Da ist sie wieder: die Staatsaffäre «Wetten, dass..?».
Die Samtagabendshow wird schon seit einer Ewigkeit von Medienjournalisten als „ganz großer Kindergeburtstag“ umschrieben.
Vielleicht trifft es aber ein anderes Bild besser: nämlich die Stunden nach dem Kindergeburtstag, wenn die Kleinen verräumt sind und die Eltern, mehr oder weniger mit den Nerven runter, in lockerer Runde beisammen stehen und sich mit ein paar Gläsern Sekt von den nachmittäglichen Strapazen erholen. Dabei zu vernehmen: Gespräche über Duschköpfe, in elitäreren Zirkeln sicherlich auch über das neue Boot auf den Balearen, und wenn der Sekt mit einem durchgegangen ist, kippt sich der ein oder andere vielleicht auch zur allgemeinen Belustigung ein paar Eiswürfel in den Schritt. Zum Runterkommen. Nur nicht den amerikanischen Nachbarn sagen, bitte. Die finden das angeblich nicht so lustig und kommen nicht mehr, seit sie mal beim Sackhüpfen dabei waren.
«Wetten, dass..?» lebt nicht von spektakulären Wetten allein, sondern mindestens im selben Maß auch von einer lockeren Runde aus Prominenten und einem Showmaster, der sich mit ihnen witzig und schlagfertig unterhält. Dass diese lockere Runde im knallharten Showbusiness zumindest manchmal nur gespielt sein mag, die meisten Gäste sich vorher genau überlegen, was sie wie sagen werden, und manche ohnehin nur antanzen, um einen Film oder ein Album zu promoten: geschenkt. Der springende Punkt ist, was in den Wohnzimmern ankommt. Da siegt die Ungezwungenheit, auch wenn sie stringent durchchoreographiert ist. Es darf nur nicht zu penetrant auffallen, wie künstlich die ganze Situation eigentlich ist.
Markus Lanz wurde schon vor seiner «Wetten, dass..?»-Zeit häufig kritisiert. Auch an dieser Stelle. Dass er auf der großen Samstagabendbühne farbloser wirkt als Thomas Gottschalk, ist zwei Gründen geschuldet: Erstens lassen sich die großen Fußstapfen des zum Samstagabend-Übermoderator verklärten Showmasters kaum füllen (weswegen wohl Hape Kerkeling gerne auf die Moderation der Show verzichtet hat). Und zweitens ist Lanz das, was man bekommt, wenn man niemandem weh tun und möglichst alle Zuschauerschichten mitnehmen will.
Lanz hat in der «Wetten, dass..?»-Ausgabe vom letzten Samstag das gemacht, was er immer macht: gekünstelte gute Laune verbreitet. Und genau das ist eigentlich auch seine Aufgabe in dieser Sendung. Ob Lanz jemals den Status eines Gottschalks bei diesem Format erreichen wird, ist natürlich fraglich. Schließlich war Gottschalk lockerer, seine Gags wirkten nicht so gezwungen, er wirkte im Umgang mit internationalen Stars souveräner und nicht so anbiedernd. Lanz dagegen ist ein Wegmoderierer, der primär dadurch auffällt, dass er nicht stört. Auch das kann man als Talent auffassen. Ob das für den Samstagabend geeignet ist, ist sicherlich ein Streitthema.
Aber «Wetten, dass..?» ist keine Staatsaffäre, sondern Unterhaltung. Eine möglichst lockere Sendung in einer (Post-)Kindergeburtstagsatmosphäre plus Blütenzauber und Männer, die in Badehosen hüpfen. Fast schon dadaistisch.
Und diese Unterhaltung funktioniert prinzipiell auch mit Lanz, auch wenn sie eben anders funktioniert als mit Gottschalk. Etwas gekünstelter, etwas geleckter, vielleicht etwas schmieriger, mit mehr „Wow“ und weniger „Reschpekt, mein Lieber“. Hauptsache anarchisch. Das Problem dabei ist, dass bei Lanz auch das Anarchische einstudiert wirkt.
Genau davon müsste er sich lösen und mehr von dieser ungezwungenen Mitten-rein-in-den-Wahnsinn-Attitüde eines Thomas Gottschalk verinnerlichen. Wenn er will, wird er das auch können und «Wetten, dass..?» zu alten Höhen zurückführen. Das Zeug dazu hat er. Denn auch wenn man die von ihm moderierten Ausgaben im Vergleich zu Gottschalks Spätwerk schlechter einschätzen mag – Totalausfälle waren sie nicht und zeigten sowohl beim Konzept als auch beim Moderator Potential für hochspannende Sendungen. Wetten, dass das mit dem Lanz noch was werden kann?