Die Kritiker

«Sad Songs of Happiness»

von

Doku über drei palästinensische Mädchen, die den Gesang für sich entdecken und am Wettbewerb „Jugend musiziert“ teilnehmen. Erhellendes Thema, kühl umgesetzt.

Hinter den Kulissen

  • Regie: Constanze Knoche
  • Buch: Leis Bagdach, Constanze Knoche
  • Kamera: Kirsten Weingarten
  • Produktion: Leis Bagdach, Constanze Knoche, Holm Taddiken
  • Schnitt: Kai Minierski
Über den Nahostkonflikt wird zwar viel berichtet, allerdings blickt die mediale Berichterstattung in unserer westlichen Gesellschaft primär auf das große politische Bild. Und so wichtig es auch ist, über neue Angriffe zwischen den oppositionellen Gruppen informiert zu werden, darf man sich durchaus wundern: Wie sieht eigentlich der Alltag in diesem überkochenden Schmelztiegel aus? Mit dem experimentellen Reportageprojekt «24h Jerusalem» gaben arte, BR, zero one 24 und Alegria Productions eine Antwort. Für diesen Querschnitt des Lebens in Jerusalem fernab der Ereignisse, die es in die tagesaktuellen Nachrichten schaffen, erhielten die Verantwortlichen unter anderem den Deutschen Fernsehpreis. Völlig zu Recht, da die Umsetzung der auch auf DVD erhältlichen Dokumentation lehrreich und fesselnd ist.

Die im Auftrag der ZDF-Redaktion 'Das kleine Fernsehspiel“ von Neufilm UG Berlin erstellte Dokumentation «Sad Songs of Happiness» ist so etwas wie der kleine Bruder des besagten Mammutprojekts. Regisseurin Constanze Knoche erzählt in ihrem ersten dokumentarischen Langfilm von Rita, Hiba und Tamar, drei palästinensischen Schülerinnen der internationalen Schmidt-Schule in Ostjerusalem. Diese erhalten von ihrem deutschen Musiklehrer Karl Kronthaler seit knapp zwei Jahren Gesangsunterricht und meistern ihr Fach zwar noch nicht vollends, sind aber mit Begeisterung dabei. Um den Mädchen zusätzlichen Anreiz für ihre Übungsstunden zu geben sowie eine Ablenkung vom konfliktbeladenen, von Widersprüchen geprägten Dasein in ihrer Heimat, meldet er sie zum renommierten Wettbewerb „Jugend musiziert“ an. Daraufhin arbeiten die Heranwachsenden hart an ihrem musikalischen Talent und ihren Gesangstechniken, hoffend, bis ins Finale in Deutschland vorzurücken.

Knoche setzt auf eine betont unauffällige Regieführung. Weder kreiert sie eine filmische Narrative, noch setzt sie auf Begleitmusik für die wenigen stillen Momente ihrer Doku. Kamerafrau Kirsten Weingarten bleibt stets in einer leicht distanzierten Beobachterposition und auch die Arbeit des Cutters Kai Minierski ist eher unterkühlt. Somit rücken die Filmemacher einzig und allein die drei jungen Gesangstalente und den fast durchgehend unausgesprochen bleibenden politischen Kontext der Dokumentation ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Allerdings öffnen sie ihren Film somit allein den Zuschauern, die sich gezielt für eine kühle, sachlich übermittelte Doku zu exakt diesem Thema entscheiden. Unentschlossene Fernsehende werden es aufgrund der spröden Machart schwer haben, einen Zugang zu finden. Dass Knoche zwar verdeutlicht, dass Jugendliche aus Jerusalem ähnlich ticken wie ihre westlichen Altersgenossen, aber relativ wenig Zeit dafür aufwendet, ihre drei Protagonistinnen auszudifferenzieren, nimmt dem Projekt ebenfalls etwas Zugkraft.

Dennoch bietet «Sad Songs of Happiness» interessierten Betrachtern einige starke Momente ohne jeglichen Pathos. Ein kurzes Telefonat zwischen Kronthaler und einer seiner Schülerinnen etwa genügt, um die Gefahren des Nahostkonflikts emotional so spürbar zu machen, wie es die Fernsehnachrichten niemals vermögen: Das Mädchen sagt, es fürchtet, zu spät zum Unterricht zu kommen oder gar zuhause bleiben zu müssen. Vor ihrer Tür wird nämlich gekämpft. Die unbeschreibliche Mischung aus Besorgtheit und Gelassenheit in der Stimme des antwortenden Kronthalers spricht Bände über die Lage in Jerusalem.

«Sad Songs of Happiness» ist am 22. Dezember 2014 um 0.00 Uhr im ZDF sowie am 27. Dezember 2014 um 0.40 Uhr bei ZDFkultur zu sehen.

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