Jimmy Fallon
- trat mit 24 Jahren erstmals bei «Saturday Night Live» auf
- hat seit 2009 seine eigene Late-Night-Show bei NBC
- wird 2014 neuer Host der «Tonight Show»
- seine größten Parodien: David Bowie, Justin Bieber, Neil Young, Bob Dylan, Jerry Seinfeld
Ein Blick auf die Zahlen lässt erhoffen, dass der 39-Jährige genug Prominenz mitbringt: Sein Gastauftritt bescherte «Saturday Night Live» die höchsten Zielgruppen-Quoten seit Mai 2011, als Justin Timberlake und Lady Gaga in der Show auftraten – und außerdem die höchste Quote einer vorweihnachtlichen Episode seit neun Jahren. „Ich habe «Late Night» fünf Jahre präsentiert, und nun kommt die «Tonight Show»“, sagt Fallon bei «Saturday Night Live». Und fährt fort: „Fünf Jahre danach werde ich «The Nightly News» moderieren. Und fünf Jahre später die «Today» Show. Weitere Fünf Jahre danach bin ich dann der neue Carson Daly. Großartig!“
Sein Karriereplan, nicht ganz ernst gemeint, zeigt: Jimmy Fallon ist auf dem Höhepunkt angelangt, die «Tonight Show» der Gipfel. Danach kann es nur abwärts gehen, wie Conan O’Brien erfahren musste: Er war 2010 der bislang letzte neue Anwärter auf den Chefsessel der Late Night, NBC zog aufgrund gesunkener Quoten schnell die Reißleine und installierte Jay Leno zurück in die «Tonight Show». Seitdem sind die Zahlen nicht besser geworden. Der Wechsel muss also diesmal klappen, ein weiteres PR-Desaster kann sich NBC nicht leisten. Noch einmal wird Leno nicht zurückkehren – Jimmy Fallon hat also wohl etwas mehr Zeit, etwas mehr Spielraum. Seine Leichtigkeit, seine scheinbar jugendliche Unbekümmertheit helfen bei der Mammut-Aufgabe.
Das Late-Night-Genre befindet sich in diesen Monaten in Bewegung: Hierzulande endet mit der «Harald Schmidt Show» ihr erster und einzig klassischer Vertreter; Sky beendet das Engagement im März 2014 und damit auch eine Ära. Seit 1995 war Schmidt mit seiner Show – zwar auf unterschiedlichen Sendern, aber fast ununterbrochen – auf Sendung und prägte die Late Night, schwor auf die klassischen Elemente, die das Genre in den USA so erfolgreich machen. Das Ende seiner Show ist fast ein Eingeständnis dessen, was viele denken und wissen: Late Night funktioniert in Deutschland nicht. Zu langweilig die Gäste, zu klein der Gästepool, zu vorsichtig die Sender, zu kritisch die Presse, zu gering der Kreis geeigneter Hosts. Als sich das Genre 2002 und 2003 langsam zu etablieren begann, zog Schmidt selbst den Stecker. Die USA wuchsen als Nation mit dem Genre, als das Fernsehen noch jung war: Johnny Carson führte die «Tonight Show» in den 70er Jahren zu Ruhm, ganz Amerika lachte über seine Monologe. Aber auch er brauchte einige Jahre bis zum Erfolg, gestartet war sein Format schon 1962.
Jimmy Fallons Übernahme der «Tonight Show» ist auch eine Art Rückkehr zu den Anfängen mit Carson: Er sendete im ersten Jahrzehnt aus New York, 1972 verlegte man die Studios nach Kalifornien – bis heute. Am 17. Februar 2014, zum Antritt Fallons, wird die «Tonight Show» an die Ostküste zurückkehren, in die NBC Studios in New York City. Noch genauer: ins Studio 6B, wo auch Carson das Format präsentierte. Dann wird sich auch der Showtitel ändern: Erstmals seit Johnny Carson wird der Name des Hosts wieder in den Titel einbezogen, in der dann genannten «Tonight Show Starring Jimmy Fallon». NBC verspricht sich viel von seinem neuen Late-Night-König, und stellt ihm mit Lorne Michaels einen erfahrenen Produzenten an die Seite. Michaels ist Erfinder von besagtem «Saturday Night Live», das er bis heute produziert. Genauso wie die «Late Night», die Jimmy Fallon noch präsentiert und die Seth Meyers nach seinem Weggang übernimmt – wieder ein ehemaliges «Saturday Night Live»-Mitglied. Producer Lorne Michaels wird 2014 dann alle drei großen NBC-Shows herstellen.
