Filmfacts: «Saphirblau»
- Kinostart: 14. August 2014
- Genre: Fantasy
- FSK: 6
- Laufzeit: 116 Min.
- Kamera: Sonja Rom
- Musik: Philipp F. Kölmel
- Buch: Katharina Schöde
- Regie: Felix Fuchssteiner, Katharina Schöde
- Darsteller: Maria Ehrich, Jannis Niewöhner, Veronica Ferres, Josefine Preuß, Katharina Thalbach
- OT: Saphirblau (D 2014)
Frisch verliebt in die Vergangenheit, das ist keine gute Idee. Das zumindest findet Gwendolyn Shepherd (Maria Ehrich), Zeitreisende wider Willen. Schließlich haben sie und Gideon (Jannis Niewöhner) ganz andere Probleme. Zum Beispiel die Welt zu retten. Oder Menuett tanzen zu lernen. Beides nicht wirklich einfach! Als Gideon dann auch noch anfängt, sich völlig rätselhaft zu benehmen, wird Gwendolyn klar, dass sie schleunigst ihre Hormone in den Griff bekommen muss. Gut, dass sie wichtige Ratgeber an ihrer Seite weiß: Ihre beste Freundin Leslie (Jennifer Lotsi), den kleinen Wasserspeier Xemerius (Stimme: Rufus Beck), den Schulgeist James (Kostja Ullmann) und ihren Großvater in jungen Jahren (Bastian Trost), der ihr in der Vergangenheit wichtige Tipps gibt. Doch als Gideon und Gwendolyn sich gegen eine gefährliche Allianz zur Wehr setzen müssen und in die Fänge des Grafen von St. Germain (Peter Simonischek) geraten, wird ihre Liebe auf eine harte Probe gestellt.
Während in «Rubinrot» bereits sämtliche Figuren und die Umstände der Liebes- und Zeitreisegeschichte etabliert wurden, setzt «Saphirblau» das Wissen um die Hintergründe von Beginn an voraus. So eignet sich das ebenfalls von Felix Fuchssteiner konzipierte Sequel nicht für Quereinsteiger. Stattdessen gehen die Macher trotz einer zu Beginn gezeigten Zusammenfassung der Ereignisse des ersten Teils an vielerlei Stellen davon aus, dass man um die Beziehungskonstellationen weiß und hinter einige Geheimnisse des Edelstein-Kosmos bereits gekommen ist. Das ist angesichts der anvisierten Zielgruppe vollkommen in Ordnung. Immerhin eignet sich die Edelsteintrilogie zu keinem Zeitpunkt als breit gefächerter Kassenmagnet sondern richtet sich bewusst an ein den Stoff bevorzugendes Nischenpublikum. Ebenjenes kommt in den Genuss eines flüssig erzählten Fantasyabenteuers, das – wie schon der erste Teil – auf vielen Ebenen funktioniert. Das beginnt bei der üppig ausgestatteten Kulisse Londons, die Kamerafrau Sonja Rom («Crazy») dank eines genauen Blicks für Details mal im modernen Hier und Jetzt präsentiert, das bei Zeitsprüngen in die Vergangenheit jedoch immer wieder das Flair der jeweiligen Dekade annimmt. Die detailgetreuen Kostüme und Frisuren tun ihr Übriges, um dem Zuschauer ein glaubhaftes Jahrhundert zu präsentieren. Da sich dieser Aspekt sukzessive als eines der wichtigsten Charaktermerkmale der Edelsteintrilogie erweist, ist die authentische Umsetzung an dieser Stelle besonders wichtig und hebt sowohl «Rubinrot» als auch «Saphirblau» von der Masse an filmischen Fantasy-Spektakeln ab.
