Die Kritiker

50 für großes Fernsehen

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RTL startet am Mittwoch die neue Reality-Doku «Die Zuschauer» und liefert damit einen der spannendsten Neustarts des Jahres. Hier trifft Innovation auf gewohnte Elemente.

Der Executive Producer

«Die Zuschauer» kommt von der Firma ITV Studios Germany (macht für RTL unter anderem auch «Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!»). Executive Producer ist Uli Zahn, der seit 2008 für ITV arbeitet. Er verantwortet in gleicher Position die VOX-Sendungen «Das perfekte Dinner» und «Das perfekte Promi Dinner». Für ZDFneo machte er «Da wird mir übel!» und für RTL II «Investigativ». Vor 2008 wirkte er unter anderem an «Big Brother 2» und «Besser Essen - Leben leicht gemacht» mit.
Freunde gut gemachten Fernsehens werden in den kommenden vier Wochen genauso wie die, die immer nach Innovationen rufen, wahre Freunde an einem Neustart haben – dem vielleicht besten RTL-Neustart der TV-Saison 2012/2013: «Die Zuschauer», hergestellt von der Firma ITV Studios Germany. Das Prinzip ist recht einfach erklärt: Der Hauptprotagonist der Sendung steht vor einem elementaren Problem – im Piloten ist es die Frage, ob Markus (40) seinen sicheren Job als Stahlarbeiter für den Traum einer Karriere als Schlagerstar aufgeben soll. Eine Woche später geht es um die verwitwete Petra, für die ihr Bauernhaus zur Belastung wurde – auch, weil es bei Weitem nicht fertig saniert ist. Die Frage heißt: Haus verkaufen oder behalten?

Für diese gewichten Fragen geben 50 Zuschauer, die die Person eine Woche lang auf Schritt und Tritt begleitet haben, am Ende einen Ratschlag. So habe der Protagonist nicht mehr den Druck alleine die gewichtige Entscheidung treffen zu müssen, wird von der Stimme aus dem Off in der Sendung erklärt. RTL verwendet hier also erneut die „Weisheit der Vielen“ – ob diese wirklich immer der Weisheit letzter Schluss ist, kann man bezweifeln. Ein sehr spannendes Projekt ist es aber allemal, nicht zuletzt, weil das Format auch in der Produktion gut umgesetzt ist.

Zunächst sehen «Die Zuschauer» ein paar Videobilder, die die Grundthematik erklären sollen. Sie befinden sich dazu in einem komplett weißen Raum – auch wenn «Die Zuschauer» später ihre Kommentare in die Kamera abgeben und ihre Meinung kundtun, passiert dies in weißen Räumen. Weiß soll hier für eine vorurteilsfreie und neutrale Haltung stehen. Ausgewählt wurden Menschen aus der Region des Protagonisten – verteilt über alle Altersklassen (zwischen 19 und 66 Jahren) und verteilt über viele Schichten – von der Studentin über die Dekorateurin, hin zum Lehrer oder zur Hausfrau.

Es sind mächtige Bilder, die sich ergeben, wenn die Gruppe von 50 dem Stahlarbeiter Markus hinterherläuft, um sich direkt vor Ort ein Bild von der Situation zu machen. Jeden Abend folgt eine Diskussion der «Zuschauer». Diese spiegelt immer wieder die Zerrissenheit der Ratgeber wieder - die Gruppe von 50 stellt letztlich also nicht weniger als die eigene innere Zerrissenheit des Hauptakteurs dar. Freilich kann man als Zuschauer an der Produktion bemängeln, dass manche Statements oder manche Fragen ein wenig „gestellt“ wirken – möglicherweise mussten sie aus produktionstechnischen Gründen mehrfach gedreht werden. Das macht «Die Zuschauer» aber in keinster Art und Weise schlechter, dennoch trotzdem besticht die ITV-Produktion durch große Authentizität.

Vielmehr geht es darum zu sehen, welche Prozesse das Begleiten der Person innerhalb der Gruppe auslöst. Da gibt es unter den Zuschauern ebenfalls „Möchtegern-Stars“, die den Drang Markus‘ auf der Bühne zu stehen, vollends nachvollziehen können – ebenso wie sehr bodenständige Charaktere, die schon direkt von Beginn eine recht gefestigte Meinung hatten. Auf die Meinungsbildung der einzelnen könnte die Sendung sogar noch stärker eingehen.

Noch deutlicher wird es in der zweiten Folge, in der die Fallhöhe für die Beteiligte noch höher ist. Da geht es nicht um die Erfüllung eines Traums, sondern um eine ganze Existenz. In diese Richtung sollte die Sendung künftig vermehrt gehen – in weiteren Episoden des Formats werden sich Fragen wie „Auswandern nach Teneriffa oder nicht?“ oder „Einen 350 Kilometer entfernten Job als Porno-Kameramann behalten oder nicht?“ stellen. Dass die Weisheit der 50 auch nach April 2013 noch ein Bestandteil des RTL-Programms sein darf, ist in jedem Fall wünschenswert. Darüber entscheiden aber nicht 50 Personen, sondern mehr als 5600 – nämlich die, die eine Quotenbox in ihrem Wohnzimmer stehen haben.

RTL zeigt «Die Zuschauer» ab dem 27. März 2013 mittwochs um 21.15 Uhr. Die erste Staffel umfasst vier Folgen.

Kurz-URL: qmde.de/62841
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