Die Kritiker

«Mord in bester Gesellschaft: Die Täuschung»

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Vom Erfolgsmodell des lokalen Bloggings hin zu müder Westentaschenpsychologie: Der neue «Mord in bester Gesellschaft» ist ein Tiefpunkt für die ARD-Reihe.

Cast und Crew

  • Regie: Peter Stauch
  • Darsteller: Fritz Wepper, Sophie Wepper, Wayne Carpendale, Anian Zollner, Max Urlacher, Peter Fieseler, Wookie Mayer, Tom Kreß, Louisa von Spies
  • Drehbuch: Rainer Berg, Jens Jendrich
  • Kamera: Felix Poplawsky
  • Schnitt: Zaz Montana
2007 startete der Fernsehautor Rolf-René Schneider mit «Mord in bester Gesellschaft» eine Filmreihe, die leichte bis heitere Kriminalunterhaltung mit Fritz Wepper in der Hauptrolle bietet. Die Fälle des Münchener Psychiaters und Hobbyermittlers, der sich in den feineren Gefilden der bayerischen Hauptstadt bewegt, fanden bereits von Anfang an wenig Kritikerliebe, doch die Zuschauerzahlen waren gut genug, um in unregelmäßigen Abständen weitere Folgen auf Sendung zu schicken. 2013 dann ein großer Schritt: Schneider verließ das Format und fand in Ausgabe elf seine Nachfolge in Form von Stefan Cantz und Jan Hinter, den Köpfen hinter den betont humorvollen und immens populären «Tatort»-Geschichten aus Münster. Zudem wurde Wayne Carpendale in einer neuen Nebenrolle eingeführt. Der «Nur die Liebe zählt»-Moderator steht auch im zwölften «Mord in bester Gesellschaft»-Film vor der Kamera – das Autoren-Duo Cantz & Hinter dagegen kehrt nicht zurück. Der bereits im Dezember 2013 gedrehte Fall stammt dagegen aus der Feder der «SOKO Wismar»-Autoren Rainer Berg und Jens Jendrich.

Das ungewohnt lange Warten auf den neuen «Mord in bester Gesellschaft»-Part hat sich allerdings selbst beim besten Willen nicht gelohnt. Denn Bergs und Jendrichs Versuche, der Reihe einen neuen Stempel aufzudrücken, scheitern kläglich – besonders peinlich ist der Nebenstrang um Alexandra Winter (Sophie Wepper). Die ewige Praktikantin fasst endlich im Journalismus Fuß – und zwar als Bloggerin. Wobei sich die Frage stellt, in welcher Welt die Filmverantwortlichen wohl leben, denn wie sie das Bloggerdasein beschreiben, könnte realitätsferner nicht. Alexandra mietet extra für ihre im Alleingang betriebene Webpage ein Ladengeschäft, an dessen Front sie auch ein Schild mit dem Blognamen 'muenchenmenschlich.com' anbringt. Stolz wie Oscar telefoniert Alexandra daraufhin mit gewichtigen Leuten, denen sie unter die Nase reibt, mit ihrer Webseite mehr bieten zu wollen als die lächerlichen, vor Negativismus triefenden, oberflächlichen Lokalblätter Münchens. Und bereits mit einem ihrer ersten Artikel erreicht sie dann rund 4.000 Klicks, „was schon die Telefonrechnung bezahlt“.

Selbstredend wäre es müßig, von einem ARD-Abendkrimi zu erwarten, dass er ein authentisches Bild des gebloggten Journalismus zeichnet, erst recht, wenn sich bloß eine Nebenfigur in diesem Metier bewegt. Es besteht aber ein Unterschied zwischen „kreativen, dem unwissenden Publikum den Zugang erleichternden Freiheiten“ und „vollauf weltfremd“. Dass obendrein Inkonsistenzen in der Charakterzeichnung den Alexandra-Handlungsstrang plagen, lässt ihre Szenen fast an Selbstparodie grenzen. Paradebeispiel für die sich wiederholenden Widersprüchlichkeiten: Mit bierernster Miene sagt die Bloggerin ihren Gesprächspartnern, dass sie mit ihrer Arbeit dem Sensationsjournalismus, dem Klatsch und dem Tratsch den Kampf ansagen will – während sie einem dreckigen Mordfall nachgeht und die Filmmusik sanft heroische Klänge anstimmt.

Der Fall, in dem Alexandra ermittelt und dabei natürlich einmal mehr die Wege mit ihrem Vater Wendelin (Fritz Wepper) kreuzt, dreht sich um Josef Stürzelmeyer (Anian Zollner), der nach 13-jährigem Gefängnisaufenthalt zurück in die besseren Kreise Münchens gefunden hat. Zumindest, bis seine Lebensgefährtin tot aufgefunden wird und alle hinweise darauf deuten, dass er sie aus Habgier erschlagen hat. Stürzelmeyer wendet sich daher an Winter, der damals ein entlastendes Gutachten über ihn verfasste und nun seine Unschuld im Mord an seiner Freundin beweisen soll. Kommissar Becker (Wayne Carpendale) hält dagegen verbissen an der Mord-These fest …

Recht schnell wird deutlich, wo der Hase langläuft – allein schon der Titel schreit es laut heraus. Trotzdem schleppt sich das Drehbuch durch jede einzelne Szene, sämtliche Theorien, die sich die Hobbyermittler ausdenken, werden mehrmals gegengecheckt, während die Krimikenner am heimischen Bildschirm schon zwei Schritte voraus sind. Während der Betrachter also auf neuen Input wartet, trägt Wepper, der mimisch deutlich mehr zu bieten hat, als er in diesem Kriminalfilm zeigen kann, mit starrem Gesicht halbseidene psychologische Erklärungen für das Handeln aller halbwegs bedeutenden Figuren vor. Wenigstens erlaubt die langsame Erzählweise, die ambitionierte Lichtsetzung des Regisseur Peter Stauch und des Kameramanns Felix Poplawsky in aller Seelenruhe zu bewundern. Hat «Mord in bester Gesellschaft» optisch meist kaum mehr zu bieten als eine «Heiter bis tödlich»-Folge, sind vor allem die Nacht- und Innenszenen dieser Ausgabe in stilvollen Farben gehalten, und der intensive Schattenwurf verleiht dem Neunzigminüter zuweilen edles Flair. Über den Inhalt, der selbst an den Maßstäben dieser Reihe gemessenen sehr dürftig ist, trügt dies jedoch nicht eine Sekunde hinweg.

Fazit: Träge, seine Darsteller unter Wert verkaufend und streckenweise so weltfremd, dass man sich in einer Parodie wähnt. Aber immerhin weckt der Film neue Hoffnung, dass mit Bloggen ganz leicht großes Geld verdient werden kann!

«Mord in bester Gesellschaft: Die Täuschung» ist am 15. Januar 2015 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.

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