Popcorn & Rollenwechsel

5 Disney-Wunschremakes

von

Kinokolumnist und Disney-Experte Sidney Schering weiß, welche fünf Disney-Zeichentrickfilme eher ein Realfilm-Remake erhalten sollten als «Dumbo».

Vergangene Woche drehte sich diese Kolumne um den aktuellen Wahn der Walt Disney Studios, bereits als Animationsfilm adaptierte Geschichten erneut als Realfilm zu verwirklichen. Mein Urteil lautete, dass es generell reizvoll ist, ausgewählte Walt-Disney-Meisterwerke als Realfilm neu interpretiert zu sehen, Disney sich aber vorsehen sollte: Weder sollte der Konzern den Markt mit diesen Remakes überschwemmen, noch sollte er Geschichten auswählen, die sich ausschließlich für das Animationsmedium eignen. Gewiss, mit «Dumbo» ist bereits ein solches fehlgeleitetes Projekt in Vorproduktion. Trotzdem möchte ich das via Mail erhaltene Feedack auf die vorwöchige Ausgabe meiner Kolumne zum Anlass nehmen, erneut auf diesen Remake-Wahn einzugehen und zu erläutern, welche fünf Disney-Animationswerke sich in meinen Augen am besten für eine real verfilmte Neuinterpretation eignen. Ausgenommen sind selbstredend jene Disney-Klassiker, deren Remake bereits existiert oder angekündigt ist.

«Die Abenteuer von Ichabod und Taddäus Kröte»: Dieser Disney-Film besteht aus zwei Geschichten, wovon eine für einen Realfilm denkbar ungeeignet ist – und zwar der britische Literaturklassiker «Der Wind in den Weiden». Ein vollständiges Remake dieses Meisterwerkes wäre also unsinnig, schließlich bewies schon Terry Jones' Adaption des Stoffes, dass sich bestenfalls ein Realfilm-Kuriosum aus der Story einer autovernarrten Kröte spinnen lässt. Die zweite Hälfte dieser Disney-Produktion aber erzählt die Legende von Sleepy Hollow. Und die als ausgewachsenen Disney-Realfilm zu sehen, würde mich – im Falle einer guten Umsetzung – regelrecht in Ekstase versetzen. Selbstredend dürfte es keiner der softeren Disney-Filme werden, aber mit einem PG-13/einer FSK ab 12 Jahren ließe sich heutzutage schon viel erreichen. Natürlich benötigt es einen Regisseur, der den Mix aus beschwingtem und bösem Humor einerseits und Horror andererseits beherrscht, den die Zeichentrickverion der Story ausmachte und sie überhaupt erst Disney-tauglich machte. Meine erste Wahl wäre wohl Gore Verbinski, aber auch Sam Raimi wäre hinter der Kamera willkommen. Als vom kopflosen Reiter verschreckter Ichaboad Crane habe ich Benedict Cumberbatch vor Augen. Oder wie wäre es mit Jim Parsons?

«Taran und der Zauberkessel»: Aufgrund solcher Filme wie «Taran und der Zauberkessel» gibt es doch überhaupt erst Remakes! Das Original, welches wiederum auf einer Fantasyromanreihe von Lloyd Alexander basiert, ist ein ambitioniertes Projekt, dessen Ambitionen jedoch aufgrund einer durchwachsenen Umsetzung nur der Produktionsgeschichte anzumerken sind. Wie großartig wäre es, würde Disney den Stoff nun mit neuen Selbstbewusstsein in Sachen semi-dunkler Fantasy als Realfilmsaga neu anpacken? Mit ihrer Blockbustererfahrung fallen mir solche Namen wie Sam Mendes, Alfonso Cuarón, David Yates oder Matt Reeves für den Regieposten ein, deren Arbeiten oftmals auch den richtigen Tonfall anschlagen.

