Hingeschaut

«Sing meinen Song»: Auftakt in ein neues Frühlingsmärchen?

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Dem Auftakt in die zweite Staffel des «Tauschkonzerts» war ein großes Streben nach Konstanz anzumerken. Die Magie des Vorjahres kam sofort wieder auf, frischen Wind vermisste man aber.

Die großen deutschen Privatsender haben sich auch im vergangenen Jahr nicht gerade mit allzu großer Risikobereitschaft bei der Entwicklung neuartiger Showformate hervorgetan. Eine der wenigen Ausnahmen war der VOX-Neustart «Sing meinen Song - Das Tauschkonzert», der mit einer ungewohnt entschleunigten und authentischen Tonalität aufwartete - und entgegen der Erwartung des Rezensenten einen großen Erfolg feiern konnte. Neben überragenden Quoten von zumeist klar über zehn Prozent in der werberelevanten Zielgruppe durften sich auch die teilnehmenden Künstler über diverse Verkaufserfolge freuen, der fast vergessene, wenn überhaupt jemals zuvor öffentlich wahrlich präsente Gregor Meyle erreichte im Zuge der Ausstrahlung gar seine höchsten Chartplatzierungen überhaupt. Für die obligatorische Fortsetzung stellte sich nun die Frage, ob man am Bestehenden festhalten oder erneut ins Risiko gehen wollte. Man hat sich weitgehend für erstere Variante entschieden.

"Weitgehend" deshalb, weil zumindest der Cast beinahe komplett erneuert wurde. Bis auf den als Gastgeber fungierenden Xavier Naidoo ist keiner der liebgewonnenen Künstler des Vorjahres mehr beteiligt, allerdings wurden nicht minder namhafte und reizvolle Partizipanten ausfindig gemacht: Hartmut Engler (Pur), Andreas Bourani, Christina Stürmer und Yvonne Catterfeld dürften den allermeisten Zuschauern ein Begriff sein, mit den "Prinzen" Sebastian Krumbiegel und Tobias Künzel ist erstmals auch ein Duo beteiligt und Daniel Wirtz übernimmt die Meyle-Rolle als vermeintlicher Underdog, der sich einen erheblichen Popularitätsschub erhoffen kann - andererseits als bis dato eher abseits der Öffentlichkeit stehender Rock-Musiker auch einen Reputationsverlust bei seiner bisherigen Fangemeinde riskiert.



Damit haben sich die nennenswerten Veränderungen gegenüber der ersten Staffel allerdings bereits erübrigt. Der Sendeplatz ist derselbe wie im Vorjahr, die Anzahl an Folgen (acht) bleibt identisch, die Sendelänge sowie das Konzept, in jeder Folge einen der Künstler in den Fokus zu rücken, ebenso. Auch die Vorstellung der Partizipanten verläuft nach einem ähnlichen Muster, die Kulisse sowie die Lagerfeueratmosphäre - all das wird quasi 1:1 übernommen. Somit weiß der Zuschauer schon, worauf er sich einlässt, wenn er die Show schaut, was er geboten bekommt und worauf er eben nicht zu hoffen braucht, beispielsweise auf einen realen Wettbewerb unter den Teilnehmern oder sonstige Formen des Konkurrenzdenkens.

Dieser Mangel an konzeptionell forcierten Spannungselementen wie Punktevergaben, Ausscheidungsrunden und den generellen Anspruch, die dargebotenen Performances in gut und schlecht einzuordnen, verschafft dem Format eine gewisse Eigenständigkeit. Man hat als Zuschauer das Gefühl, sich den Darbietungen der Musiker hingeben zu können, ohne ein Werturteil treffen zu müssen. Man mag die Harmonie bemängeln, mag den Eindruck gewinnen, die Show sei nicht mehr als ein ritualisiertes Speichellecken des musikalischen Establishments. Auf der anderen Seite erlebt man hier auch die gegenseitige Freude an der Musik und deren Vielfalt, was das Fernsehen in seinem Casting-Wahn der vergangenen 15 Jahre kaum vermittelt hat. Und spätestens wenn Daniel Wirtz aus der von Yvonne Catterfeld gesungenen Bohlen-Schmonzette "Du hast mein Herz gebrochen" ein gut hörbares Rockstück macht, erweitert es auch das Bewusstsein des Durchschnittszuschauers dafür, dass Musik tatsächlich auch über vermeintlich unüberwindbare Genre-Grenzen hinweg berührt.

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Sehr gut, ich finde die Liste an Musikern stärker als im Vorjahr.
26,7%
Ordentlich, das Niveau des Vorjahres wurde gehalten.
57,9%
Ich finde ihn etwas enttäuschend, 2014 hat er mir besser gefallen.
15,4%


Als große Gewinnerin der Auftaktfolge geht Yvonne Catterfeld hervor, deren musikalisches Repertoire im Mittelpunkt des Interesses steht. Dabei ist nicht nur angenehm, wie reflektiert sie ihren eigenen Werdegang beschreibt und wie offen sie sich zu ihrer Naivität zur Zeit von "Für dich" und "Du hast mein Herz gebrochen" bekennt. Sie stellt darüber hinaus mit einem schönen und erwachsenen Auftritt ihrer neuen Single ("Lieber so") unter Beweis, dass sie in der Tat auch anspruchsvollere deutsche Popmusik abliefern kann als die bohlesken Kitschmonster der Vergangenheit. Catterfeld-Fans dürfte dies nicht überraschen, die breitere Masse hingegen schon eher. Und nebenbei eignet sich die Show natürlich auch exzellent zur Eigenvermarktung.

Ansonsten ist das Bemerkenswerteste an der Premierenfolge 2015, wie schnell sich das neue Team eingespielt hat, mit welcher Selbstverständlichkeit es miteinander agiert und wie sehr schon jetzt wieder das «Sing meinen Song»-Feeling spürbar ist, über das im Vorjahr so viele Loblieder gesungen wurden. Ob das Publikum abermals Lust darauf hat oder es angesichts des mangelnden Spektakels doch allmählich das Interesse verliert, werden die kommenden Wochen zeigen müssen - viel Neues gab es jedenfalls abseits der Songs nicht zu sehen. Catterfelds kommerziellem Erfolg ist die Show allerdings gewiss nicht abträglich: noch während der Ausstrahlung schossen einige ihrer Songs in verschiedenen Versionen in die iTunes-Charts.

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