort des Geschehens ist die rund 100.000 Einwohner umfassende thailändische Touristenoase Pattaya. Hier hat sich der 66-jährige Horst Thalwitzer vor 15 Jahren eine Bleibe geschaffen, in der er unter Seinesgleichen seinen Ruhestand genießt. Denn schon seit einigen Jahren entscheidet er, wer in dem 11-stöckigen Wohnkomplex aus- und eingeht. Seine Devise lautet dabei: Deutsche immer, Russen nimmer! Er ist - wie er nicht müde wird zu erwähnen - der Inhaber der einzigen rein deutschen Wohnanlage in ganz Asien und vermietet die Apartments an Rentner und Dauerurlauber, die bestenfalls ähnlich ticken wie er. Einen echten Kumpel hat er in Ingo gefunden, der bereits seit vier Jahren in der Villa Germania lebt und Horst quasi auf Schritt und Tritt begleitet. Zumindest suggeriert dies die erste Episode, denn wo immer Horst auftaucht, ist Ingo gewiss nicht weit.
Ihre Lieblingsbeschäftigung besteht darin, eifrig Ressentiments über Russen auszutauschen. Immerhin seien diese ja per se asozial, hässlich, sprächen keine zivilisierte Sprache und hätten zudem allesamt "einen fetten Arsch". So schürt Horst gezielt das Feindbild des asozialen Russen, schießt beim Wasserfest zu Neujahr auf vermeintliche Russen (die sich dann allerdings leider doch als Schweden herausstellen) und lässt sogar betrunkene Russinnen auftreten, die Horst und seinen Kumpel angraben. Um eine Distanz zu suggerieren, untermalt das Produktionsteam Horsts leicht rassistisch angehauchtes Gerede an einer Stelle mit dem Kommentar "Denkt, er ist tolerant".
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Doch so chauvinistisch, veraltet und latent rassistisch dies alles auch sein mag, es wirkt zumindest authentisch. Und dies ist auch die größte Stärke von «Villa Germania» in einer Fernsehlandschaft, die immer stärker von gescripteter Realität überschwemmt wird. Denn wenngleich die meisten Protagonisten ein sehr verqueres Weltbild haben und nicht wirklich wie die hellsten Birnen auf dem Kronleuchter wirken, so kommen sie zumindest echt rüber. Und damit können Horst, Ingo und Heinz sehr wahrscheinlich zumindest die Zielgruppe ansprechen, die sie ansprechen sollen, während der Teil des Publikums, der nach Substanz beim Fernsehkonsum strebt, mit einem solchen Format ohnehin kaum erreichbar ist.
Eine vergleichsweise angenehme Person hat die erste Folge dann doch noch zu bieten: Den mit 52 Jahren jüngsten Bewohner Frankie. Dieser ist seit sieben Jahren in der Villa Germania und wird von Horst als Außenseiter beschrieben. Und das kann sich der Zuschauer lebhaft vorstellen, denn für Frankie sind die einheimischen Frauen nicht nur kaufbare Ware, mit der man sich für kleines Geld schmücken kann und die bereit zu stehen haben, wenn das Essen wahlweise zubereitet oder abgeräumt werden soll. Er reflektiert zumindest partiell das Verhalten der Thais, fühlt sich in der lautstarken Männerrunde sichtlich unwohl und neigt nicht dazu, exzessiv über den Durst zu trinken. Frankie stellt somit die Bezugsperson für den Zuschauer dar, der das Verhalten der anderen Männer für abstoßend hält.
Davon abgesehen ist «Villa Germania» genau das, was man von einer RTL II-Dokusoap erwartet: Einfache, ja fast primitive Unterhaltung mit wenig Input, vielen gängigen Klischees und schlichten Charakteren. Über Thailand erfährt man in fast zwei Stunden Sendezeit nur, dass die Preise dort wahnsinnig niedrig sind, Mann sich attraktive junge Damen sehr leicht und sehr günstig temporär "mieten" kann und 94 Prozent aller Thailänder Buddhisten sind. Der Fokus liegt ganz klar auf den deutschen Rentnern, wobei sich hier ebenfalls maximal vier Personen wirklich in den Vordergrund spielen können. Und somit reiht sich das Format nahtlos in das Programm des Privatsenders ein und kann zumindest dessen Zielgruppe bedienen. Alle anderen werden - sofern sie überhaupt einschalten - hingegen relativ schnell das Weite suchen. Und sie können dies mit gutem Gewissen tun, denn sie verpassen nichts.