Die Figuren, von denen Maria Ehrich und Jannis Niewöhner als Partner wider Willen und mittlerweile Liebespaar einmal mehr im Mittelpunkt stehen, scharen ein stimmiges Ensemble aus namhaften Akteuren um sich. Wie im Falle von Veronica Ferres, die wie schon in Teil eins die Mutter von Gwen mimt, halten sich die großen Namen der deutschen Schauspielszene eher im Hintergrund, um dem Nachwuchs nicht die Show zu stehlen. Josephine Preuß («Irre sind männlich») als Gwendolyns Cousine fühlt sich in ihren prunkvollen Kostümen sichtlich wohl und scheint das Umherstreifen in frühen Jahrzehnten und Jahrhunderten nach TV-Filmen wie «Das Adlon», «Die Hebamme» sowie «Die Pilgerin» zu genießen. Kostja Ullmann («Schutzengel») schlüpft einmal mehr in die Rolle des exzentrischen Schulgeistes James und agiert lebhaft an der Grenze zum Overacting – und damit umso sympathischer. Laura Berlin («Sapore di te») mimt gekonnt die zickige Charlotte, die mehr denn je Gideon umgarnt und über all dem stehen Jannis Niewöhner (demnächst in «Doktorspiele» zu sehen) und Maria Ehrich («Für Elise»), denen das versteckte Verliebtsein intuitiv von der Hand zu gehen scheint. Alles in allem zeigt sich der Cast von «Saphirblau» ebenso engagiert wie in «Rubinrot» und macht den Streifen somit zu einem denkwürdigen Nachfolger des Debüts.
Die Ungenauigkeiten in der Zeitachse einmal ausgenommen hangelt sich «Saphirblau» konsequent und einer gewissen inneren Logik folgend an einer sehenswerten Plotline entlang. Nach einem direkten Anknüpfen an die Geschehnisse der Auftaktverfilmung konzentriert sich im zweiten Teil alles auf die Gepflogenheiten und Umgangsformen des 18. Jahrhunderts. Zum dramaturgischen Höhepunkt wird eine Soirée – eine festliche Zusammenkunft Adeliger – erklärt, in welcher die beiden Protagonisten den Grafen von Saint Germain näher kennen lernen sollen, dessen Gesinnung sich bislang Niemandem so recht erschlossen hat. Gleichzeitig erzählt «Saphirblau» von den Schwierigkeiten der ersten großen Liebe zwischen Gwen und Gideon, die in ihrer Dramaturgie genau auf die heranwachsende Zielgruppe der 10- bis 16-jährigen abgestimmt ist. Doch auch dem Abenteuer lässt man nebenher einen großen Raum. Mithilfe von geheimnisvollen Botschaften und unheilvollen Beschwörungen bahnen sich die Hauptfiguren ihren Weg durch ein Dickicht an Mysterien und lassen Erinnerungen an die Abenteuer der «Fünf Freunde»-Verfilmungen wach werden. Gleichzeitig sorgen die Vorbereitungen auf die Soirée für die richtige Dosis Witz und lassen «Saphirblau» dabei nie durch billige Pointen zur Comedy-Schau verkommen. Auch ein für deutsche Verhältnisse ordentlich animierter CGI-Wasserspeier namens Xemerius, der entfernt an den Hauself Dobby aus «Harry Potter» erinnert, integriert sich besser als erwartet in die insgesamt runde Story. Felix Fuchssteiner ist sich den notwendigen Versatzstücken des Genres bewusst und lässt von allen Faktoren die richtige Menge in seine Geschichte einfließen. Dass «Saphirblau» dadurch an manchen Stellen konstruiert wirkt, sei dem Streifen deshalb verziehen, da der Sympathiewert trotz des Kalküls in der Inszenierung nicht verloren geht.
Fazit: Angesichts der dem Film zugrunde liegenden Romanvorlage und der ihr entsprechenden Zielgruppe vermag «Saphirblau» die ältere Zuschauergeneration vermutlich eher selten zu überraschen. Der Ausgang gestaltet sich vorhersehbar, einige als Plottwists angekündigte Wendungen erweisen sich als wenig kreativ und sämtliche Figuren wandeln trotz nicht zu leugnendem Sympathiefaktor nah am Klischee. Dennoch profitiert die visuell überzeugende Fantasyproduktion von internationalem Flair, einer dynamischen Erzählweise und der daraus resultierenden Kurzweil sowie einer stets glaubhaften Entwicklung innerhalb des Protagonistenpärchens. Bitte mehr davon!
«Saphirblau» ist ab dem 14. August in den deutschen Kinos zu sehen.