Die Kritiker

«Duell der Brüder - Die Geschichte von Adidas und Puma» - Spannendes Thema = guter Film?

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Zwei Brüder, ein Traum - Der Stoff aus dem große Geschichten sind. Dachte sich auch RTL und nahm sich dieser deutschen Erfolgs- und Familiengeschichte an. Doch wie schlägt sich der Film qualitativ?

Worum geht's?


Facts

  • Regie: Oliver Dommenget
  • Drehbuch: Christian Schnalke
  • Produzent: Michael Souvignier
  • Laufzeit: 113 Minuten
  • Darsteller: Ken Duken (Adolf Dassler), Torben Liebrecht (Rudolf Dassler), Picco von Groote (Käthe Dassler), Nadja Becker (Friedl Dassler)
Anfang der 20er Jahre bauen die Brüder Adolf und Rudolf Dassler gemeinsam eine Schuhmanufaktur im fränkischen Herzogenaurach auf. Tüftler Adi und Verkaufstalent Rudi werden zu einem starken Team und ihr gemeinsames Projekt zu einem erfolgreichen Betrieb, der sich auf Sportschuhe aller Art spezialisiert.

Und obwohl der 2. Weltkrieg die Produktion zum Erliegen bringt, rappeln sie sich wieder auf und feiern noch größere Erfolge. Wären da nicht die immer heftiger werdenden Streitereien der Beiden, die kompromisslos ihre jeweils eigenen Interessen verfolgen. Es kommt zum Bruch - eine Aufspaltung des Stammwerks wird zur Geburtsstunde der zwei Weltkonzerne Adidas und Puma...

Am Anfang ist Regen


Bern 1954 - am Tage eines der größten Triumphe der deutschen Fußballgeschichte startet der Film mit einem kurzen Blick in die Zukunft eines der beiden Protagonisten, Adolf Dassler, der durch den glücklichen Umstand eines plötzlich einsetzenden Platzregens seine Stollen in die Schuhe der deutschen Elitekicker schrauben darf. Der Rest ist Geschichte.

Herzogenaurach, 1924. Dreißig Jahre zuvor lotet man uns aber zuerst einmal das durchaus nicht unkomplizierte Verhältnis der beiden titelgebenden Brüder aus. Neid, Mißgunst, verschiedene Lebensweisen und Talente - Adolf und Rudolf arbeiten sich an verschiedenen Aspekten eines typischen Geschwisterverhältnisses ab - hier der Träumer, da der Realist - hier der Handwerker, da der Mann im Anzug - hier der Landjunge, da der Jetsetter. Man kreist umeinander, schätzt sich irgendwie und ist sich doch oft nicht grün. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Dabei wäre es so wunderbar, würde man die jeweiligen Talente des Anderen einfach erkennen und zu einer gemeinsamen Sache kombinieren. Wobei - ich greife sicher vor. Gar so schnell wird der Film freilich nicht zur Sache kommen.

Oh doch. Keine zehn Minuten Setup gönnt man den Charakteren bis Rudolf mit viel Pathos die zukunfsweisenden Worte an seinen Bruder richtet. Ich und du - du und ich. Na gut, große Dialogkunst muss man bei einem RTL-Eventfilm vielleicht nicht erwarten.Doch ist der Weg nach oben natürlich steinig. Den Brüdern kommt die Liebe dazwischen, wobei primär Rudolf schnell einmal vom Kern ihres Projekts abgelenkt ist während Adi permanent kreativen Input aufsaugt. Hier zeichnet der Film auch clever nach, was Menschen antreibt. Während Rudolf nach Anerkennung strebt und neben allen anderen auch ganz speziell seine Auserwählte Friedl beeindrucken möchte, steht für Adi immer das fertige Produkt im Zentrum seines Denkens. Ken Duken spielt den rastlosen Tüftler mit großäugiger Begeisterung, aber auch eine Spur distanziert. Kollege Liebrecht setzt seinen Rudolf mit großen Gesten und Worten und dem Charme eines Autoverkäufers an. Beides trifft.

