Die Entscheidung zum gemeinsamen Jugendkanal von ARD und ZDF ist gefallen, den Sender gibt es nur im Internet und im Gegenzug werden ZDF kultur und einsplus geschlossen. Die Entscheidung hierzu fällten die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten gemeinsam, dennoch gibt es weitere Meinungen aus der Politik, dem Fernsehen sowie dem Funk.
NDR-Intendant Lutz Marmor rechtfertigte die Entscheidung zum Jugendkanal und begrüßte den Schritt ins Internet. „Das ist eine gute Nachricht für unser junges Publikum. Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten haben ARD und ZDF ausdrücklich beauftragt, ein zusätzliches Angebot für unter 30-Jährige zu entwickeln. Zukunftsweisend ist dabei, dass die Beschränkungen im Internet wegfallen. Dass es kein eigenes Programm im Fernsehen geben wird, erschwert allerdings den Start, aber wir werden alles daran setzen, gemeinsam mit dem ZDF ein gutes Angebot im Netz zu entwickeln."
Peter Boudgoust, Intendant des federführenden SWR, sah die Entscheidung schon deutlich kritischer und betont die Schwierigkeiten an der Zusammenstellung eines Programms im Internet: „Die Beauftragung entspricht nicht dem ursprünglichen Konzept eines crossmedialen Angebots. ARD und ZDF hatten auf die konsequente Verschmelzung von Hörfunk, Online und Fernsehen gesetzt, ein innovativer, multimedialer, durchdachter Ansatz." Boudgoust hatte sich dem Vernehmen nach noch in dieser Woche vehement für ein trimediales Angebot eingesetzt. "Nun müssen wir uns auf eine Ausstrahlung im Internet beschränken. Das bringt Probleme mit sich, beispielsweise mit Blick auf Urheberrechte. Obwohl unser Konzept von vielen gesellschaftlichen Gruppen unterstützt wurde, wird es nun schwerer, das Jugendangebot zum Fliegen zu bringen. Aber klar ist: Wir arbeiten weiter konsequent an jungen Programminnovationen. Das sind wir der jungen Generation schuldig."
Auch aus der Politik äußerten sich diverse Verantwortliche, darunter Marcus Weinberg, familienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Ihn freut zwar die Übereinkunft der Länder, dennoch äußert er Kritik an der vermeintlich kleinsten Lösung: „Die 'kleine Lösung' mit einem Jugendkanal, der nur im Internet an den Start geht, ist zu wenig. Ein solcher Kanal kann kein echtes Angebot für Jugendliche darstellen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt, dass die Ministerpräsidenten sich geeinigt haben, allerdings hätte ein crossmediales Angebot - also ein Angebot in Fernsehen, Internet und Radio - das Zielpublikum besser angesprochen. Nun wurde die Chance vertan, ein breites junges Publikum zu erreichen. Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF haben jedoch einen Bildungsauftrag und für Jugendliche wäre ein umfassendes Angebot wertvoll und wichtig gewesen."
Dass ein zielgerichtetes und qualitativ hochwertiges Angebot sein Zielpublikum auch erreichte, zeige der Erfolg des Kinderkanals Kika, der bereits 1997 eingerichtet wurde. "Aktuell bieten die Öffentlich-Rechtlichen also Erwachsenen und Kindern ein Programm an, nicht aber Jugendlichen. Hier ist in den letzten Jahren eine Lücke entstanden. Diese ist unnötig, denn ARD und ZDF hätten auf vorhandene Senderstrukturen zurückgreifen können. Zwar werden viel mehr Angebote im Internet genutzt, ein Internetangebot alleine ist aber zu wenig und wird den Jugendlichen nicht gerecht", meinte Weinberg.
Die Partei Die Linke äußerte sich durch ihren Mediensprecher für die Fraktion im Landtag Sachsen-Anhalt, Stefan Gebhardt, der die Entscheidung, kurz, als einen „schlechten Witz“ bezeichnet. Weitere Kritik an der Entscheidung äußerte er in der Pressemitteilung: "Seit einer halben Ewigkeit beraten die Ministerpräsidenten darüber, ob ARD und ZDF ein gemeinsames trimediales Angebot für die junge Zielgruppe starten dürfen. Das nun verkündete Ergebnis zeugt von mangelndem Sachverstand und schlichter Unwissenheit über das Mediennutzungsverhalten junger Leute. Wenn es nicht so traurig wäre, ist die Entscheidung ein schlechter Witz." Denn junge Leute tummeln sich laut dem Politiker nicht nur im Internet, sondern würden nach wie vor auch Radio und Fernsehen als Medium nutzen. "Erlaubt ist jetzt das, was auch vorher schon erlaubt war", so Gebhardt. "Mit einem sogenannten Dreistufentest können nämlich sowohl ARD als auch ZDF neue Angebote im Internet starten. Dazu hätte es keinen Beschluss der Ministerpräsidenten bedurft. Im Übrigen verfügt die ARD mit Einslike bereits über ein Jugendangebot im Netz. Der Erfolg dieses reinen Internetangebotes ist äußerst bescheiden. Mit der heute gefällten Entscheidung haben die Ministerpräsidenten dem öffentlich rechtlichen Rundfunk die Chance verwehrt, attraktiver für ein junges Publikum zu werden. Offenbar haben sie noch nicht verstanden, dass die heutige Medienwelt trimedial verläuft und man auf allen Abspielwegen Präsenz zeigen muss.“
Auch von Seiten des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien e.V. kamen am Freitagnachmittag erste Kommentare zur Entscheidung. Zum einen zeigte sich Vorstandsvorsitzender Dr. Tobias Schmid über die Einstellung der digitalen Spartenkanäle erfreut, zum anderen kritisierte er das mangelnde Konzept für den neuen Jugendkanal. Seiner Meinung nach handele es sich dabei um einen Blankoscheck. Außerdem vertritt er die Meinung, dass diese Entscheidung dem fairen Wettbewerb schaden werde. „Der VPRT nimmt erleichtert zur Kenntnis, dass die konzeptlose Expansion der öffentlich-rechtlichen Spartensender durch die Ministerpräsidentenkonferenz beendet wurde. Wir begrüßen die Einstellung von zwei Kanälen sowie den Stopp des am Bedarf vorbei konzipierten Jugendkanals von ARD und ZDF. Die Idee, ein Projekt ohne inhaltliche Begrenzung aufzusetzen, hat bei den Digitalkanälen schon nicht funktioniert. Jetzt ein Onlineangebot mit einem Blankoscheck von 45 Millionen Euro auszustatten, wird es kaum besser machen." Mit der angestrebten Crossmedialität, insbesondere der Vernetzung mit den jungen Hörfunkwellen der ARD, werde nach Meinung von Schmid ein übergreifendes Jugendangebot entstehen, das den Wettbewerb erheblich zu Lasten der Privaten beeinträchtigt. "Angesichts all dieser Punkte würde es uns wundern, wenn die Beauftragung nicht einen neuen Konflikt mit allen anderen Mediengattungen zur Folge haben wird.“