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Weshalb das Fernsehen das Kino erobert

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Ob «Doctor Who» oder «Walking Dead»: Immer mehr TV-Serien werden auch als Event im Kino ausgestrahlt. Zudem werden US-Fernsehfilme vermehrt in den hiesigen Lichtspielhäusern gezeigt. Wie kommts?

Die Doktoren

  1. 1963 - 1966: William Hartnell
  2. 1966 - 1969: Patrick Troughton
  3. 1970 - 1974: Jon Pertwee
  4. 1974 - 1981: Tom Baker
  5. 1981 - 1984: Peter Davison
  6. 1984 - 1986: Colin Baker
  7. 1987 - 1989, 1996: Sylvester McCoy
  8. 1996: Paul McGann
  9. 2005: Christopher Eccleston
  10. 2005 - 2010: David Tennant
  11. seit 2010: Matt Smith
Derzeit werden die deutschen Lichtspielhäuser vermehrt von TV-Stoffen heimgesucht: Ob Fernsehfilme wie «Sharknado» und «Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll» oder TV-Serien wie «Doctor Who» – mehr und mehr TV-Material lässt sich auf der großen Leinwand bewundern. Doch woher kommt dieser immer relevanter werdende Trend, für die heimische Mattschreibe produzierte Projekte ins Kino zu zerren?

Die einfache Antwort ist: Es gibt keine allumfassende Antwort von diese Entwicklung. Die detailliertere Antwort lautet: Es gibt verschiedene Gründe dafür, dass sich das Fernsehen langsam aber sicher immer präsenter im Kino einnistet. Im Falle von «Doctor Who» feiern die BBC und diverse Kinoketten mit «The Day of the Doctor» das 50-jährige Jubiläum der ältesten Sci-Fi-Serie der TV-Geschichte, um so der weltweiten Fangemeinde einen angemessenen Jubeltag zu bescheren.

In 75 Ländern wird die BBC-Erstausstrahlung der Jubiläumsfolge dieses Kulthits in diversen Lichtspielhäusern im Original und in 3D übertragen, damit Fans gemeinsam das 50-Jährige der von ihnen gefeierten Serie begehen können. Illegale Streams sind halt nicht das Wahre, und deshalb bietet sich solch ein Event an. Doch es geht nicht allein darum, die Jubiläumsfolge zeitgleich mit der BBC-Ausstrahlung zu verfolgen, sondern auch ums Kollektiverlebnis. So wie das Public Viewing in Zeiten, in denen immer mehr gemeinsame mediale Ereignisse rarer werden, immer populärer wird, bietet es sich an, die allein vor dem Bildschirm verbrachte Zeit durch solche Ereignisse aufzuwiegen.

Daher findet es auch Anklang, wenn Kinos mehrere Episoden «The Walking Dead» zeigen oder zum Staffelstart von «Der Tatortreiniger» oder «Pastewka» Kinotouren stattfinden, bei denen Fans gemeinsam im Kino einige Folgen dieser Serien schauen. Das Kino wird für einige Stunden zum Wohnzimmer, die Leinwand ersetzt den Fernseher (oder den Computerbildschirm) und erlaubt es, auch mal ohne Chats und Apps ein kollektives Seherlebnis zu haben.

Aus wohl ähnlichen Gründen kommt auch der berühmt-berüchtigte US-TV-Trashfilm «Sharknado» in ausgewählte deutsche Kinos: Wieso sollte man sich damit begnügen, allein oder mit ein paar Freunden vor dem Bildschirm zu sitzen, um dann im Internet über diesen Film abzulästern, wenn man auch mit einer größeren Masse an Menschen herzlich über die Idiotie dieser Produktion lästern könnte? Klar, dieser Gedanke hätte schon viel früher amüsanten TV-Trash ins Kino befördern können, doch als das Fernsehen noch viel erfolgreicher seine Funktion als mediales Lagerfeuer erfüllte und Familien oder Freunde zusammen in die Röhre guckten, waren solche Events weniger notwendig – im Sinne, als dass es erst jetzt, wo Massenkommunikation immer anonymer und kühler wird, solche Kino-Events als Kompensation funktionieren können.

Ein anderer Aspekt ist, dass sich insbesondere das US-Kabelfernsehen immer mehr Wagnisse traut und gleichzeitig auf ständig wachsende Budgets zurückgreifen kann. Dies wiederum lockt zunehmend bedeutende Kinoschaffende zum Fernsehen, weil sie sich beim vermeintlich großen Bruder der Flimmerkiste eingeschränkt fühlen. Der Erfolg dieser TV-Produktionen wiederum lässt Kinobetreiber und einige Verleiher nach diesen Inhalten gieren – und so kommen die zum Fernsehen geflohenen Kinoinhalte wieder zurück auf die Leinwand.

So etwa geschehen bei «Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll». Steven Soderbergh wollte dieses Biopic eigentlich ins Kino bringen, jedoch traute sich kein US-Filmstudio, die Geschichte des schwulen Entertainers Liberace und seines Geliebten anzupacken. Erst HBO Films bekundete Interesse an dieser Produktion, weshalb das Projekt in den USA als Fernsehfilm verwirklicht wurde. Internationale Verleiher dagegen wollten sich den neuen Film von Soderbergh, Michael Douglas und Matt Damon nicht entgehen lassen. Der weltweite Achtungserfolg von «Liberace– Zu viel des Guten ist wundervoll» ist nun ein Zeichen für Kinoproduzenten, dass solche Stoffe sehr wohl zünden. Und es wird eine Frage der Zeit sein, bis ein Filmproduzent bemerkt: All die Gewalt und all der Sex hindern «Game of Thrones» nicht daran, immens populär zu sein. Vielleicht könnte auch ein Kino-Fantasyfilm so mutig sein, ohne dass er floppt!

Bis dahin wird noch etwas Wasser das Land hinunterfließen. Aber als Wegzehrung gibt es ja «Game of Thrones»-Kinomarathons und viele neue TV-Serien in Kinooptik. Es gibt langweiligere Arten, sich die Wartezeit zu vertreiben ...

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