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Für mich ist die Challenge, den Jungs in relativ kurzer Zeit meine Sportart, das Eisschnelllaufen, beizubringen. Ich will ein Team haben. Die müssen zu viert die 100 Kilometer schaffen und zu viert in der Ferne, in Europa, diese Zeit durchstehen.
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Anni Friesinger zur Sendung
Grundsätzlich beruht das Format konzeptionell darauf, kenianischen Spitzenläufer innerhalb kurzer Zeit das Eisschnelllaufen näher zu bringen. Die dreifache Olympiasiegerin Anni Friesinger (mehr zu ihrer Motivation: siehe Infobox) schult gemeinsam mit ihrem langjährigen sportlichen Betreuer Michael Stöberl vier Kenianer zehn Wochen lang in ihrer Paradedisziplin in Österreich, um den mit Eis völlig fremdelnden Afrikanern eine ganz neue sportliche Erfahrung zu lehren. Als Fernziel gibt man gar die Entwicklung einer kenianischen Eisschnelllauf-Nationalmannschaft an.
Deutlich näher liegt allerdings das offensichtliche Motiv, einen gewissen Unterhaltungswert für die Fernsehenden zu schaffen, indem man große kulturelle Differenzen und völlig unterschiedliche Mentalitäten präsentiert. Insbesondere im Genre Dokusoap ist dieses Vorgehen altbekannt, gerne genutzt - und vor allem nicht per se ethisch wirklich bedenklich. Einerseits kann man die Macher zwar nicht gänzlich von dem Vorwurf freisprechen, insbesondere die bayerische und kenianische Kultur ziemlich offensichtlich (und gar nicht so subtil wie behauptet) kontrastierend einzusetzen, da permanent zwischen Szenen aus Kenia und Bayern bzw. Österreich hin- und hergeswitcht wird und am Ende der Folge beide Pole gar aufeinanderprallen, da die Sportler dort erstmals bei ihren Gastfamilien einchecken.
Auf der anderen Seite missbraucht die Sendung aber die Afrikaner nicht, um sie als platte Stereotypen darzustellen. Im Gegenteil: Fast eine halbe Stunde Sendezeit verbringt man damit, dem Publikum Einblicke in die kenianische Kultur, den Alltag der Sportler und ihre Familien sowie deren Probleme zu gewähren. In einer offensichtlich kommerziell und auf wirtschaftlichen Erfolg ausgerichteten Primetime-Sendung eines Privatsenders kann man ein solches Vorgehen gar löblich erwähnen, denn nicht viele Formate dieser Couleur beschäftigten sich in der jüngeren Vergangenheit derart ausführlich mit ihren Protagonisten.
Dass «Real Cool Runnings» allerdings von einem lehrreichen und integrativ fungierenden Stück TV-Unterhaltung ebenso weit entfernt ist wie von einer bedenklichen rassistischen Tendenz, ist vor allem darin begründet, dass die zentrale Intention dann eben doch ist, amüsante Szenen der Kenianer in albern auschauenden Posen und Rollschuhen zu präsentieren. Natürlich soll das witzig aussehen und die Zuschauer zum Schmunzeln bringen, doch kann man hier bereits von ernsthaftem Rassismus sprechen und muss man den moralischen Zeigefinger erheben? Wohl eher nicht. Zumal die Protagonisten selbst auch ganz offensichtlich mit Spaß bei der Sache sind und nicht den Eindruck machen, als seien sie Opfer voyeuristischer Fernsehmacher.
Etwas arg romantisiert fällt die ganz zu Beginn gezeigte Darstellung des Privatlebens von Anni Friesinger aus. Beinahe wie in einer schlechten ARD-Schmonzette darf sie ihr Familienglück und ihre pure Lebensfreude auf dem Land darstellen. Allerdings macht der Star des Formats auch einen sehr professionellen und telegenen Eindruck und hat keinerlei Schwierigkeiten damit, sich durchweg positiv darzustellen. Entspannt, sympathisch, motiviert und sehr eloquent kommt die ehemalige Spitzensportlerin daher. Auch Co-Trainer Stöberl wirkt durchweg angenehm, bekommt jedoch wesentlich weniger Screentime und Redezeit zugestanden.
Insgesamt ist «Real Cool Runnings» keine Dokusoap, die in irgendeiner Form neue Maßstäbe setzt. Sie ist bei weitem nicht unangenehm und bedenklich genug, um auch nur ansatzweise an bekannte Tiefpunkte des televisionären Voyeurismus anzuknüpfen, ja sie gibt sich gar Mühe, etwas mehr vom Leben der Protagonisten zu zeigen als das allernötigste. Auf der anderen Seite ist sie aber auch nicht dynamisch, neuartig oder unterhaltsam genug, als dass man eine bedingungslose Konsumempfehlung aussprechen könnte. Die Sendung ist da, ist nett und kann einen langweiligen Dienstagabend für zwei Stunden in einen etwas weniger langweiligen Dienstagabend verwandeln. Danach kann man das Gesehene jedoch schon wieder zu weiten Teilen aus dem Gedächtnis streichen - oder sich alternativ einfach die US-Komödie «Cool Runnings» anschauen.