«Aladdin»: Selbstredend eignet sich diese Story problemlos für einen Real-Abenteuerfilm, und dies heutzutage sogar mehr denn je. Immerhin erlauben die Fortschritte in der Umsetzung von Spezialeffekten deutlich bessere Dschinni-Tricks als es noch in den 90ern der Fall gewesen wäre. Und auch die Sorge, dass Robin Williams' Darbietung des Dschinnis unmöglich würdevoll neuinterpretiert, aber genauso wenig völlig ignoriert werden kann, hat sich erledigt: Die Broadwayversion des Disney-Films wird vom Publikum sehr gut aufgenommen, nicht zuletzt dank James Monroe Igleharts Darbietung des Dschinnis, die sich zwar an Williams orientiert, jedoch so viele eigene Ansätze aufweist, um nicht als Imitation zu gelten. Ein Realfilm sollte also einfach ihn besetzen – vollkommen unabhängig davon, ob es ein Musical wird oder ein 'normaler' Abenteuerfilm. Um unnötige Wiederholung in der Disney-Filmografie zu vermeiden, wäre ich auch glatt für die gesangslose Variante: Der Zeichentrickfilm würde so ein Alleinstellungsmerkmal beibehalten und der Film könnte dafür umso mehr auf Action und Abenteuerromantik setzen – man denke an eine Art «Fluch der Karibik» in der Wüste. Insofern wäre erneut Gore Verbinski eine gute Wahl für den Regieposten, alternativ könnte sich «Prince of Persia»-Macher Mike Newell erneut für Disney in sandige Gefilde geben. Auch Martin Campbell traue ich es zu, so lange er schwört, sich tonal eher an «Die Maske des Zorro» zu orientieren als an «Green Lantern». Ansonsten wird Brad Bird gewiss was Spannendes daraus machen, sollte er sich dafür erwärmen können.

«Der Glöckner von Notre Dame»: Disney hat diesen untypischen, famosen Zeichentrickfilm schon zwei Mal uminterpretiert und ihn beide Male düsterer gestaltet, ohne dass es übertrieben wirkte. Erst auf den Bühnen Berlins, nun in einem US-Musical. Ein fähiger Regisseur könnte, mit einem ebenso finsteren wie schönen Produktionsdesign, ein fantastisches 'Best of' der drei Disney-Fassungen des Victor-Hugo-Mammutwerks erschaffen. Anders als bei «Aladdin» wäre hier also ein Musical die beste Wahl. Rob Marshall wäre interessant, gesetzt er erhält ein höheres Budget und mehr kreative Freiheit als zuletzt. Aber sollte er Lust auf ein Musical haben, wäre David Fincher wohl mein Traumkandidat. Und ein Teil von mir möchte echt gern wissen, was Darren Lynn Bousman aus dem Material machen würde.

«Atlantis - Das Geheimnis der verlorenen Stadt»: Der 2001 ins Kino entlassene Zeichentrickfilm ist so etwas wie ein schwarzes Schaf innerhalb der Disney-Familie, und auch wenn ich ihn aufgrund seiner Optik und seines Tonfalls bewundere, denke ich, dass in ihm noch jede Menge ungenutztes Potential schlummert. Womit er prädestiniert ist für ein Remake – und angesichts seiner Verortung im Action-Abenteuergenre sowie seiner Retro-Sci-Fi- sowie Fantasy-Elemente passt er auch perfekt in die moderne Blockbuster-Landschaft. Zudem: Die gedrängte Laufzeit des Originals ist ein kleiner Schwachpunkt – bei Realfilmen aber traut sich Hollywood generell mehr, was hier ein Pluspunkt wäre. James Gunn und Guillermo del Toro sind zwar zwei völlig unterschiedliche Typen, aber beiden traue ich einen guten «Atlantis»-Realfilm zu.

So, Disney. Nun seid ihr am Drücker. Alternativ bin ich sehr gespannt, was die Quotenmeter.de-Leser so für Disney-Wunschremakes haben! Haut in die Tasten!

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