Hinter den Kulissen
- Produktion: Dreamtool Entertainment
- Drehbuch: Derek Meister und Simon X. Rost
- Regie: Hansjörg Thurn
- Kamera: Peter Joachim Krause
- Produzenten: Felix Zackor und Stefan Raiser
Ohne Vorwarnung schlägt am helllichten Tag ein Nachrichtensatellit in den Berliner Reichstag ein - mit verheerenden Folgen: Flugzeuge stürzen vom Himmel, die Kommunikation bricht zusammen. Verantwortlich sind Wissenschaftler des Genfer Kernforschungszentrum Collider, wo sie im weltgrößten Teilchenbeschleuniger den Urknall simulieren wollten und dabei ein Schwarzes Loch geschaffen haben.
Die Zukunft der Menschen liegt nun in den Händen der jungen Wissenschaftlerin Sophie Ritter, die eine derartige Katastrophe hat kommen sehen, und ihrem Ex-Freund Marc, der seine Tochter retten will, die am Collider gerade ein Praktikum absolviert.
Auf der brandenburgischen Gurkenfarm der Galitzki-Brüder Sascha und Rico ist derweil die Ernte in vollem Gange, als urplötzlich ein Himmelskörper angerast kommt und mit gewaltiger Wucht einschlägt. Doch das ist erst der Anfang. Nach Sophies Berechnungen kommt es in Kürze zu einer EMP-Welle, die elektronische Bauteile zerstören wird. Das Ende jeder Kommunikation und Fortbewegung. Kurz darauf führt das Schwarze Loch zu massiven Verschiebungen der Erdplatten, es drohen Beben und Verwerfungen in verheerendem Ausmaß.
Sophie behält Recht. Gasleitungen explodieren, Strom und Wasser gibt es nicht mehr, Häuser und Brücken stürzen ein, tausende Menschen sind auf der Flucht. Im übrigen Europa sieht es genauso aus.
Wenn der drohende Weltuntergang verhindert werden soll, dann muss die Anlage in Genf kontrolliert heruntergefahren werden. Die einzige Chance, den Abschaltcode zu bekommen, liegt darin, herauszufinden wie das Collider-Projekt die Rechnerleistung externer, privater Computer genutzt hat. Es stellt sich heraus, dass die Abbruchsequenz wohl tatsächlich auf einem externen Rechner gespeichert ist. Dass es sich bei seinem Besitzer Tobias um einen rebellischen, jungen Hacker handelt, ahnt zu diesem Zeitpunkt noch niemand. Für den Bundeskanzler gibt es nur eine Lösung: Sophie soll schnellstmöglich den Abschaltcode besorgen und nach Genf fliegen, um das außer Kontrolle geratenen Projekt zu stoppen und der vom G8-Gipfel beschlossenen atomaren Bombardierung zuvor kommen.
Darsteller
Christiane Paul («Die Welle») als Sophie Ritter
Hannes Jaenicke («Post Mortem») als Marc Weber
Emilia Schüle («Tatort – Hannover: Wegwerfmädchen/Das goldene Band») als Jana Weber
Jannis Niewöhner («Rubinrot») als Tobias Hölder
Christine Neubauer («Die Geierwally») als Rosi Wieczorek
Armin Rohde («Nachtschicht») als Willi Wieczorek
Yvonne Catterfeld («Gute Zeiten Schlechte Zeiten») als Andrea Weber
Heikko Deutschmann («Die Gerichtsmedizinerin») als Karl Loiser
Ingo Naujocks («Anke») als Andy
Elena Uhlig («Mit Herz und Handschellen») als Staatssekretärin Claudia Görner
Heiner Lauterbach («Männer») als Bundeskanzler
Kritik
Mehr Pathos geht nicht: „In welche Welt wollen wir unsere Kinder entlassen? Die Wissenschaft kann jetzt im größten Forschungsprojekt aller Zeiten den Urknall simulieren. Wir spielen Gott“, dröhnt Hannes Jaenickes Stimme im Prolog aus den Lautsprechern. Seit seinen «Im Einsatz für...»-Dokus im ZDF weiß man, dass solche Sätze bei ihm auch ehrlich klingen können. Er wäre jedenfalls einer der wenigen deutschen Schauspieler, bei dem man diese triefenden Zeilen noch mit sehr viel gutem Willen als authentisch durchwinken könnte.
