Die Kritiker

«Mordshunger – Verbrechen und andere Delikatessen: Wilder Westen»

von

Die ZDF-Krimiserie «Mordshunger» kehrt zurück. Nun mit höherer Sendedauer und niedrigerer Qualität.

Cast und Crew

  • Regie: Marcus Weiler
  • Darsteller: Anna Schudt, Aurel Manthei, Sebastian Bezzel, Christina Große, Isabel Bongard, Antonia Lingemann, Michael Roll, Tobias Diakow, Valerie Niehaus, Christian Aumer, Stephan Luca
  • Drehbuch: Jörg von Schlebrügge, Mika Kallwass
  • Kamera: Leah Striker
  • Szenenbild: Claus Kottmann
  • Schnitt: Claudia Wolscht
  • Musik: Biber Gullatz, Moritz Freise
2013 startete das ZDF eine neue, vorerst vierteilige Schmunzelkrimiserie, die unter dem Titel «Mordshunger – Verbrechen und andere Delikatessen» typischen Kleinstadtkrimi-Humor mit einer extra Prise Skurrilität vereinte. Immer samstags ab 21.45 Uhr waren zwischen 3,41 bis 4,21 Millionen Fernsehende mit von der Partie, die Marktanteile lagen bei soliden 12,5 bis sehr guten 16,1 Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum, während bei den 14- bis 49-Jährigen gute 7,0 bis hin zu tollen 9,0 Prozent eingefahren wurden. Von den guten Einschaltquoten und einem wohlgesonnenen Kritikerfeedback angespornt gab das ZDF eine Ausweitung des Formats in Auftrag: Aus der einstündigen Serie sollte eine Reihe an Kriminalgeschichten in Spielfilmlänge werden. Doch zumindest die erste 90-minütige Ausgabe von «Mordshunger – Verbrechen und andere Delikatessen» sorgt für übles Grummeln in der Magengegend. Es wäre wohl besser gewesen, den TV-Snack für zwischendurch nicht zu einer Hauptspeise zu erheben …

Wir befinden uns im Bergischen Land: Die 17-jährige Lara (Antonia Lingemann) wird mit ihrem Motorroller von der Straße gedrängt – am Morgen danach ist sie spurlos verschwunden. Der örtliche Hauptkommissar Max Janssen (Aurel Manthei) tappt bei der Suche nach Indizien, wer die Tat hätte begehen können, völlig im Dunkeln. Und selbst seine Schwester Britta (Anna Schudt) hat ausnahmsweise keinen Schimmer was passiert sein könnte. Dabei ist die Besitzerin eines Wirtshauses der in kriminalistischen Fragen talentiertere Teil des Geschwisternpaares. Also gilt es, das Dorf abzuklappern und nach dem Typ Mensch Ausschau zu halten, der eine Jugendliche entführen könnte. Wie etwa Ben (Stephan Luca), der Besitzer der Tabledance-Bar 'Wilder Westen', der auch Minderjährige in sein Etablissment lässt. Oder Landwirt Bierbauer (Sebastian Bezzel), den die Polizei eigentlich bloß pro forma nach Hinweisen fragt – als sich aber herausstellt, dass er einen Fußfetisch hat, wird er sogleich als sexuell abartig eingestuft und rutscht somit in der Liste der Verdächtigen nach ganz oben …

Mika Kallwass, die Schöpferin der «Mordshunger – Verbrechen und andere Delikatessen»-Serie, erhielt beim Drehbuch dieses Falls Unterstützung durch Jörg von Schlebrügge – doch auch mit vereinten Kräften gelingt es dem Autoren-Team nicht, den Reiz der einstündigen Folgen auf Spielfilmlänge auszudehnen. Die eigensinnige Dynamik zwischen dem amateurhaften Profi-Ermittler Max und seiner Schwester, der ausgebufften Hobby-Ermittlerin Britta wird im Vergleich zu den 30 Minuten kürzeren Ausgaben weder zugespitzt noch vertieft – und wie sich herausstellt, wäre dies jedoch dringend notwendig gewesen. Für eine abendfüllende Laufzeit ist Max in Sachen Spurensuche schlicht zu farb-, ja teils sogar zu orientierungslos, als dass er in der funktion der männlichen Hauptrolle die Spielzeit tragen könnte – zumal Aurel Manthei der Figur auch keinen ausgeprägten humoristischen Beigeschmack verleiht. Ebenso bleibt Anna Schudt überraschend blass, wirkt stellenweise arg von ihrer konturarmen Rolle unterfordert. Insbesondere Brittas Techtelmechtel mit Clubbesitzer Ben – einer weiteren Figur, der sowohl Humorpotential fehlt als auch plausibler dramatischer Unterbau – wird nur sehr dürftig er- und begründet.

Dramaturgisch haben sich die Autoren derweil in genau den falschen Aspekt eines Provinzkrimis verrannt: War der Kleinstadt-Schauplatz in den einstündigen Episoden noch ein Element, das der Geschichte Flair verlieh, sozusagen der nötige Schuss Würze um dem Ganzen etwas Pfiff zu geben, steht das Provinzielle in dieser Ausgabe über allem. Inklusive gemächlicher Spannungskurve auf Skriptseite und unangestrengter, alltäglicher Bildsprache auf der inszenatorischen Seite. Ruhiges Erzählen und eine bodenständige Inszenierung sind per se nichts Schlechtes, aber wenn obendrein die Figuren wenig zu bieten haben und der zentrale Kriminalplot erst vor sich hinplätschert, ehe er melodramatische Anflüge gewinnt als sei er einer Seifenoper entliehen, wären ein zügigeres Tempo und eine aufregende Darstellung des Geschehens mehr als nur willkommen. So aber bleibt «Mordshunger – Verbrechen und andere Delikatessen: Wilder Westen» nahezu frei von Pepp.

Lediglich die treffende Schilderung des ländlichen Nachtlebens und die Anspielungen auf das provinzielle Naturell, alles was nicht dem gesellschaftlichen Mittelmaß entspricht erst einmal kritisch gegenüber zu stehen, verhelfen dem Krimi punktuell zu einem gewissen Reiz. Bloß ist dieser Aspekt kaum mehr als eine Beinote und nicht etwa die Grundlage von «Mordshunger – Verbrechen und andere Delikatessen: Wilder Westen». Schade. Denn andernfalls hätte das ZDF hiermit noch immer einen schmackhaften Film anbieten können.

«Mordshunger – Verbrechen und andere Delikatessen: Wilder Westen» ist am Montag, dem 17. Mai 2015, ab 20.15 Uhr zu sehen.

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