Zur Person: Philipp Steffens
Philipp Steffens ist Fiction-Chef des Kölner Senders RTL. Er trat dort vor einigen Jahren die Nachfolge von Barbara Thielen an. Der gebürtige Düsseldorfer, Jahrgang 1979, gründete direkt im Jahr seines Abschlusses an der Filmakademie Baden-Württemberg seine erste eigene Produktionsfirma - die Green Sky Films, die gemeinsam mit den ITV Studios für Sat.1 den Erfolg «Der letzte Bulle» entwickelte. Mit seiner Twenty Four 9 Films produzierte Steffens für RTL später «Der Knastarzt», auch an der TNT Serie-Produktion «Weinberg» war er beteiligt.Ja, ganz neutral! (lacht) Aber genauso ist ja auch der Film gehalten. Wir haben eine fiktionale Sichtweise auf die historischen Ereignisse – daher ist das Schuhwerk passend. (lacht)
Wie viel Realität steckt in dem Film?
Wir haben vor allem einen fiktionalen Stoff, aber mit Inhalten, die von Historikern belegt sind. Für RTL gilt es einen Film zu machen, der ein großes Publikum anspricht. Die Herausforderung war es in diesem Fall, eine moderne Brüder-Geschichte zu erzählen. Ich denke, es ist uns gelungen, aus einem historischen Stoff das Universelle, Zeitlose herauszuarbeiten, damit die Zuschauer auch dranbleiben.
Wie sind die Reaktionen bei den Firmen Adidas und Puma auf den Film?
Beide Firmen haben uns ganz eng bei dem Projekt unterstützt. Sie haben uns u.a. auch die Erlaubnis erteilt, die historischen Schuhe nachzubauen, die im Film zu sehen sind – beide Marken. Auch für die anschließende Dokumentation waren die beiden Hauptdarsteller in Herzogenaurach bei adidas und Puma. Wir sind in einem engen Austausch mit den Firmen.
Neben dem «Duell der Brüder» gab es auch ein „Duell der Sender“, da die ARD ähnliche TV-Pläne hatte…
Ich weiß gar nicht so genau, wie weit die Kollegen da sind. Wir haben uns von Anfang an immer auf unser Projekt konzentriert und sind sehr glücklich damit.
Wie zufrieden sind Sie mit dem letzten RTL-Eventfilm «Starfighter»?
«Starfighter» hatten wir ursprünglich im letzten Frühjahr geplant. Nach dem tragischen „Germanwings“-Absturz haben wir eine halbe Stunde später schon alle Trailer aus dem Programm genommen, was richtig war. Wir wollten ihn aber auch nicht auf ewig verschieben, so dass wir uns für den Herbst entschieden haben. Das bedeutete aber eine ganz andere Gegenprogrammierung, und es herrschte ein anderes Befinden in der Bevölkerung. Vor diesem Hintergrund war «Starfighter» trotzdem ein Erfolg für uns. Sicherlich hätten wir uns von den Zuschauerzahlen etwas mehr erhofft, aber mit dem Feedback in den sozialen Medien, der Presse und der Branche können wir sehr zufrieden sein.
Hat sich Ihre Fiction-Ausrichtung danach verändert?
Wir folgen einer langfristigen Strategie, bei der wir auf langlaufende Serien und besondere Filme setzen – eben wie jetzt mit der Geschichte von Adidas und Puma durch den hohen Bekanntheitsgrad der Marken. Die Serien-Strategie geht klar auf wie man anhand «Der Lehrer» sieht. Hier haben wir von Anfang an auf zehn und mittlerweile sogar auf 13 Folgen gesetzt. Auch von «Alarm für Cobra 11» produzieren wir regelmäßig mindestens 16 Folgen im Jahr. Am Donnerstagabend haben wir somit eine klare Verabredung mit den Zuschauern – sei es ein klarer Krimi-Abend, wo auch «Alarm für Cobra 11» dazuzählt – oder eben unsere Dramedy «Der Lehrer». Diese Serien bilden dann eine gute strategische Ausgangsbasis, um neue Sachen anzuschieben.
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Es zeigt sich, was man mit so einem unterhaltsamen Format wie „Der Lehrer“ alles machen kann! Da geht es um Inklusion, Islam-Kritik, Magersucht oder Mobbing – das sind große Themen, mit denen Sie auf anderen Sendern anders aufgeladen höchstdramatische Filme sehen
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Philipp Steffens über «Der Lehrer»
Ja, in der Tat! (lacht) Es freut mich, dass die Strategie aufgeht, nach «Der Lehrer» mit Sitcoms weiterzumachen. Mit «Der Lehrer» haben wir ein Format, das auf der einen Seite breite Unterhaltung ist und darüber hinaus aber auch sozial-relevante Themen bespricht. Diese Kombination ist für mich das schwierigste, das man heutzutage machen kann. Da sehe ich uns immer so ein bisschen wie ein Harlekin, der den König Zuschauer unterhalten muss: Wenn schon gesellschaftlich relevante Themen und Probleme, dann aber bitte mit Humor. Und unsere Themen diskutieren die Leute. Das sehen wir in den sozialen Medien. Da liest man dann rührende Sachen im Anschluss. Es zeigt sich, was man mit so einem unterhaltsamen Format wie «Der Lehrer» alles machen kann! Da geht es um Inklusion, Islam-Kritik, Magersucht oder Mobbing – das sind große Themen, mit denen Sie auf anderen Sendern anders aufgeladen höchstdramatische Filme sehen. Daher wirklich toll, was das «Lehrer»-Team da leistet!
