«The Choice - Bis zum letzten Tag»
- Kinostart: 10. März 2016
- Genre: Drama/Romanze
- FSK: 6
- Laufzeit: 111 Min.
- Kamera: Alar Kivilo
- Musik: Marcelo Zarvos
- Buch: Bryan Sipe
- Regie: Ross Katz
- Schauspieler: Benjamin Walker, Teresa Palmer, Alexandra Daddario, Maggie Grace, Tom Wilkinson, Tom Welling
- OT: The Choice (USA 2016)
Stattdessen will Frau ja einfach nur das machen dürfen, was sie will – und nicht andauernd auf ihr vermeintlich schwaches Geschlecht reduziert werden. Mit der gerade im Young-Adult-Abenteuergenre zuletzt vorherrschenden Konzentration auf starke, weibliche Heldinnen und der bei den diesjährigen Oscars überdurchschnittlich hohen Anzahl überragender Frauenrollen geht auch Hollywood erstmals einen Schritt in die richtige Richtung. Doch einer scheint von dieser Sache bislang entweder noch nichts mitbekommen zu haben, oder hält davon schlichtweg nichts. Ob blinde Naivität oder rückständige Absicht: Das in Ross Katz‘ («Adult Beginners») neuester Regiearbeit «The Choice – Bis zum letzten Tag» dargestellte Frauenbild unterstreicht die Notwendigkeit der Gleichberechtigungsdiskussion. Schon lange wurde eine weibliche Figur nicht mehr so sehr auf ihre natürlichen Triebe reduziert, wie im Falle dieser Nicholas-Sparks-Adaption.
Wenn sich ein schöner Mensch vor schöner Kulisse in einen anderen schönen Menschen verliebt...
Travis Parker (Benjamin Walker) ist überzeugter Junggeselle und hat alles, was er sich wünscht: Einen guten Job, ein Haus mit Meerblick in dem schönen Küstenstädtchen Beaufort, Freunde, mit denen er um die Häuser zieht und Affären ohne Ende. Als die hübsche Medizinstudentin Gabby Holland (Teresa Palmer) in das Nachbarhaus einzieht, ändert sich alles in seinem Leben: Travis fühlt sich magisch von ihr angezogen, sogar eine ernsthafte Beziehung scheint ihm plötzlich vorstellbar. Anfangs widersteht Gabby schlagfertig den Charmeoffensiven des smarten Tierarztes. Doch etwas an diesem Mann fasziniert sie: ist es seine Unbekümmertheit, sein spitzbübischer Witz oder sein immenses Selbstvertrauen? Ein unausgesprochenes Verlangen knistert zwischen den beiden bei jeder Begegnung, sehr zum Leidwesen von Gabbys langjährigem Freund Ryan. Travis bleibt hartnäckig, ahnt aber nicht, dass ihn diese Liebe vor die größte Entscheidung seines Lebens stellen wird.
Man macht es sich viel zu einfach, wenn man zu Beginn einer „Nicholas-Sparks-Kritik“ darauf verweist, dass sämtliche auf dessen Romanen basierenden Filme nach demselben Schema funktionieren. Auch der recht hohe Schmalzanteil ist schlicht eines der Merkmale solcher Produktionen. Auch, weil das Publikum danach verlangt. Doch selbst unter diesen Umständen lassen sich qualitative Unterschiede ausmachen. Bei aller Austauschbarkeit ist die Nachfrage schließlich da und Sparks die erste Anlaufstelle für Liebhaber des weltfremd-naiven Liebeskinos. «Kein Ort ohne Dich» und «Safe Haven» erwiesen sich aufgrund einer hübschen Pointe und einer soliden Charakterzeichnung als weitestgehend gelungen, wohingegen sich «The Best of Me» fast nur noch als Eigenparodie ertragen ließ. Doch im Vergleich zu «The Choice – Bis zum letzten Tag» wirkt selbst letzterer Vertreter sehenswert, denn im Skript von Bryan Sipe («Alpha Mail») herrschen Anarchie, Unordnung und Lieblosigkeit. Das fängt schon bei den Figuren an: War diesen bislang immerhin noch der Funke eines eigenen Willens vergönnt, definieren sich diese in «The Choice» nur noch über ihren Hormonhaushalt.
