Hingeschaut

«Die große Revanche»: Rache ist … zäh

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Sat.1 befeuert am Freitagabend Rachegelüste. Quotenmeter.de hat das neue Format mit Jochen Schropp gesehen und verrät, an welchen Schrauben die Macher hinter «Die große Revanche» noch zu drehen haben.

Der Mensch kann zuweilen eine äußerst gehässige Natur an den Tag legen. Daher wundert es wohl nicht, dass seit der Erfindung des «Versteckte Kamera»-Showskonzepts unentwegt Formate über die Mattscheiben flimmern, die auf simpler Schadenfreude basieren: Welche Streiche fallen den Showmachern ein, wie reagieren ahnungslose Personen auf diese 'Pranks'? Gelegentlich setzen solche Sendungen einen drauf und versuchen die klassische Formel von «Verstehen Sie Spaß?» und Co. zu übertrumpfen. Sei es durch besonders derbe Späße oder dadurch, dass die Streiche in einen Rachekontext gesetzt werden. Letztere Variante bediente Sat.1 bereits von 1998 bis 2001 mit «Rache ist süß», einer Show, in der sich der häufig als „Schwiegermutters Liebling“ bezeichnete Kai Pflaume von seiner frecheren Seite zeigen durfte.

Nach rund 14 Jahren kehrt dieses Showkonzept zurück. Und auch das überrascht nicht all zu sehr: Aktuell befindet sich Sat.1 ja in einer leicht nostalgischen Phase, wie Wiederbelebungsversuche von «Nur die Liebe zählt», «Deal or No Deal» oder «Die perfekte Minute» belegen. Anders als bei den genannten Beispielen kehrt im Falle Rache-Prankshow nur die Idee hinter der Sendung zurück. Vom geänderten Titel sollte sich aber kein Fernsehjunkie täuschen lassen: «Die große Revanche» ist in den wichtigsten Teilen ein Neuaufguss von «Rache ist süß». Der Moderator, nun Jochen Schropp, führt einen Promi aufs Glatteis, während Stars im Namen von Fernsehzuschauern jeweils einem anstrengenden Zeitgenossen einen Denkzettel verpassen. Das Panel-Team von «Die große Revanche» setzt sich dabei konstant aus der früheren «Ehrensenf»-Moderatorin Christine Henning, «Switch reloaded»-Comedian Max Giermann und Moderator Simon Gosejohann zusammen. So weit, so simpel.

Die Premierensendung von «Die große Revanche» weckt dennoch nicht die Hoffnung, dass sich das Comedyformat so lange halten wird wie sein heimliches Vorbild, welches bekanntlich auch schon kein Dauerrenner war. Dies liegt einerseits an den verhaltenen Grundideen der Streiche. Es müssen wahrlich keine Grenzen des guten Geschmacks übertreten werden. Aber wenn ein auf Vergeltung ausgelegtes Format deutlich harmloser ist als etwa ProSiebens «The Big Surprise» und teils sogar eine öffentlich-rechtliche «Verstehen Sie Spaß?»-Aura versprüht wird, droht nun einmal, dass das anvisierte Publikum die Show als Mogelpackung betrachtet.

So bekommt Christine Henning den Auftrag, die dauereifersüchtige Lebensgefährtin ihres Streich-Paten zu verladen, und erfüllt diese Mission, indem sie sich bei einer Hypnoseshow ausgiebig vom nach Rache verlangenden jungen Mann anbaggern lässt. Und Simon Gosejohann lädt einen Selbstdarsteller zu einer Stand-Up-Show ein, wo das eingeweihte Publikum jedoch mit gepflegter Langeweile auf den „dicksten Latin-Lover“ reagiert. Am feistesten, wenngleich auch nicht vor Originalität zerberstend, ist da Max Giermanns Streich: Als schmieriger Musikvideoproduzent bittet er die Tochter eines freche Späße treibenden, aber überfürsorglichen Vaters zum Dreh des nächsten Eko-Fresh-Songs, wo es das liebe Mädel plötzlich genießt, dass sie dreist angebaggert wird, und zustimmt, sich ein Tattoo stechen zu lassen.

So handzahm die Einfälle hinter diesen Einspielern sein mögen: Daraus ließe sich durchaus ein sommerlich-kurzweiliges Projekt formen. Die eiskalten Blicke des Vaters im Giermann-Streich und die wilden Gesten der eifersüchtigen Freundin in der Henning-Nummer haben nämlich durchaus Humorpotential. Allerdings zeigt sich die Redaktion hinter «Die große Revanche» allzu ehrfürchtig gegenüber dem Filmmaterial: Egal, wie wenig während des Pranks passiert – alles wird ausführlich gezeigt. Nach mehreren Minuten ohne weitere Eskalation ist aber selbst der kühlste Polizisten-Papa-Blick nicht mehr lustig, während die Pointe im Stand-Up-Streich so geradeheraus ist, dass sie durch das gebotene Übermaß an Vorbereitung erdrückt wird. Dass Sat.1 die Opfer der Streiche nicht einmal ins Studio bittet, ist dann für dieses Genre fast schon ein Armutszeugnis. Zumindest durfte Oliver Pocher, der von Jochen Schropp durch ein Fake-Hollywood-Casting gehetzt wurde, vorbeischauen – und erweist dort eine herrliche Chemie mit Simon Gosejohann, welcher «Die große Revanche» in der Auftaktfolge die besten Schmunzler zu verdanken hat. Genauer gesagt: Nahezu die einzigen Schmunzler. Für zwei Stunden Sendezeit ist das einfach viel zu wenig. Aber vielleicht rächt Sat.1 in der nächsten Folge die «Die große Revanche»-Zuschauer? Das hätte Pfiff ...

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