Inhalt
Der Film erzählt nach Motiven des Romans «Schleuderprogramm» von Hera Lind die Geschichte der internationalen Sopranistin Ella Herbst (Annette Frier). Die Diva stürzt von einem Tag auf den anderen aus dem Olymp der Opernwelt, als sie ihrem kranken Vater Karl (Peter Franke) zur Hilfe eilt und eine Vorstellung in der Kölner Oper abbricht. Das Publikum und vor allem das Management sind erbost, hat doch "die Herbst" mit ihren Launen und Forderungen seit Jahren die Direktoren der großen Häuser drangsaliert. Die zweite Besetzung soll nun ihre Chance bekommen. Doch der Albtraum geht weiter. Ellas langjähriger Partner hat ihr gesamtes Vermögen verspekuliert und sich selbst abgesetzt. Karls gesundheitlicher Zustand verschlechtert sich, sodass er nicht ohne Betreuung zurechtkommt. Nachdem Ellas Vermögen und Eigentum gepfändet sind, muss sie aus ihrer luxuriösen Penthousewohnung zurück in ihr Jugendzimmer in die Kölner Vorstadt ziehen. Wieder ganz unten angekommen, bleibt sie aber pragmatisch und übernimmt liebevoll die Betreuung ihres Vaters. Ihre Arbeitssuche endet ohne jedes Engagement, als hätte sich die ganze Welt gegen sie verschworen. Aber eine Ella Herbst gibt nicht auf. Beim erstbesten Angebot schlägt sie zu. Der Leiter der JVA Köln (Peter Prager) träumt von einem Gefangenenchor. Einige mehr oder minder begabte Insassen haben sich bereits freiwillig gemeldet, auch weil sie mit den versprochenen Benimmpunkten ihre Haftzeit verkürzen können. Voller Elan macht sich Ella an die ungewöhnliche und nahezu aussichtslose Aufgabe.
Darsteller:
Annette Frier («Danni Lowinski», «Schillerstraße») ist Ella Herbst
Pasquale Aleardi («KeinOhrHasen», «Männerherzen und die ganz ganz große Liebe») ist Angelo Manuardi
Peter Franke («Absolute Giganten», «Das Wunder von Bern») ist Karl Herbst
Peter Prager («Doctor's Diary», «Maria, ihm schmeckt's nicht») ist JVA-Direktor Bielenstein
Kritik
Eine Annette Frier auf der Besetzungsliste gilt nicht erst seit gestern als eine Art Qualitätssiegel für deutsche Film- und TV-Produktionen. Nachdem ihr im Jahr 2005 mit der Comedyrevolution «Schillerstraße» hierzulande der große Durchbruch gelang, erhöhte sich die Schlagzahl der Filme, in denen sie mitwirkte. Bislang schien die Kölnerin ein Händchen für ihre Rollenauswahl zu besitzen. Griff sie doch nie so sehr daneben, wie sie es nun in der ZDF-Schmonzette «Schleuderprogramm» tat.
Annette Frier spielt die gefeierte Opern-Diva Ella Herbst, die sich das Prädikat „Diva“ regelrecht verdient hat. Ihr Agieren ist herablassend, sie strahlt keinerlei Form von Sympathie aus und allzu oft spricht sie von sich in der dritten Person. Sie verkörpert den typischen Star, der die Bodenhaftung schon lange verloren hat. Nun möchte man meinen, sei allein diese Charakterzeichnung wie prädestiniert für den klassischen Antagonisten. Leider war dies jedoch nicht der Plan, den die Autorin Hera Lind beim Schreiben ihres obskuren Romans, der als Vorlage für den Streifen diente, verfolgte. Sie rückt die Operndiva in den Vordergrund der Handlung, baut sie – trotz des Mangels an liebenswerten Zügen oder eines Hauchs von Charisma – zum Protagonisten auf und lässt sie schließlich die meiste Zeit des gesamten Films allein bestreiten. Dies wäre an sich eine nette Idee gewesen, hätte es das Drehbuch nicht in horrendem Maße mit der affektierten Charakterzeichnung übertrieben, die man in «Schleuderprogramm» schlussendlich zu Gesicht bekommt. Annette Frier tut einem in ihrer Rolle fast Leid. Da man von ihr Schauspielkunst gewohnt ist, die sich Lichtjahre von dem entfernt befindet, was sie dem Zuschauer in diesem undefinierbaren Genreeinerlei bietet, ist dies lediglich ein Indiz für das Unvermögen der Filmemacher, aus der Vorlage von Schmonzetten-Autorin Hera Lind die positiven Aspekte hervorzuheben.