Nach dem halbwegs geglückten, da zwanglos-humoristischen Kennenlernen der beiden Hauptfiguren, geht es für alle Beteiligten steil bergab. Wird die von einer hoffnungslos gegen die seichten Dialoge anspielenden Teresa Palmer («Point Break») verkörperte Gabby zu Beginn noch als strebsame Tiermedizin-Studentin etabliert, ist das ab dem Moment nicht mehr relevant, in dem sie Travis kennenlernt. Gehen Gabby und er nach ein wenig Dialog-Vorgeplänkel über die Faszination für Tiermedizin nämlich erst einmal auf Tuchfühlung, wird innerhalb des Skripts darauf verzichtet, das vorab angedeutete Ass eines durchaus vorhandenen Intellekts weiter auszuspielen. Aufgrund ähnlicher Interessen erweist sich die Anziehungskraft zwischen Gabby und Travis (verkrampft: Benjamin Walker, «Abraham Lincoln: Vampirjäger») zwar als glaubwürdig, doch wenn sich die junge Frau in einer Szene damit auseinandersetzen muss, dass sie mit ihrem neuen Freund ihren langjährigen Verlobten betrogen hat und sich nun für einen der beiden entscheiden muss, widerspricht ihre hier dargestellte Ahnungslosigkeit der Weisheit dieser eingangs so smarten Figur.
Grobe Mängel im Drehbuch
Blickt man auf die Genreherkunft und die vermeintlichen Bedürfnisse der zugehörigen Zielgruppe, so ließe sich die erste Stunde von «The Choice» vielleicht irgendwie noch als grenzenlos naive Lovestory verstehen, die trotz (oder gerade wegen?) ihres durch und durch weltfremden Blicks auf das Suchen und Finden der Liebe die emotionalen Irrungen und Wirrungen ihrer möglicherweise nicht ganz so lebenserfahrenen Zuschauer zu umschreiben weiß. Jeder, der schon einmal verliebt war, weiß, dass die eigenen Handlungen und Taten in dieser Phase nicht immer auf logischen Entscheidungen basieren müssen. Insofern lädt das blauäugige Handeln von Gabby durchaus dazu ein, mit ihr zu sympathisieren, was die Reduktion auf ihr Dasein als Bettgespielin nicht relativieren soll. Dennoch folgt «The Choice» hier noch weitestgehend einer Logik, die man im Nicholas-Sparks-Universum gelten lassen kann, wenn man beide Augen zudrückt und sie so vor dem verklärenden Zuckerguss versteckt, mit der natürlich auch dieses Liebesdrama über und über besudelt ist.
Der Knaller folgt allerdings erst in der zweiten Hälfte, in der das Drehbuch plötzlich die irrwitzigsten Sprünge macht. Ein Heiratsantrag erinnert in seiner Ausführung an einen Sketch ohne Pointe, philosophische Lebensweisheiten folgen im Minutentakt und der mal schief gehende («The Best of Me»), mal funktionierende («Safe Haven») Schlusstwist, für den ein Großteil der Nicholas-Sparks-Romane bekannt ist, verpufft hier im Rahmen eines allzu holprigen Finals. So erweckt «The Choice» den Eindruck, am Drehbuch hätten zwei Leute mitgewirkt, die von der Mitarbeit des jeweils anderen nicht wussten. Entsprechend ist der Film nicht nur eine Frage des Geschmacks, sondern besitzt offensichtliche handwerkliche Mängel, die es nicht auf die Leinwand hätten schaffen dürfen. Aber da spricht ja auch schon das durch und durch gephotoshoppte Kinoplakat Bände…
Fazit: Das ewig gleiche Konzept von schönen Menschen, die sich vor schönen Kulissen ineinander verlieben und schließlich vom Schicksal getrennt werden, tritt auch in «The Choice» in Kraft. Doch abseits dieser simplen Formel hat der Film absolut nichts zu bieten, denn offenbar empfand Regisseur Ross Katz Dinge wie eine nachvollziehbare Charakterzeichnung als unnötigen Ballast, den es zu entfernen galt. Sogar die Sparks-typische Pointe am Schluss spiegelt die Mutlosigkeit dieses Films wieder. Dadurch ist «The Choice» mit seiner banalen „Eine einzige Entscheidung kann unser Leben für immer ändern“-Message die bislang schlechteste Adaption eines Nicholas-Sparks-Romans.
«The Choice – Bis zum letzten Tag» ist ab dem 10. März bundesweit in den Kinos zu sehen.
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