Namibia ist gerade für deutsche Touristen eines der beliebtesten Reiseziele des afrikanischen Kontinents. Neben beeindruckenden Landschaften und einer sehr artenreichen Fauna gibt es in dem Land auch eine sehr vielfältige Kultur - und sogar eine durchaus große deutschsprachige Minderheit lebt noch heute dort. Von all dem bekommen die Zuschauer von «Wild Girls - Auf High Heels durch Afrika» allerdings kaum etwas mit, stattdessen bietet RTL in seiner neuen Reality-Show einmal mehr Pseudo-Prominenz an, die vor laufender Kamera substanzloses Zeug daherschwafelt. Unterhaltsam ist das nur für Hardcore-Fans des Trash-Fernsehens.
Schon bei den Namen der Wüsten-Touristen kann man erahnen, auf welchen Schlag Show man sich hier einlässt: Mit Sarah Knappik, Fiona Erdmann und Barbara Engel (ehemals Herzsprung) sind gleich drei ehemalige Teilnehmer von «Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!» zugegen. Darüber hinaus geben sich RTL-eigene C-Promi-Züchtungen wie Jinjin («Der Bachelor»), Ingrid Pavic («Big Brother»), Sophia Wollersheim oder Miriam Balcerek («Auf und davon») die "Ehre", sodass bereits die ehemalige Monrose-Sängerin Senna Gammour in diesem Ensemble der Bedeutungslosigkeit einen recht großen Namen darstellt.
In der mit fünf Minuten äußerst üppig bemessenen Vorschau bekommt man eine recht aussagekräftige Zusammenfassung dessen, was einen im weiteren Verlauf der Sendung erwartet. Unter dem angenehm süffisanten Kommentar von William Cohn plappert Sarah Dingens "isch will mit diesen Bildern in meim Leben nisch leben" daher, während die nach «Germany's Next Topmodel» angeblich in irgendeiner Galaxie bekannte Sara Kulka glaubt, hier auf manche etwas zu pervers zu wirken, da sie "halt ständig über Sex und Kacken" spricht. Während das Hirn allmählich auf Standby schaltet, brüllt eine nicht minder mitteilungsbedürftige Person noch "das einzigste, was hier fett ist, sind deine Titten" umher.
Das weitere Geschehen der ersten Folge kann man an dieser Stelle recht bündig zusammenfassen: Der Moderator Andreas Jancke spricht seine auswendig gelernte Begrüßung auf, ein Eingeborener weist die zwölf Teilnehmer auf das Triple-S der grausamsten Gefahren (Skorpione, Schlagen und Spinnen) der Wüste hin, bevor sich diese optional wie von der Tarantel gestochen oder motivationsarm herumschleichend in das nicht weit entfernte Nomadendorf begeben. Da sich fünf für die erstgenannte Option entscheiden, allerdings nur die ersten vier eine Belohnung erhalten, gibt es auf der Zielgeraden noch ein erbittertes Tussicatchen zwischen Sara und Jordan Carver. Endlich im Dorf angekommen bereiten die Bewohner den Neuankömmlingen noch einen netten Empfang, indem sie ihnen zeigen, wie man eine Ziege nach Hausmannsart schlachtet. Die einzig wahre Sarah K. rührt dies zu Tränen. Am Ende des Tages begeben sich die angeblichen Glamour-Girls schließlich in ihr Schlafgemach, nur Miriam muss aufgrund eines ungültigen Passes mit dem örtlichen Gefängnis Vorlieb nehmen.
Doch der Fokus liegt ohnehin nicht auf dem eigentlichen Geschehen im Dorf oder auf dem Weg dorthin, sondern viel mehr auf den Artikulations-Göttinnen, die reihenweise verbale Goldtaler verteilen. So hält sich Dingens für die "deutsche Angelina Jolie", Travestiekünstlerin Conchita Wurst erklärt ihren Namen damit, dass "Wurst" ja eine Verniedlichung des männlichen Geschlechtsteils darstelle und Sara möchte gerne sämtliche Mitbewerberinnen kontaminieren, die "blöde Scheiße über misch labern, ey". Was ein Glück, dass man dies nur über das Fernsehen mitbekommt, denkt man als Zuschauer bei solchen Sätzen nur - und sympathisiert plötzlich sogar ein wenig mit einer Kader Loth, die sich in der Auftaktfolge mit ihren Weisheiten noch erstaunlich bedeckt hält.
Allerdings macht sich «Wild Girls» mit diesem extremen Fokus auf Trash-Promis auch selbst ein Problem: Es fehlt die Abwechslung, es fehlen wirkliche Sympathieträger und es fehlt die Meta-Ebene, die aus dieser Endlagerung des Promimülls ein sehenswertes Format mit Kult-Potenzial macht. Kurz gesagt: Es fehlt all das, was das Dschungelcamp qualitativ so stark aus dem Reality-Einheitsbrei heraushebt. So hat zwar der Fan von geistloser Unterhaltung durchaus seinen Spaß, doch jeder, der sich von einer solchen Sendung mehr erhofft als eine Stunde lang mitzuerleben, wie uninteressante Menschen dummes Zeug in die Kamera reden und sich ein wenig selbst profilieren, wird schnell enttäuscht das Weite suchen.
Sicher, RTL spielt recht gekonnt mit Klischeebildern von afrikanischen Wüstenbewohnern und oberflächlichen Glamour-Weibern, doch selbst dieses Potenzial wird nur allzu selten wirklich genutzt. Dafür räumt man den Frauen viel Sendezeit dafür ein, um über einander abzulästern oder versucht sich daran, Konflikte zwischen ihnen zu schüren. Doch die einzige Prise Ironie und Sarkasmus liefert letztlich der Sprecher William Cohn - und selbst er setzt sie sehr dosiert ein. So ist «Wild Girls» letztlich nicht mehr als ein müder Wüsten-Abklatsch des Dschungel-Camps, der jedoch die Vielschichtigkeit seines Vorbilds nicht begreift und das Format letztlich auf den reinen Trash-Talk runterbricht. Für sehr, sehr öde Sommerabende mit einem sehr, sehr ausgeprägten Bedarf nach sehr, sehr leichter Kost mag das ganz nett sein, ansonsten allerdings kaum von Relevanz.