Leben im Zeitraffer


Es geht mit großen Schritten voran: Hochzeit, Rückschläge, Streit und Versöhnung, erste Erfolge, Lügen, Verrat, Kinder und Nationalsozialismus. Die Jahrzehnte rauschen vorbei und halten das Interesse beim Zuschauer hoch. Man entschied sich hier seitens der Produktion eindeutig, das große Ganze zu überfliegen anstatt kleineren Begebenheiten großen Raum zuzugestehen. Diese Entscheidung ist durchaus in Ordnung, zeitweise aber offenbart das Drehbuch hier einen fehlenden Zugang zu tieferen Emotionen.

Das letzte Kapitel nimmt die letzten 20 Minuten des Films ein - dem großen Bruch zwischen den Brüdern, der Aufsplittung der Firma und dem Aufstieg von Adidas und Puma gibt man somit deutlich weniger Raum, als dem gemeinsamen Built-up und Weg. Am Ende ist es wieder 1954, Bern. Das Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Ungarn. Ehrensache, dass der Film hier auch dem Bruderverhältnis noch einmal emotionalen Raum bietet. Merke: Eine Firma aufzubauen, ist schon schwer. Aber Geschwister zu haben - darüber kann man ganze Filme machen.

Auf den Punkt gebracht


Ausstattung und Optik sind über jeden Zweifel erhaben. Das Team um Produzent Michael Souvignier hat keine Kosten und Mühen gescheut, das Deutschland ab den frühen 20er Jahren aufleben zu lassen. Ken Duken, Torben Liebrecht und der restliche Cast spielen kompetent, ohne jedoch zu glänzen. Erwähnenswert sind aber die starken Frauenfiguren, die jedoch mehr von ihren Darstellerinnen als vom Script profitieren. Der Soundtrack trägt die Atmosphäre, bleibt aber gemäßigt. Die Story ist flüssig geschrieben und inszeniert, größere Längen sucht man vergeblich. Dass die Geschichte der Brüder eine reine Abhandlung von Klischees und Vorhersehbarkeiten bleibt, liegt in der Natur der Sache und muss nicht als Mangel gelten. Somit kann man dem Film vom qualitativen Standpunkt wenig vorwerfen. Und doch: RTL hat sich hier erneut an einer Art sendereigenen Kernkompetenz im Bereich Eventfilm abgearbeitet: Faszinierende historische Eckdaten auf eine emotional beschauliche Story zu legen, die inhaltlich und in Sachen Charaktere/Dialoge keine Sekunde akkuraten Umgang mit wahren Begebenheiten für sich in Anspruch nimmt. Muss man mögen. Für den Zuschauer heißt das: Genau so könnte es damals gewesen sein. Vielleicht aber auch ganz anders. Wer an der wahren Geschichte nicht interessiert ist, kann sich entspannt zurücklehnen. Freunde von dokumentarisch geprägten Inszenierungen sollten aber vielleicht lieber woanders suchen.

Fazit


«Duell der Brüder» ist ein qualitativ stimmiger wenn auch in großen Teilen fiktiver Beitrag zur Aufarbeitung deutscher Geschichte, taugt als Familiendrama wie als zeitgenössisches Portrait und unterhält durchweg ohne dabei jedoch Anlass zur Extase zu bieten. Somit muss festgehalten werden: Der Stoff ist durchaus spannend, der Film destilliert daraus aber nicht mehr als routiniertes Niveau und bietet kompetente, wenn auch vorhersehbare Feiertagsunterhaltung für den schnellen Hunger.

«Duell der Brüder - Die Geschichte von Adidas und Puma» läuft am Karfreitag ab 20.15 Uhr bei RTL. Die DVD erscheint am gleichen Tag.

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