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Ava ist eine bezaubernde Frau, eine Sirene, die einen Bann auf Männer legt. Sie kann die Gedanken der Männer lesen und zu alldem werden, was sie in ihr sehen wollen. [...] Ava hat zahlreiche Facetten. Sie kann die Jungfrau in Nöten sein, eine Göttin oder das sinnliche Betthäschen.
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Eva Green über die titelgebende "Dame to Kill For" Ava Lord in «Sin City 2»
Neun Jahre nachdem «Sin City» anlief, findet die Fortsetzung doch noch ihren Weg in die Lichtspielhäuser dieser Welt. Zusätzlich zu all dem, was das Original ausmacht, hat «Sin City: A Dame to Kill For» außerdem die ultimative Femme fatale zu bieten – die verführerische, geheimnisvolle und listige Ava Lord, gespielt von «Casino Royale»-Bondgirl Eva Green. Darüber hinaus gibt es den zweiten Leinwandausflug nach Basin City in der dritten Dimension zu erleben. Was dieses Sequel dagegen nicht aufweisen kann: Den wirtschaftlichen Erfolg und das positive Kritikerfeedback des Originals. In den Ländern, in denen die Produktion der Troublemaker Studios bislang anlief, legte sie eine Bruchlandung hin, darunter auch im weiterhin extrem wichtigen US-Markt.
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Wie das Original setzt sich auch das Sequel aus mehreren ineinander verschränkten Kurzgeschichten zusammen, wobei es dieses Mal neben Millers Comicstorys auch zwei neue für den Film geschriebene Handlungen zu sehen gibt. In einer dieser beiden Erzählungen begibt sich der gut gelaunte, übermütige Zocker Johnny (Joseph Gordon-Levitt) nach Basin City, um dort sein Glück zu versuchen. Rasch lernt er die junge Kellnerin Marcie (Julia Garner) kennen, die sich als Glücksbringerin herausstellt und in deren Begleitung er es sogar wagt, den selbstverliebten Senator Roark (Powers Boothe) in einem Pokerspiel herauszufordern.
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In dieser Story wird gezeigt, wie der ehemalige Kriminelle Dwight (Josh Brolin) sein früheres Ich hinter sich lassen will und als Privatdetektiv dem Abschaum von Basin City nachstellt. Eines Tages erhält er aber einen Anruf seiner früheren Geliebten Ava Lord, die ihn vor vier Jahren für den Tycoon Damian Lord (Marton Csokas) verlassen hat. Wie die sinnliche Ava Dwight unterbreitet, wird sie von Damian aber misshandelt und sehnt sich daher nach der liebevollen, dennoch feurigen Behandlung zurück, die sie durch ihren Ex erfuhr. Trotz der Einschüchterungsversuche durch Avas Chauffeur Manute (Dennis Haysbert) rafft sich Dwight auf und startet eine Rettungsaktion – nicht ahnend, in welche Gefahr er sich dadurch begibt …
- © 2014 Sony Pictures Releasing GmbH1 / 4
«Sin City 2: A Dame To Kill For» ist das bis dato kostspieligste Projekt des Regisseurs Rodriguez. An Hollywood-Maßstäben gemessen war es jedoch noch immer günstig: Das Budget lag bei über 65 Millionen Dollar.
«Sin City 2» mit neuen Figuren
Dwights ereignisreiches Aufeinandertreffen mit seiner Verflossenen ist nicht nur das längste, sondern auch mit Abstand das beste Segment in Rodriguez' zweiter Kollaboration mit Frank Miller. Dies ist insbesondere Eva Green zu verdanken. Die Französin, deren Leinwandpräsenz stets etwas Ruchloses innewohnt, gibt sich mit vollem Einsatz ihrer Rolle hin und erweckt einen unberechenbaren Männertraum zum Leben. Green hat nicht nur sichtbare Freude am ihr gebotenen Material, sondern zählt zudem zu den raren Schauspielerinnen, die das Aussehen sowie das Talent für diese Figur aufweisen. Mühelos wechselt sie innerhalb eines Wimpernschlags den Modus Operandi, mit dem sie als Ava Lord Männer um den Finger wickelt. Dank Greens Schauspiel ist Ava Lord aber mehr als bloß eine Verführerin: Als Zuschauer hat man nie auch nur den geringsten Zweifel daran, dass die bevorzugt splitterfasernackt herumlaufenden Grazie die gerissenste Person im «Sin City»-Universum ist.