Doch selbst wenn man hier Milde walten lässt: Die meisten Momente sind noch überdrehter. Bis das große Finale mit einem „Das ist jetzt der Tag der deutschen Einheit“ ausklingt, das die Off-Stimme des farblosen Bundeskanzlers über einem bemüht optimistischen Schlussbild wummert. Nicht nur durch den Ausstrahlungstermin will man hier einen auf patriotisch machen. Wobei es sehr sonderbar anmutet, dass eine eigentlich paneuropäische Katastrophe auf einen deutschen Katastrophenfilm heruntergeschrieben wird. Durchhalten. Deutschland liegt nach dem Collider-Unglück nicht das erste Mal in Schutt und Asche. Es ist nur das erste Mal, dass es nicht selbst dran schuld ist.
Aber wie in RTL-Movie-Events üblich, ist auch in «Helden» die pittoreske Katastrophe nur der Vorwand, um von den Beziehungsproblemen der Protagonisten zu erzählen. Das Problem an der Sache: Die Figuren sind zu verstreut, ihre Wege kreuzen sich im Verlauf der Handlung eher selten – und auch dann nur an äußerst berechneten, unglaubwürdigen Stellen.
Nun brauch man hier mit Glaubwürdigkeit natürlich gar nicht erst anfangen. Denn dieser kaputtstereotypisierte Figurenhaufen bietet dafür wenig Möglichkeiten. Klischees und Pathos – damit marschiert man fast zweieinhalb Stunden lang durch herunterfallende Satelliten und monströse Erdverwerfungen. Geradezu amüsant ist es da, dass die Archetypen immer perfekt auf ihre Schauspieler passen. Ein derart optimiertes Typecasting hat man lange nicht mehr gesehen: Hannes Jaenicke als von seiner Tochter entfremdeter Vater, der nun alles tut, um sie aus der zerstörten Versuchsanlage in Genf zu befreien. Armin Rohde als passionierter Kleingärtner und Schalke-Fan aus dem Arbeitermilieu. Christine Neubauer als mit Pathos vollgestopfte Krankenschwester, die die richtig großen Gesten auspacken darf. Und Heiner Lauterbach für den Anflug vom Ernsten.
Fast ein Lehrstück sind die Szenen zwischen Yvonne Catterfeld, die mit ihrem penetranten Gemenschel hier sehr unangenehm spielt, und Emilia Schüle, die aus der kleinen anerzählten Wandlung von der egozentrischen Teenie-Bitch zur aufopferungsvollen Retterin noch ein bisschen Nahbarkeit holen kann. Es ist erstaunlich, wie sie ihre dreizehn Jahre ältere Kollegin in jeder Szene an die Wand spielt.
Doch auch Schüle kann diesen Film nicht mehr gelingen lassen. Dafür erzählt «Helden» eine ziemlich substanzlose Geschichte viel zu theatralisch. Die wenigen bewegenden Momente (ein kleiner Konflikt um einen evangelischen Priester und eine muslimische Gemeinschaft, die in der Katastrophe zueinander finden) sind Randnotizen in einem Film, in dem alles im banalen Quatsch endet. RTL hat seine Film-Events, auch wenn sie nie der Weisheit letzter Schluss gewesen sein mögen, schon deutlich ansprechender umgesetzt. «Helden» wird dagegen vom schwarzen Loch verschluckt. Zurecht.
RTL zeigt «Helden» am 3. Oktober, dem Tag der deutschen Einheit, um 20.15 Uhr.