Wenn Sie wissen wollen, wer in ein paar Jahren der große Star am amerikanischen Comedy-Himmel sein wird, müssen Sie nur «Saturday Night Live» gucken. Die Liste der weltberühmten Schauspieler und Komiker, die diese Sendung in den letzten vierzig Jahren hervorgebracht hat, ist so lang, dass wir sie hier nur punktuell wiedergeben wollen: Jimmy Fallon, Eddie Murphy, Will Ferrel, Amy Poehler, John Belushi, Bill Murray, Jon Lovitz, Tina Fey, Mike Myers, Chevy Chase, Conan O’Brien, Sarah Silverman und Julia Louis-Dreyfus sind nur einige der bekanntesten Namen.
Die Liste der – zumindest in Amerika – berühmten Sketche, Figuren, Parodien und Running Gags, die sich in den letzten vierzig Jahren angesammelt haben, dürfte nicht kürzer sein. Einige, etwa die Blues Brothers oder Wayne’s World, sind zu weltbekannten Film-Franchises erweitert worden. Aber auch viele andere gingen in die angelsächsische Comedy-Geschichte ein: die herrlichen «Jeopardy»-Parodien, in denen Darrell Hammond als Sean Connery Will Ferrel als Alex Trebeck jedes Mal aufs Neue auf die Palme brachte. Die nie enden wollende Soap-Parodie “The Californians“, in der sich herrlich bizarre, in maßlos übertriebenen West-Coast-Akzenten sprechende Figuren in exzessiven Anfahrtsbeschreibungen von Orten in Los Angeles verheddern. Die durchgeknallte Reporterin Roseanne Rosannadanna, die Paraderolle der viel zu jung verstorbenen Gilda Radner. Oder, aus der jüngeren Vergangenheit: Cecily Strongs Girl you Wish you Hadn’t Started a Conversation with at a Party. Viele von ihnen wurden in der dreistündigen Jubiläumsgala, die NBC am vergangenen Sonntag zeigte, wieder aus der Versenkung geholt. Doch auch die konnte nur die Highlights der Highlights zeigen. Denn «Saturday Night Live» liefert jede Woche. Seit vierzig Jahren. Mit qualitativen Höhen und Tiefen – die gehören dazu. Aber diese konstante Relevanz und komödiantische Ausgereiftheit hat über diesen langen Zeitraum wohl keine andere Sendung der Welt hingelegt.
Politisch war «Saturday Night Live» sowieso schon immer: Als man im Herbst 1975 auf Sendung ging, war noch Gerald Ford im Weißen Haus – und Chevy Chases Parodien trugen ihren Teil dazu bei, dass man sich an den 38. Präsidenten gerne als einen Tollpatsch erinnert. Doch man gab sich auch dezidierter, bezog Position: Zum Beispiel, als Ronald Reagan knietief im Iran-Contra-Skandal steckte.Oder in den zahlreichen Persiflagen auf Bush und Gore, in denen Darrell Hammond Al Gores arrogantes Getue und Will Ferrel Bushs leichte Überforderung beim Versuch, die Sachfragen inhaltlich halbwegs fundiert zu beantworten, wunderbar zuspitzten. Oder als 2008 Hillary Clintons Niederlage gegen Barack Obama in den demokratischen Vorwahlen und die Nominierung der damals weitgehend unbekannten Sarah Palin als Vizepräsidentschaftskandidatin der Republikaner eine komödiantische Goldmine versprachen – aus der das kongeniale Duo aus Amy Poehler und Tina Fey (Bild links) unvergessliche Auftritte schmiedete.
Und so ist «Saturday Night Live» seit Generationen eine Water-Cooler-Show, deren Persiflagen und satirische Kommentare auf das politische und gesellschaftliche Zeitgeschehen direkt Einzug in den öffentlichen Diskurs halten, während ihre komödiantischeren (gerne auch Nonsens-)Töne regelmäßig zu Comedy-Hallmarks werden. Nicht zuletzt deswegen gibt sich das Who is Who der amerikanischen Prominenz als wöchentlich wechselnde Hosts und Musical Guests die Klinke in die Hand. Und die Vierzig-Jahr-Feier am Wochenende hatte ein Staraufgebot, das sonst nur die hochkarätigsten Preisverleihungen aufs Parkett bringen. Unter amerikanischen Spitzenpolitikern gehört es zum guten Ton, sich mindestens zu Cameo-Auftritten hinreißen zu lassen – gerade für die, gegen die «SNL» auch gerne mal scharf schießt. Man denke an Sarah Palin.
Seit vierzig Jahren macht «Saturday Night Live» vor, wie es geht: eine relevante, kluge, irrwitzig komische wöchentliche Sketchshow. Erfolgreiche Adaptionen in Japan und Süd-Korea (beides Märkte, die Importformaten aus den USA vergleichsweise zurückhaltend gegenüberstehen) haben in den letzten Jahren bewiesen, dass die Sendung trotz ihres oft spezifisch amerikanischen Humors und ihrer stets betonten Heimat New York City prinzipiell überall auf der Welt funktionieren kann. «RTL Samstag Nacht», das 1993 auf Sendung ging, konnte zwar schnell eine eingeschworene Fan-Gemeinde aufbauen, wurde aber nach fünf Jahren wieder eingestellt. Ein laues Lüftchen, vergleichen mit den vier Jahrzehnten, die «SNL» seine Zuschauer wöchentlich aus dem Big Apple beglückt.
In diesem Sinne: Auf die nächsten vierzig Jahre! Ach, und falls Sie auf dem Laufenden bleiben wollen: Generalissimo Francisco Franco ist immer noch tot.
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