Eva Green ist eine Wucht, doch nicht das einzige Argument, das für ihre Episode spricht. «No Country for Old Men»-Hauptdarsteller Josh Brolin passt ideal in die Rolle eines grimmigen Privatdetektivs, der sich unentwegt gegen seine inneren Dämonen zu wehren versucht, und auch narrativ funktioniert diese Geschichte über Lust, Rache und Vergebung in bewegten Bildern mindestens so gut wie in gedruckter Form. Ebenfalls sehr gelungen ist die in zwei Teilen erzählte Story rund um Johnny. Zwar ist die kleine Anekdote über den eitlen jungen Mann, der im übermächtigen Senator seine Nemesis findet, die bodenständigste des Films, mit kleinen Twists und einer engagierten, wandelbaren Performance Gordon-Levitts mausert sie sich dennoch zu einem kurzweiligen (und nahezu nihilistischen) Kleinod in Rodriguez' Filmografie.
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Obwohl zumindest drei der vier Kurzgeschichten zu gefallen wissen, enttäuscht «Sin City: A Dame to Kill For» in einer nicht unbedeutenden Hinsicht: Die Anordnung der einzelnen Episoden wirkt viel liebloser als im Original. Dort war die Platzierung der Geschichten eine von Robert Rodriguez' größten Eigenleistungen, da die Aneinanderreihung der Storys dazu führte, dass sie sich gegenseitig kommentierten. Zudem entstand ein den gesamten Film umfassender, straffer Spannungsbogen. Das Sequel hingegen darf sich nicht damit rühmen, eine Storyline-Verschränkung auf «Pulp Fiction»-Niveau zu haben – die Reihenfolge erscheint viel eher beliebig, weshalb jede einzelne Episode ihre eigene Spannungskurve aufbauen muss. Der Eindruck eines großen Ganzen, der «Sin City» ausmachte, geht hier fast verloren.
Ein weiterer Unterschied zwischen «Sin City: A Dame to Kill For» und seinem Vorläufer ist die Verwendung von Humor: Setzte Rodriguez 2005 in großen Maßen auf bittere Ironie, die das stets zur Schau getragene Machogehabe und die abgehärtete Verwendung von Film-noir-Stilmitteln auflockert, sieht dies im neuen «Sin City»-Film anders aus. Der «Desperado»-Regisseur schraubt die Humorfrequenz runter und lässt über längere Strecken die markige Stimmung dieser Ganovengeschichten für sich stehen – um dann die pointierten Humorsprenkel dafür umso stärker wirken zu lassen.
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Selbst wenn «Sin City: A Dame to Kill For» die erfrischende Wirkung des überraschenden Originals fehlt und die Action stellenweise hölzern wirkt, ist diese düstere Comicverfilmung mit ihrer dichten Atmosphäre, einzigartiger Optik und einem imposanten Cast bei weitem nicht so mies wie ihr Ruf. Jeder, der sich seit «Sin City» ein Sequel wünscht, erneut in Frank Millers deprimierender Metropole zu versacken, erhält mit diesem 3D-Streifen endlich die Chance dazu – und obwohl das Wiedersehen nicht ganz so berauschend ist, macht es noch immer Laune.
Fazit: Erotisch, furios und gemein – Robert Rodriguez öffnet erneut die Pforten zu Frank Millers kerniger Comicversion von Sodom und Gomorra. Was uns dort erwartet? Atemberaubende Frauen, brutale Typen und coole Optik. Das Original war zwar straffer und pointierter, dafür hat «Sin City: A Dame to Kill For» eine famos aufspielende Eva Green zu bieten.
«Sin City: A Dame to Kill For» ist ab dem 18. September 2014 in vielen deutschen Kinos zu sehen – in 2D und 3D.