Welcher Aufschrei ging durch die Medienlandschaft, als ProSiebenSat.1 vor einigen Monat erstmals durchblicken ließ, dass man heuer nicht einen erfahrenen Nachrichtenmann wie zuletzt Peter Limbourg als Moderator zum TV-Duell schicken möchte, sondern Entertainer und Senderallzweckwaffe Stefan Raab. Da gab es zum Beispiel ZDF-Chefredakteur Peter Frey, der mahnte, niemand dürfe das TV-Duell als Bühne für Unterhaltung nutzen. Das aber war eigentlich gar nicht zu erwarten. Ziel der Nominierung Raabs (und auch des Wechsels zum Sender ProSieben) dürfte viel mehr gewesen sein, einige junge Menschen zum Schauen zu animieren, die ansonsten nicht interessiert gewesen wären. Natürlich lässt sich nicht feststellen, wie viele das letztlich waren.
Glaubt man einigen Tweets am Sonntagabend, so waren es doch welche, die hauptsächlich zugeschaut haben, weil sie sehen wollten, wie sich der «Schlag den Raab»-Erfinder auf der großen politischen Bühne schlägt. Die Presse jedenfalls feiert Raab, vielleicht weil er – im engen, angelegten Korsett – derjenige war, der für das Volk am verständlichsten und am mutigsten fragte. Beispielsweise am Schluss, als er Peer Steinbrück „King of Kotelett“ nannte oder als er Angela Merkel zu Beginn mehrfach freundlich und neugierig, aber auch bestimmt, unterbrach.
Raab hatte nicht die in Teilen etwas unangenehm wirkende Aggressivität einer Anne Will, die bissig wirkte. Raab war aber auch nicht so sachlich wie Peter Kloeppel, der – zum vierten Mal dabei – einen ausgezeichneten Job machte. In einer Spontan-Umfrage von Bild.de, an der angeblich schon 20.000 Menschen teilgenommen haben, führt Raab als bester Moderator mit klar über 50 Prozent (gefolgt übrigens von Peter Kloeppel). Das ist kein allzu gutes Ergebnis für die Öffentlich-Rechtlichen. Raab hingegen wurde vor allem von den jungen Zuschauern regelrecht gehyped - bei Twitter war der Hashtag mit seinem Namen sogar unter den weltweiten Trending Topics. "Raab, der einzige Journalist unter Pfeifen", "Raab schickt Steinbrück auf die Bretter" oder "Hartnäckig. Verständlich" waren nur einige der zumeist sehr positiven Kommentare. Dass Raab also nach dem Duell nicht nur als derjenige dasteht, der den Voyeurismus der Jungen befriedigen sollte, sondern auch inhaltlich Sieger der vier Moderatoren ist, dürfte ein wahres Nonplus-Ultra für die Privatsendergruppe mit dem ramponierten Informationsimage sein.
Schon aus «Absolute Mehrheit» bekannt ist die lässige und lockere Körpersprache des ehemaligen VIVA-Manns. So ließ er es sich auch vor geschätzt rund 15 Millionen Zuschauern nicht nehmen, teils locker über dem Pult zu lehnen, eine Hand in der Hosentasche zu haben – und natürlich ohne Krawatte aufzutreten. Im Nachlauf übrigens machten die drei Sender, die eine ausführliche Analyse boten (RTL stieg zehn Minuten nach Ende des Duells aus, sendete «Spiegel TV»), auf ihre Weise einen guten Job. Während das ZDF mit dem «heute-Journal» zunächst einmal auf eine sehr nachrichtliche Aufarbeitung und die Präsentation erster Umfragen setzte, lieferte die ARD eine klassische Talk-Analyse – unter anderem mit zwei Männern, die früher Teil eines TV-Duells waren, nämlich Stoiber und Steinmeier.
ProSieben hingegen setzte direkt nach dem Duell auf Stefan Raab und wollte damit die jungen Zuschauer abgreifen. In der mitunter lauten und hektischen Diskussion mit Ingo Appelt und Michel Friedman wurde weniger auf echte Sachthemen wertgelegt und mehr auf Oberflächlichkeiten.
Lesen Sie ab am Montagvormittag bei uns: Was passierte vor Ort in Berlin-Adlershof? Unser Reporter Christian Richter war den ganzen Abend auf dem Produktionsgelände.