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Zum Auftakt des zweiten Horrorabends programmiert ZDFneo wie schon zur Eröffnung des Premierenabends eine Hollywood-Produktion, bei der man darüber streiten darf, wie sehr sie dem Horrorgenre zugehörig ist. Während «Van Helsing» aufgrund seines Figurenrepertoires und seiner Inspirationsquelle Horror-DNA aufweist, sind es bei dieser über 100 Millionen Dollar teuren «Pitch Black»-Fortsetzung die Suspensespitzen, die ein gewisses Horrorflair erzeugen. Autor und Regisseur David Twohy («Below») lässt Vin Diesels Lieblingsrolle vor Kopfgeldjägern fliehen und auf einem fernen Planeten gegen die sektenhaft organisierten Necromonger antreten. US-Kritiker reagierten zunächst äußerst negativ auf den für die Kinoauswertung ziemlich zusammengestutzten Weltalltrip, und das zahlende Publikum blieb dem kernigen Antihelden auch weitestgehend fern. In Deutschland jedoch waren bereits die Besprechungen der Kinofassung durchaus positiv – und seit der Veröffentlichung des Director's Cut genießen diese Kriegerchroniken endgültig Kultstatus. Das dürfte an der bildgewaltigen Inszenierung und der in ikonischen Schritten erfolgenden Wandlung der Titelfigur liegen – doch auch der fesche Mix aus Sci-Fi-Terror und effektreichem Actionabenteuer hat so seinen Reiz, ganz gleich, wie dick mancher Charaktermoment aufgetragen ist.
Wer «Turistas» mag ...
Mitte der 2000er rollte nicht nur eine Welle von Remakes brutaler Terrorklassiker über die internationalen Leinwände, sondern auch ein Trend, der schon in den Siebzigern aufgegriffen wurde, ehe er sich wieder verflüchtigte. Die Rede ist von der brutalen Fremde, von der Angst vor Neuem und vor dem Unbekannten als Quelle allen Übels. Darüber hinaus setzten Alexandra Ajas Neuauflagen der «The Hills Have Eyes»-Filme 2006 und 2007 neue Maßstäbe darin, was der Zuschauer an visueller Gewalt überhaupt erträgt. Denn obwohl schon Wes Craven, Urheber des Originals, nicht gerade zimperlich mit seinem Publikum umsprang, gehören jene «Hills»-Filme, fast noch mehr als das «Saw»-, oder «Hostel»-Franchise, zur Speerspitze der immer offensiveren Schauergewalt. Das Wiederaufkeimen des Hinterwäldler-Horrors, neudeutsch auch bekannt unter dem Oberbegriff „Backwoods-Filme“, der 2003 von Rob Schmidt und seinen «Wrong Turn»-Streifen eingeläutet wurde, schürten die Angst vor dem, was den Zuschauer erwartet, sobald er seine Heimat verlässt. Wir halten also fest: Zwischen den Jahren 2003 und 2007 gab es nichts Dämlicheres für eine Horrorfilmfigur, als das eigene Land zwecks Auslandsaufenthalt zu verlassen.
Plakativer könnte der Titel des 2006 von John Stockwell («Into the Blue») inszenierten Horrorfilms «Turistas», zu Deutsch: Urlauber, also kaum sein. In seiner Geschichte begibt sich eine kleine Gruppe junger Amerikaner auf einen Ferientrip in Richtung Brasilien. Die Backpacker erhoffen sich dort die Zeit ihres Lebens, doch dass alles deshalb ganz anders kommt, weil die Einheimischen (natürlich) vollkommen andere Pläne mit den dort ständig auflaufenden Touristen haben, ist schon aufgrund der Genreherkunft selbsterklärend. Was an «Turistas» besonders ist, ist also in erster Linie das Aufgebot verhältnismäßig namhafter Stars, denn mit Josh Duhamel («Transformers») und Olivia Wilde («Her») konnte Regisseur Stockwell mehr A-Prominenz für sein Projekt verpflichten, als es im sonst eher mit weniger bekannten Schauspielern besetzten Horrorgenre üblich ist. Vor allem Duhamel und Wilde ist es letztlich auch zu verdanken, dass «Turistas» über weite Strecken erstaunlich atmosphärisch geraten ist und das Drehbuch, das für Backwoods-Filme typisch in Klischees versinkt, sich nicht zu oft der Lächerlichkeit preisgibt. Die wenig durchdachten Story-Wendungen führen letztlich auch dazu, dass unterschwellige Ansätze der Gesellschaftskritik verpuffen. Als unterhaltendes und zu weiten Teilen äußerst blutiges Folterfilmchen funktioniert «Turistas» dann allerdings wieder sehr ordentlich. Ein Film für Liebhaber härterer Kost.
