Es ist der Supergau für jedes Medium mit journalistischem Anspruch: Nicht mehr die eigene Redaktion, sondern Fremde haben plötzlich Zugriff über die Systeme: So passiert am Mittwochabend beim französischen Sender Tele5Monde, der Opfer einer Cyberattacke wurde, zu der sich Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat bekannten. Die IS war in die Datenbanken von Social Media-Konten und Webseiten des Senders eingedrungen und veröffentlichte auf diesen ihre eigene Propaganda. In Paris sagt man, es sei nicht auszuschließen, dass es weitere solcher Angriffe geben werde. Yves Bigot, Generaldirektor von TV5 Monde, nannte den Vorfall bislang beispiellos in der Geschichte des Fernsehens.
Sein Kanal war am Mittwochabend stundenlang nicht zu empfangen, noch länger dauerte es, bis seine Mitarbeiter wieder die Gewalt über alle Netz-Aktivitäten übernahmen und Sprüche wie „Je suis IS“ („Ich bin IS“) in Anspielung auf „Je suis Charlie“ gelöscht hatten. In Deutschland seien die großen Sendeanstalten nach Expertenmeinung sehr gut gegen solche Angriffe gewappnet. Die Sendezentren sind technisch auf dem neuesten Stand, wie etwa bei der Mediengruppe RTL Deutschland, die erst kürzlich ein gänzlich neues Gebäude bezog. Aus Sicherheitsgründen aber wollten sich die großen Sender nicht näher zu ihren Vorkehrungen äußern. Ein Sprecher der Sendergruppe sagte Quotenmeter.de. „Wir sind im Bereich Broadcasting und IT gut gesichert. Damit das so bleibt, erläutern wir unsere diversen Schutzmaßnahmen für unsere Sender und Plattformen nicht öffentlich.“
Aus Köln heraus betreibt RTL nicht nur zahlreiche Webangebote, sondern auch mehrere TV-Sender, darunter das Hauptprogramm, aber auch RTL Nitro, VOX oder Pay-TV-Sender wie RTL Crime. Das ZDF wollte sich zu diesem Thema aus Sicherheitsgründen grundsätzlich nicht äußern. Bei der ProSiebenSat.1 Media sieht man sich unterdessen gut gerüstet was einen möglichen Cyber-Angriff angeht.
Der Twitter-Account des wichtigsten Senders @prosieben hat derzeit 1,2 Millionen so genannte Follower. Konzernsprecherin Diana Schardt sagt: „Bei ProSiebenSat.1 gibt es ein umfassendes Sicherheitskonzept, das wir durch verschiedene Tests regelmäßig auf Aktualität und Stabilität überprüfen, um unseren Mitarbeitern, Kunden und Zuschauern die höchstmögliche Sicherheit und Verfügbarkeit unserer Produkte gewährleisten zu können.“ Seit Jahren schon habe die Sendergruppe zudem ein eigenes Notfallmanagement etabliert, das verschiedene Szenarien berücksichtigt und klare Zuständigkeiten und Handlungsmöglichkeiten aufweist. Immer im Vordergrund stehe dabei die Sicherheit und Gesundheit der eigenen Mitarbeiter und anderer Personen.
Schardt weiter: „Unsere IT-Systeme sind mehrfach abgesichert und redundant ausgelegt. Dadurch bieten wir eine höchstmögliche Sicherheit, sowohl für unsere Sender als auch die digitalen Angebote.“ Für eine zusätzliche, mehrstufige Security-Software werde nur die neueste Technik eingesetzt. Alle System würden, so Schardt, regelmäßig auf Durchlässigkeit überprüft. Auch bei der ARD ist man gut gerüstet, wie ein Sprecher der «Tagesschau» erklärt. Auf die Sicherung der Sendesysteme werde besonderes Gewicht gelegt, heißt es seitens der ARD-aktuell-Redaktion. „Die Maßnahmen schließen auch die Schärfung des Bewusstseins für die Gefahr digitaler Angriffe ein.“
Ob die deutschen Sender nun sicherer sind als die in anderen Ländern, lässt sich abschließend kaum beurteilen. Wie es nun mal so ist im Bereich der Technik: Wann immer Sicherheitsmaßnahmen größer werden, wird auch das Geschick Krimineller größer, Lücken zu finden oder die Schutzmauern zu durchbrechen.