Hinter den Kulissen
- Regie: John Carney
- Produktion: Anthony Bregman, Tobin Armbrust und Judd Apatow
- Drehbuch: John Carney
- Musik: Gregg Alexander
- Kamera: Yaron Orbach
- Schnitt: Andrew Marcus
«Once»-Regisseur John Carney erzählt in seinem Hollywood-Debüt von exakt solch einem Song – und erschafft dabei einen liebreizenden Film, dem dieselbe Wirkung innewohnt. Die Geschichte beginnt in einer urigen New Yorker Kneipe, in der die britische Songwriterin Gretta (Keira Knightley) von einem langjährigen Freund (James Corden) dazu gedrängt wird, eine ihrer Kompositionen zum Besten zu geben. Für sie ist es ein kurzer, befreiender Moment, in dem sie nach den stürmischen Wochen, die sie mit ihrem Ex-Freund (Adam Levine) im Big Apple durchgemacht hat, immerhin für die Dauer weniger Minuten ihr Innerstes ausdrücken kann. Das Publikum aber schert sich herzlich wenig um Grettas aufrichtige, gleichwohl ungeschliffene Gesangseinlage. Einzig der gescheiterte Musikproduzent Dan Mulligan (Mark Ruffalo) findet an diesem Auftritt Gefallen, denn selbst wenn Grettas Stück in seinen Augen noch überarbeitet werden muss, so berührt es ihn tief in seiner Seele. Nicht zuletzt, weil es so klingt, als sei es für ihn allein geschrieben worden, als handle es von seiner maroden Lebenslage – wie es diese besonderen, zu Herzen gehenden Lieblingslieder halt so an sich haben.
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Obschon Carney keinerlei Interesse daran zeigt, energisch einen denkbar großen Abstand von Klischees zu nehmen, so betritt «Can a Song Save Your Life?» niemals Gemeinplätze. Kokett deutet er immer wieder all zu kitschige Handlungsentwicklungen an, um dann genüsslich sehr wohl Haken zu schlagen. Er erzählt eben doch nicht von einer unangepassten Songwriterin, die dank Musikprofi Dan plötzlich Pop-Prinzessin wird. Oder von einem blasierten, trübseligen Musikmanager, der dank der talentierten Künstlerin Gretta seine Liebe zu genuinen Balladen wiedergewinnt. «Can a Song Save Your Life?» unterläuft all diese Erwartungen und erzählt stattdessen von ungewöhnlichen, doch grundehrlichen Freundschaften, die zu romantischen Neuanfängen anstiften – und von gesunden Kompromissen in der Welt der Musik. So entscheiden sich Dan und Gretta, ein Album zu produzieren, dass den Zauber New Yorks einfängt und Grettas zurückhaltend-sehnsüchtiges Naturell an einem vermarktbaren roten Faden entlanghangeln lässt.
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Mehr noch als von der hinreißenden Musik wird dieser denkwürdige New-York-Trip aber von den exzellenten Hauptdarstellern getragen: Die mit süßem, leicht jungenhaften Charme agierende Keira Knightley zeigt sich von einer ihr ungewohnten Seite und setzt nie auf mitreißende Theatralik. Die «Anna Karenina»-Hauptdarstellerin wählt dagegen fragile, kleine Gesten, die Regisseur Carney und Kameramann Yaron Orbach («Orange Is the New Black») in behutsam ausgewählten Nahaufnahmen einfangen. Mark Ruffalo indes gibt mit ansteckender Freude am ihm gebotenen Material den rauen, einen staubtrockenen Humor aufweisenden Ex-Starproduzenten, der dank seiner Interaktion mit Gretta wieder einen Silberstreif an seinem beruflichen wie privaten Horizont entdeckt. Mit schroffer Ausstrahlung und überzeugendem Engagement erweckt Ruffalo diese potentiell klischeebeladene Figur zu eigenständigem Leben, genauso wie Knightley mittels ausdrucksstarker, sehnsüchtiger Augen ihrer Rolle eine unausgesprochene, zusätzliche Dimension an Lebenserfahrung und Verletzlichkeit mitgibt.
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Fazit: Einer der besten Soundtracks der vergangenen Jahre und das wundervoll interagierende Duo Keira Knightley & Mark Ruffalo lassen einen New York City, Indie-Pop und romantische Sackgassen aus unverbrauchtem Winkel neu entdecken. Somit ist «Can a Song Save Your Life?» ein modernes Popmusik-Märchen, dass das Herz erwärmt und dennoch die Probleme seiner Figuren ernst nimmt.
«Can a Song Save Your Life?» ist ab dem 28. August 2014 in vielen deutschen Kinos zu sehen.