Die Darsteller bewegen sich auf unterstem Schauspielniveau, obwohl sich die Riege derer, die für dieses Machwerk gewonnen werden konnten, durchaus sehen lassen kann. Neben Frier gilt dies vor allem für Pasquale Aleardi, der bereits für den Sat.1-Film «Erdbeereis mit Liebe» zusammen mit der Hauptakteurin vor der Kamera stand. Auch in dieser seichten Komödie, die bei den Kritikern nicht allzu gut wegkam, fokussierte sich der emotionale Part auf Frier und Aleardi, die trotz eines lahmen Drehbuchs vollkommen überzeugten, da sie die Schwächen der Vorlage durch die charmanten Eigenheiten ihrer Figuren wettmachen konnten. Doch die Figurenzeichnung in «Schleuderprogramm» ist so seicht, dass es schier unmöglich ist, die Schwachpunkte des Drehbuchs auf diese Art abzufedern. Vor allem die Eindimensionalität der Figuren ist es, an welcher die Interaktion unter den Charakteren immer wieder hakt. Man gestattete jedem Darsteller lediglich eine Sichtweise, aus welcher der Zuschauer ihn zu betrachten hat. Neben der harschen Ella gibt es den stereotypen Vater, der mit Ellas Werdegang nichts anfangen kann und in seiner Tochter immer noch das kleine, unschuldige Mädchen sieht. Auch, wenn auf Darstellerebene nicht viel erwartet werden kann, so gehören die Momente von Annette Frier und Karl Herbst zu den darstellerischen Höhepunkten des Films, die zwar nie auch nur annährend an Tiefgründigkeit besitzen und in ihrer angehauchten Melancholie zum Großteil lächerlich wirken. Teilweise blitzt jedoch so etwas wie Rührung hervor, wenn die Rolle der Ella zu so etwas wie Einsicht kommt.
Leider bleibt das Drehbuch derart oberflächlich, dass es Ella gar nicht erst vergönnt ist, zur Einsicht über ihre gewöhnungsbedürftige Lebensphilosophie zu kommen. Stattdessen befasst sich der zweite Teil der Handlung mit den Abläufen in der JVA, in welcher die Opernsängerin – um an Geld zu gelangen – einen Gefangenenchor aufzieht. Nabucco lässt grüßen! Mit der Idee, eines der Leitthemen der Verdi-Oper in «Schleuderprogramm» in die Realität zu übertragen, ist der Höhepunkt in Sachen Kreativität auch schon erreicht. Schließlich sind sämtliche Abläufe und Charaktere innerhalb der Gefängnismauern eine Ansammlung von Klischees, denen zuzuschauen partout kein Spaß machen möchte.
Auf technischer Ebene kann «Schleuderprogramm» wenigstens teilweise überzeugen. Die Kulisse, vor allem die Darstellung der JVA, entspricht üblicher TV-Film-Kost. Alles schaut nett aus, doch anecken mochten die Filmemacher wohl nirgends. Daher beließ man es dabei, das Gefängnis im klassischen Grau-in-Grau-Stil darzustellen, anstatt sich zu trauen, den Schmutz und Dreck hinter Gittern glaubhaft herüberzubringen. Auch die Szenen, in denen Friers Figur ihrer Arbeit – dem Gesang von Opernarien – nachgeht, sind kein gutes Beispiel für Glaubwürdigkeit. Asynchronität und der fehlende Ausdruck in Friers Gesicht nehmen dem Zuschauer die Illusion, die Schauspielerin würde tatsächlich eine Arie von sich geben.
Damit ist «Schleuderprogramm» hoffentlich lediglich ein Ausrutscher in der Vita von Annette Frier und ohne Zweifel ein Beispiel dafür, dass nicht jede Buchvorlage auch verfilmt werden sollte.
«Schleuderprogramm» ist am Mittwoch, den 12. September 2012, um 20.15 Uhr zu sehen.