War es eine bewusste Entscheidung, der Serie «Sekretärinnen» nach der durchwachsenen Erstausstrahlung nun eine zweite Chance zu geben – mit Hoffnung auf Verlängerung?
Nein, soweit haben wir gar nicht gedacht. Aber wir finden es toll, dass so eine Serie jetzt nochmal eine ganz andere Aufmerksamkeit bekommt. Wir haben ein Pendant gesucht, das auf den Donnerstag passt. Zunächst haben wir den starken „Dschungel“ genutzt und die «Sekretärinnen» im Anschluss programmiert. Umso mehr freut es uns, dass das auch ohne «IBES» funktioniert hat.
Neben solchen Wiederholungen bestücken Sie das Programm aber auch bald mit drei neuen Sitcoms (wir berichteten) - Nach dem Motto: Wenn die reale Nachrichtenlage schon ernst ist, müssen die Zuschauer wenigstens im Fernsehen wieder mehr zu lachen haben…?
Grundsätzlich ist das sicher richtig, aber Lachen ist durchaus auch in Zeiten einer ruhigeren Nachrichtenlage sehr populär. Und wir arbeiten bereits seit nunmehr knapp zwei Jahren an neuen Sitcoms für RTL. Wir sind froh, dass wir nun für drei Entwicklungen grünes Licht zur Produktion geben konnten, nachdem wir in 2014 unseren deutschlandweiten Sitcom-Pitch gestartet hatten. Weitere Stoffe sind noch in Entwicklung und wir werden auch darüber hinaus an der erneuten Etablierung dieses TV-Formates in der RTL-Primetime arbeiten. Frei nach dem Motto unseres aktuellen Claims: Willkommen zuhause!
RTL-Programmgeschäftsführer Frank Hoffmann sagte bei Ihrem Amtsantritt, dass Sie „besonderes und dabei populäres Fernsehen produzieren“ – wie gelingt dieser Spagat?
Ich glaube, genau das ist die größte Herausforderung in der heutigen Zeit. Man sieht das bei der Fragmentierung und bei den kleinen Sendern, die Fernsehen eher für die Nische machen. Wir brauchen Autoren, die ein breites Publikum erreichen können. Das ist heute auch schon wieder etwas anderes als vor zehn Jahren. Dennoch: RTL war immer laut und wird immer laut sein. Es muss ja nicht immer gleich eine Explosion sein.
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Wenn man sich die Kritiken und den Umfang der Berichterstattung im Vorfeld angeschaut hat, war die Erwartungshaltung in den Medien höher als bei uns. Wenn es nach der Kritik der geschätzten Presse gegangen wäre, hätten wir Quote machen müssen wie das „Dschungelcamp“.
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RTL-Fiction-Chef Philipp Steffens über «Deutschland 83»
Wenn man sich die Kritiken und den Umfang der Berichterstattung im Vorfeld angeschaut hat, war die Erwartungshaltung in den Medien höher als bei uns. Wenn es nach der Kritik der geschätzten Presse gegangen wäre, hätten wir Quote machen müssen wie das „Dschungelcamp“ (lacht). Wir haben das aber sehr realistisch eingeschätzt und «Deutschland 83» auch als Leistungsschau gesehen. Viele haben wir überrascht, dass wir so eine Serie machen. Überraschungen sind immer schön und auf das Image hat die Serie zudem eingezahlt. Dass die Quoten am Ende nicht so stabil waren, wie wir uns das erhofft haben, hat verschiedene Gründe. Aber international konnten wir erstmalig mit Fiction made by RTL so hohe Aufmerksamkeit generieren. Das ist super. Ob wir jetzt weitermachen oder nicht, da sind wir noch im Gespräch.
Sie sind in diesen Tagen genau zwei Jahre RTL-Fiction-Chef – Können Sie ein erstes Fiction-Fazit ziehen?
Ich glaube, wir sind auf einem sehr guten Weg, neue Serien zu lancieren, die das Zeug haben, lange zu laufen. Das werden wir in den nächsten Monaten weiter forcieren – mit Piloten oder gleich mit Staffelbeauftragungen. Außerdem arbeiten wir an weiteren Kino-Koproduktionen und Event-Filmen. Wir haben aber kein Diktat und sagen, wir müssen so und so viele Event-Filme im Jahr machen. Das Thema muss uns überzeugen. Da sind wir in der Produzentenlandschaft gut im Gespräch. Wir wollen auf Stoffe mit einem hohen Aufmerksamkeitspotential setzen – wie jetzt bei Puma und Adidas. Wir schauen auch, ob wir innerhalb der Bertelsmann-Welt – dazu gehört ja auch Random-House als Buchverlag oder Gruner+Jahr und das Musiklabel BMG – etwas an Themen schöpfen können. Da ist der Austausch lebendig. Ich sehe RTL also als Studio. Innerhalb der Wertschöpfungskette gibt es da alles.
Wie wichtig sind denn diese sogenannten Leuchtturm-Projekte für RTL – wie jetzt Karfreitag «Duell der Brüder» oder kommendes Weihnachten «Winnetou»?
Leuchttürme sind sicherlich für uns wichtig – vor allem in Zeiten der Eventisierung. Damit wollen wir ein großes Publikum zu RTL lotsen. Aber ich glaube, dass das nicht immer so planbar ist. Mit «Winnetou» werden wir wieder ein großes Event haben. Aber mit diesem Begriff gehen wir sehr behutsam um. Die Themen liegen nicht auf der Straße. Wenn etwas zu uns passt, entscheiden wir schnell, wie im Falle von «Duell der Brüder» oder auch «Winnetou». Insofern wollen und werden wir auch zukünftig solche Leuchttürme haben.
Vielen Dank für das Gespräch!
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