Die Kritiker

«Der Prediger»

von  |  Quelle: Inhalt: ARD

Devid Striesow und Lars Eidinger liefern sich ein Katz-und-Maus-Spiel um Schuld und Vergebung.

Hinter den Kulissen

  • Produktion: Eikon Süd GmbH
  • Drehbuch und Regie: Thomas Berger
  • Kamera: Gunnar Fuß
  • Produzent: Ernst Ludwig Ganzert
Inhalt
Würden Sie einem inhaftierten Mörder glauben?

Dieser Frage muss sich Ralf Remberg als Referent des Bischofs stellen. Und gerät darüber selbst in eine Krise - mit seinem Glauben, der Kirche, seinem Leben. Der Mann, der diesen fundamentalen Zweifel in ihm auslösen kann, ist Jan-Josef Geissler. Vor Jahren soll er eine junge Frau, Lisa Wagner, getötet haben. Deswegen sitzt er im Knast. Nun will er von Gott erleuchtet worden sein und Theologie studieren, um seine Glaubenserfahrung weiterzugeben. Doch was sind Geisslers wahre Motive? Darf ein Mörder Priester werden? Zwischen den beiden faszinierenden Hauptfiguren oszillieren die vielschichtigen Fragen nach Wahrheit, Gerechtigkeit und Glauben.

Darsteller


Devid Striesow («Tatort – Saarbrücken») als Dr. Ralf Remberg
Lars Eidinger («Grenzgang») als Jan-Josef Geissler
Götz Schubert («Der Turm») als Pfarrer Klaus Spori
Susanne Wolff («Mobbing») als Sabine Feininger
Erwin Steinhauer («Single Bells») als Bischof Blum
Alexander Held («Sophie Scholl – Die letzten Tage») als Anwalt Dieter Dorn
Gerhard Liebmann («Spuren des Bösen») als Rolf Geissler

Kritik


„Würden Sie mir vergeben können, wenn ich Ihre Tochter getötet hätte?“ Eine harte Frage. Eine geradezu brutale. Eine Frage, die man in den Filmen in der ARD nicht oft hört.

Dr. Ralf Remberg bekommt sie zu hören, als er den verurteilten Mörder Jan-Josef Geissler zum ersten Mal im Knast besucht. Geissler ist ein sonderbarer Mann – ein reuiger Sünder oder ein durchtriebener Schwerkrimineller, der sich durch das Vortäuschen seiner Läuterung die Haftzeit verkürzen will. So genau weiß man das bis zum Schluss nicht. Denn auf der Frage, was dieser Geissler für ein Typ ist, baut Autor und Regisseur Thomas Berger weite Teile der Struktur seines Drehbuchs auf.

Der Film nimmt sich viel Zeit, den Verbrecher (oder das Justizopfer?) psychogrammatisch einzukreisen und, davon ausgehend, über die großen Themen Schuld, Sühne und Christlichkeit zu philosophieren. Schon in den Figuren schlagen sich die großen Gegensätze nieder: Remberg ist ein Stratege in den Diensten Gottes, einer, der das Schibboleth perfekt drauf hat, aber vom wahren Geist des Christentums schon lange entrückt ist. Gefängnispfarrer Klaus Spori dagegen ist ein eher sinnlicher Typ, der mit vollem Einsatz die Abtrünnigen zurück auf den rechten Weg führen will. Ja, und Geissler ist entweder ein Mephisto oder ein Messias.

Für ARD-Verhältnisse bietet «Der Prediger» einiges an hartem Tobak: Etwa wenn ein verurteilter Triebtäter detailliert davon erzählt, wie er regelmäßig unter der Knastdusche sexuell missbraucht wird. Oder wie die Eltern eines zu Tode gekommenen Kindes dessen tödliche Verletzungen aufzählen, ohne dass die Tragik durch eine übersteigerte, melodramatische Inszenierung oder die Aussparung der grausameren Details abgeschwächt würde. Das macht diesen Film emotional aufwühlend und wirkungsvoll.

Trotz all der berührenden Szenen baut das Drehbuch strukturell jedoch zu sehr auf dem Widerstand auf, den Striesows Dr. Remberg von seinem Dienstvorgesetzten, dem Bischof Blum, erfährt. Dramaturgisch mag man das für notwendig erachtet haben, um Rembergs Charakterwandlung weiter zu forcieren, letztlich zwackt es aber nur unnötig Sendezeit von den interessanteren (und relevanteren) Themen ab. Gleiches gilt für die manchmal doch zumindest angedeuteten Menscheleien, die einen Kontrapunkt zum Schweren und Philosophischen setzen wollen, und damit der gesamtheitlichen Ausrichtung eigentlich zuwider laufen. Vielleicht ist dies gar ein Makel, der dem Film eine Rezeption als eine der besten Produktionen des Fernsehjahres verwehren wird, die ihm ansonsten garantiert wäre.

Ungeachtet einiger dramaturgischer Unzulänglichkeiten, die als solche vielleicht auch nur dem kritischeren Auge auffallen mögen, steht am Schluss weit mehr als ein solider Film, sondern eine spannende Geschichte um essentielle Themen, die mit einer im positiven Sinne unprätentiösen Regiearbeit inszeniert wurde, und in der die Star-Besetzung aus Devid Striesow, Lars Eidinger und Götz Schubert brillieren kann.

Das Erste zeigt «Der Prediger» am Mittwoch, den 5. Februar um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/68820
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