Wenn man den an sich banalen Satz hört, dass die besten Geschichten das Leben schreibt, ist man geneigt, sich angewidert wegzudrehen.
Zu oft meint man ihm schon an falscher Stelle begegnet zu sein. Wenn Rosamunde Pilchers oder Inga Lindströms dekadente Oberschicht schöngefärbte und eisern verkitschte Trivialitäten durchexerziert. Wenn bei «In aller Freundschaft» der Krankenpfleger am Flussufer eine Krönlein-Bohrung mit dem Akkuschrauber durchführt und die Senderverantwortlichen das für ausgereifte Figurenführung halten. Oder wenn das Sonntagabend-Medical entgegen jeder Realitätsnähe in die Heile-Welt-Resolution geschrieben wird.
Aber solche Geschichten schreibt das Leben nicht. Sie wären ihm – Kalki hat es schon vor Jahren erkannt – peinlich.
Das Leben schreibt ganz andere Geschichten: komplexere, glaubwürdigere, realistischere.
Die von «Modern Family» zum Beispiel: Die Serie entstand daraus, dass sich die beiden Showrunner Christopher Lloyd und Steven Levitan Geschichten über ihre eigenen Familien erzählten und in dem Reichtum aus komischen Ereignissen und liebenswerten kantigen Personen das erzählerische Potential erkannt haben, das sich dahinter verbirgt.
Oder die von «The Goldbergs», einer neuen Hit-Serie von ABC, die im Herbst 2013 erstmals auf Sendung ging. Dort blickt Autor Adam F. Goldberg auf seine Kindheit in den 80er Jahren in einem Vorort von Philadelphia zurück und entwickelt Folge für Folge herrlich amüsante Geschichten um seine beiden typisch amerikanischen – und dabei allenfalls leicht verfremdeten – Eltern Murray und Beverly und seine älteren Geschwister Erica und Barry.
Beide Serien haben im US-Fernsehen ein breites Publikum und Erfolg bei den Kritikern gefunden. «Modern Family» wird bereits als moderner Klassiker gefeiert, während «The Goldbergs» im ersten Sendejahr erst in den Startlöchern steht. Beide Serien beweisen jedoch, dass im Wahnsinn des Alltags, ob dem von heute oder dem von vor drei Jahrzehnten, jede Menge komödiantisches Potential steckt und dass sich die markantesten Figuren oft im eigenen persönlichen Umfeld finden lassen. Geschichten, die das Leben schreibt eben – pur, authentisch, nahbar und urkomisch.
Wenn hierzulande doch auch öfter das Leben die Geschichten schreiben würde.
Und nicht die Marktforschung.