Die Rückkehr des Formats nach New York hat nicht nur nostalgische Züge, sondern auch pragmatische Auswirkungen auf das ganze Genre in den USA: Vor allem ABC und Jimmy Kimmel werden davon profitieren, als einzige der drei großen Late Nights künftig aus Los Angeles und aus Hollywood zu senden – vor allem in der Oscar-Saison, wo die Stars sich besonders gern zum Talk treffen. Kimmel werde in dieser Zeit einen großen Vorsprung vor der Konkurrenz haben, glauben Insider. Wohl aber noch nicht 2014: Zu groß ist der Buzz um die Premiere von Fallon, der außerdem Unterstützung bekommt durch die bei NBC übertragenen Olympischen Winterspiele. Danach aber kann es sein, dass Kimmel – ohnehin sehr beliebt bei den Schauspielern – mehr Stars abbekommt als die anderen, und vielleicht sogar die besseren.
Entschieden werden könnte der Quotenkampf aber ganz woanders, prophezeit man bei den Brancheninsidern von Deadline Hollywood: Da auch am Late-Night-Genre der Medienwandel nicht spurlos vorbeigeht, wird das Internet zum entscheidenden Faktor der neuen Generation an Hosts. Jimmy Fallon ist als begnadeter Parodist ideal geschaffen für Clips, die im Netz viral gehen und Millionen von Klicks erhalten. Aber auch sein Gespür für die Trends macht ihm zu einem Star der Netzgemeinde: Die Parodie auf «Breaking Bad» erreichte über zehn Millionen Klicks bei YouTube, der #hashtag-Dialog mit Justin Timberlake über zwanzig Millionen.
Jimmy Kimmel ist ähnlich erfolgreich: Ein Amateurvideo, in dem sich ein Mädchen selbst in Brand steckt, entpuppte Kimmel als selbst inszeniert und sorgte damit für den Hit, über den alle sprachen. Seine Reihe „Celebrities Read Mean Tweets“, in der Promis böse Tweets von Fans vorlesen, wird millionenfach angeklickt.
Auch das ist Late Night 2014: ein Kampf um digitale Aufmerksamkeit, und damit eine Aufgabe für die Late-Night-Macher, sich diesem Wandel zu stellen. Die Shows werden sich verändern, und diejenigen Zuschauer, die den Weg nicht mitgehen wollen, werden sich vielleicht David Letterman zuwenden. Aber der digitale Kampf ist vor allem ein Kampf um die zukünftigen Zuschauer: Schon jetzt zeige Internet-Erfolg Auswirkungen auf die Einschaltquoten, so NBC TV-Chairman Ted Harbert gegenüber Deadline. „Wir haben nun Untersuchungen, die zeigen, dass dies Zuschauer zurück an die Fernsehgeräte bringt.“
Dieser Grundsatz gilt wohl vor allem auf lange Sicht, weil die internetaffine Zuschauergruppe immer größer wird. Und damit auch die Gruppe derjenigen Menschen, die nicht mehr nur Fernsehen konsumieren, sondern andere Freizeitbeschäftigungen haben – eben auch im Netz. Diejenigen Late-Night-Hosts, die genau diese Zuschauer 2014 erreichen können, werden das Genre langfristig prägen. Es wird ein Kampf zwischen den beiden Jimmys werden: Jimmy Kimmel und Jimmy Fallon. Anpfiff 17. Februar.