23:20 Uhr: «Eden Lake»
Mehr mit Michael Fassbender ...
Seine Premiere feierte der Film 2008 bei den Filmfestspielen von Cannes und rief aufgrund seiner drastischen und kompromisslosen Gewaltdarstellungen gleichermaßen Anerkennung wie Abscheu hervor. Regisseur und Drehbuchautor James Watkins («Die Frau in Schwarz») verteidigt sein Projekt konsequent und gab immer wieder zu Protokoll, mit seinem Film nicht auf den damals voran preschenden Torture-Porn-Zug aufgesprungen zu sein, sondern mithilfe von notwendiger Brutalität eine dramatische Geschichte erzählen zu wollen. Diese Intention ist «Eden Lake» anzumerken. Die Macher wollen sich sowohl auf der technischen als auch auf der inhaltlichen Ebene nicht am Leid der Menschen ergötzen und nutzen explizite Gewaltdarstellung nur als Spitze eines atmosphärisch beklemmenden Eisbergs, der irgendwann keine Worte mehr zulässt, um die seelische Gewalt spürbar zu machen.
Beim Fantasy Filmfest 2008 gehörte «Eden Lake» (Foto oben) in seiner Position als Eröffnungsfilm zu den großen Highlights. Die Produktion trat eine Welle von Filmen los, die sich in ihrer Aussagekraft am Tonfall der Siebzigerjahre-Terrorfilme orientierten. Entsprechend folgten Remakes von «The Last House on the Left», «I Spit on Your Grave» und «Muttertag», die zum Mitbegründer dieses Subgenres gehörende «Texas Chainsaw Massacre»-Reihe wurde wiederbelebt und psychologisch fordernder Horror der Marke «Wolf Creek» und «The Strangers» erhielt grünes Licht von den zuständigen Studios. Schade, dass die ungeschnittene Fassung hierzulande aufgrund einer Indizierung wohl nicht gezeigt werden kann.
0:45 Uhr: «Das Dorf der Verdammten»
Welche Horror-Themenreihe wäre komplett ohne John Carpenter? Der namhafte Regisseur, dem die Filmwelt unter anderem «Halloween», «Die Klapperschlange» und «Big Trouble in Little China» zu verdanken hat, aktualisierte mit diesem Schreckensfilm von 1995 den gleichnamigen Klassiker aus dem Jahre 1960. Dieser wiederum basiert auf dem Roman «Kuckuckskinder» und bedient die im Horrorgenre unregelmäßig, doch gern angeschnittene Angst vor Kindern. Genauer gesagt: Vor Kindern, deren Intention unmöglich einzuordnen ist und die den Eltern nicht das geringste Gefühl der Familiarität verleihen … Während einer Gemeindefeier fallen sämtliche Bewohner des Dorfes Midwich in Ohnmacht. Zehn Frauen haben an diesem rätselhaften Tag eine Empfängnis und gebären neun Monate später Kinder, die sich verblüffend ähneln – und die beängstigend schnell heranwachsen. Mehr und mehr gruselige Ereignisse brechen über das Dorf hinein und die Kinder lassen sich partout nicht unter Kontrolle bringen. Aufgrund einer desaströsen Rezeption in den nordamerikanischen Kinos fristete «Das Dorf der Verdammten» in der Bundesrepublik ein trauriges Dasein als Videopremiere. Dennoch brannten sich einzelne Bilder dieses gegen den Trend gehenden, kaum auf Gewalt und nahezu ausschließlich auf atmosphärische Kameraeinstellungen setzenden Films ins popkulturelle Gedächtnis. Aus Komplettionsgründen sollten Carpenter-Freunde und Pediophobiker daher reinschalten – dank einiger Fehlbesetzungen dürfen sie aber nicht zu viel erwarten.