Cast und Crew
- Regie: Wolfgang Murnberger
- Darsteller: Wainde Wane, David Rott, Karl Merkatz, Miriam Stein, Tyron Ricketts, Erwin Steinhauer, Philipp Hochmair, Branko Samarovski, Margarethe Tiesel
- Drehbuch: Rupert Henning, Eva Spreitzhofer, Michaela Monzoni
- Produktion: Thomas Hroch, Gerald Podgornig
- Musik: Roman Kariolou
- Kamera: Peter von Haller
- Schnitt: Britta Nahler
Regie führt Routinier Wolfgang Murnberger («Das ewige Leben»), der «Kleine große Stimme» leider keinen persönlichen, charakteristischen Anstrich verleiht. Wohl aber vermag er es dank seiner Erfahrung, den zwischen verzaubert-idealistisch, dramatisch mit Rassismus abrechnend, und beiläufig-versöhnlich schwankenden Tonfall des Drehbuchs so zu orchestrieren, dass die Handlung kohärent erscheint. Murnberger erschafft mit lichtdurchfluteten, zu Sepiatönen neigenden Bildern (passend zur frei erfundenen Handlung) das Bild eines unaufgeklärten Fabel-Österreichs, welches noch allerhand in Sachen Kulturaustausch und Nächstenliebe zu lernen hat – oder schlicht hinsichtlich des gesunden Menschenverstands. Dass die Dialoge da teilweise ins Karikatureske überkippen, ist zwar nicht Murnbergers Vergehen, allerdings macht er sich mitschuldig, einige der diskutabelsten Zeilen mit einem inszenatorischen Ausrufezeichen zu versehen. Einer der größten Peiniger des jungen Benedikts (grandios: Wainde Wane) begründet etwa sein hasserfülltes, impulsives Verhalten mit einem dahingestammelten: „Der ist einfach … fremd!“ Und auch wenn die Autoren da spürbar versuchen, den Finger in die Wunde zu legen, und vorzuführen, wie dumm und blind Rassismus im Kern ist, so erscheint dieses Zitat im Kontext von «Kleine große Stimme» zu simpel, zu gerade heraus, zu ungelenk, um nachzuhallen.
Von solchem, vereinzelten Gestolper abgesehen, zu dem auch eine „progressive“ Lektion des von David Rott insgesamt sehr charismatisch verkörperten Kapellmeisters Max Goldberg zählt (die nach dem Motto funktioniert: „Benedikt ist schwarz, wir sind weiße Europäer, wenn ich Klassik mit Boogie Woogie mische, ist das so, als würden wir uns bestens verstehen!“) hat «Kleine große Stimme» aber das Herz am rechten Fleck. Beziehungsweise: Eben nicht am rechten Fleck, denn «Kleine große Stimme» findet (lobenswerterweise) harsche Worte für Alltagsrassismus und engstirnige „Jo, mei, andersch kennisch halt niascht“-Denkweisen. Die holprige Hauruckdramatik des Drehbuchs nimmt dieser Vorgehensweise aber ein wenig von ihrer Wirkkraft, wozu die zwar süß gespielte, aber überflüssige Dreiecksgeschichte zwischen dem aufgeklärten Max Goldberg, seinem rückständigen Nebenbuhler Roschek (Philipp Hochmair) und der gutmütigen Elsa (Miriam Stein) auch einen Beitrag leistet.
Zur Entschädigung gibt es handwerklich sehr gelungene Musikeinlagen (eingespielt vom Radiosymphonieorchester Wien und nicht nur typische Knabenchormusik abdeckend) sowie in Form von Hauptdarsteller Wainde Wane eine Neuentdeckung, die Gold wert ist. Besonders rührend, wenn auch dramaturgisch bemüht eingeführt, ist dessen Interaktion mit Karl Merkatz als Goldberg senior, der für den Buben ein offenes Ohr hat. Denn der ältere Herr musste mit ansehen, wie seine Ehefrau zur Zeit des NS-Regimes von den Nazis verschleppt wurde, und weiß dadurch, wie egal es seinen Nachbarn war, dass der angeblich unbescholtene Normalbürger voller Hass und Ignoranz sein kann.
Fazit: «Kleine große Stimme» ist ein solide gemachtes, optimistisches und dennoch kritische Töne anschlagendes Rassismus-Drama für das Familienpublikum, das trotz Holperdramaturgie und eines unnötigen Subplots mit Charme aufwarten kann.
«Kleine große Stimme» ist am 30. Dezember 2015 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.