Auch «Star Trek» kehrt im Sommer mit dem bereits dritten Teil der Reboot-Reihe ins Kino zurück - doch damit nicht genug: Anfang 2017 präsentiert CBS auf ihrem Streamingportal CBS All Access sogar eine brandneue Serie. Das muss doch Stoff für Euphorie sein!
Stefan Turiak und Björn Sülter sind zwei, die es wissen sollten. Zwei Männer, ein runder Tisch, zwei Leidenschaften. Während im Kino aktuell Batman gegen Superman antritt und bald Iron Man auf Captain America prallen wird, lassen wir hier nun Captain Kirk und Darth Vader aufeinander los – zumindest in Form von Turiak & Sülter. Werden sie einen Konsens finden können oder heißt es am Ende: Lichtschwert gegen Sternenflottenphaser?
Warm-up
Hallo Stefan! «Star Wars» ist ja in diesem Jahr mehr als erfolgreich ins Kino zurückgekehrt - und das trotz Disney. Hat der Film für dich gehalten, was du dir versprochen hast?
Hallo Björn! Na, das war ja klar, dass sofort das Disney-Thema kommt. Es ist ja bekannt, dass nach dem Kauf von Lucasfilm durch Disney viele besorgte Stimmen unkten, künftig würden Mickey Mouse und Co. durch die heißgeliebten «Star Wars»-Filme tanzen – was natürlich Quatsch war und ist. Trotzdem steckte echte Sorgen dahinter.
Ganz nüchtern gesagt ist Disney ein Milliardenkonzern, der wie viele andere daran interessiert ist, Geld zu verdienen. Das soll keine Kapitalismus-Kritik sein, sondern liegt einfach in der Natur der Sache - auch in der Filmindustrie. Man mag davon halten, was man möchte und auch Disney selbst in vielerlei Hinsicht kritisieren, allerdings ist man dort meistens schlau genug, gute bis sehr gute, geistige Besitztümer einzukaufen und die richtigen Leute mit der Umsetzung zu betrauen. Und man ist einfühlsam genug, nicht Figuren und Charaktere in ein Universum zu quetschen, die dort nicht hingehören.
Apropos richtige Leute – mit J. J. Abrams holte man sich zumindest einen absoluten Fachmann und Fan der alten Filme an Bord. Das konnte ja eigentlich gar nicht schiefgehen, oder?
Steckbrief
Stefan Turiak ist als Redakteur bei Quotenmeter zuständig für Quoten-Analysen, Rezensionen & Schwerpunkte. Er ist außerdem freier Mitarbeiter bei Widescreen und Triggerfish sowie Fachmann in Sachen internationaler Film.Richtig. Die Prequels. Jar-Jar Binks und die Midi-Chlorianer…
So einfach ist es zwar nicht, aber fast. Als «Star Wars - Episode I: The Phantom Menace» 1999 startete und ich noch zarte 17 Jahre alt war, wollte ich den Film unbedingt mögen, aber es gelang mir einfach nicht. Und mit jedem darauffolgenden Film wuchs meine Enttäuschung. Also wurde ich einfach vorsichtig, um mir nicht noch einmal die Finger zu verbrennen.
Das kann ich absolut nachvollziehen - und es klingt ja jetzt fast rational und gar nicht nach Fanboy.
Das schließt sich ja nicht aus. Was ich mir jedoch erhofft hatte war, dass mich der neue Film wieder in dieses seit Kindestagen heiß geliebte Universum zurückholen würde, aus dem mich George Lucas so unsanft herausgeschmissen hatte. Und ja, das hat J. J. Abrams geschafft. Viele Leute stören sich daran, dass sie den Plot nicht für sehr originell halten - und das mag stimmen. Der Film hat auch sicher seine Schwächen, die mit jedem weiteren Schauen vermutlich auch deutlicher zutage treten. Aber, und das war mir bei diesem ersten Film der neuen Ära wichtig, hat er mein Herz angesprochen, nicht meinen Kopf (wie es «Star Trek» für mich leider zu oft tut).
Meaty stuff surfacing
Oh je, jetzt beginnst du aber früh damit, die Trekkies gegen dich aufzubringen…
Naja, woher kommt das wohl? Abrams ist schließlich nicht nur eine kontroverse Figur im «Star Wars»-Universum, sondern hat vielen Internetkommentaren zufolge auch schon das ganze «Star Trek»-Franchise auf dem Gewissen. Wie siehst du das denn, Björn?
Wir wollen mal nicht übertreiben. Abrams hat zumindest eines ganz klar geschafft – ein seit den letzten beiden Filmen um Captain Picard unattraktives, brach liegendes und darbendes Filmfranchise zu neuem Leben zu erwecken und neuen Zuschauerschichten zu öffnen.
Von einem Trekkie klingt das Wort "Zuschauerschichten" fast ein wenig herablassend. Kalkül?
Mitnichten. Das meine ich vollkommen wertfrei. «Star Trek» hatte sich verrannt – nicht nur die Filme waren zuletzt nur noch Schatten ihrer selbst, auch die letzte Serie «Star Trek: Enterprise» und genau genommen sogar die letzten Jahre von «Star Trek: Voyager» hatten eine sterbende Kuh nur immer weiter gemolken, obwohl die Milch schon längst nicht mehr schmeckte.
Die Fanbase war zunehmend zerstritten und verlor immer mehr das Interesse. Die Folge: Sinkende Quoten und schlechte Einspielergebnisse der Filme. Abrams hat alles auf null gesetzt, durchgelüftet, an den richtigen Stellschrauben gedreht, Zuschauer angelockt, die vorher wenig oder gar kein Interesse mehr für das Franchise aufbrachten und in der Summe dafür gesorgt, dass dieses Jahr nicht nur die Reboot-Filme schon in die dritte Runde gehen, sondern, dass CBS sich sogar an eine neue Serie traut. Und das ist etwas, was man lange nicht zu hoffen wagen durfte.
Der neue Film «Star Trek Beyond» wird von «The Fast and the Furious»-Regisseur Justin Lin inszeniert und der erste Trailer sieht für mich eher so aus wie ein Fast and Furitrek. Wie geht es dir damit?
Steckbrief
Björn Sülter ist bei Quotenmeter seit 2015 zuständig für Rezensionen, Interviews & Schwerpunkte. Zudem lieferte er die Kolumne Sülters Sendepause und schrieb für Die Experten und Der Sportcheck.Der Autor, Journalist, Podcaster, Moderator und Hörbuchsprecher ist Fachmann in Sachen Star Trek und schreibt seit 25 Jahren über das langlebige Franchise. Für sein Buch Es lebe Star Trek gewann er 2019 den Deutschen Phantastik Preis.
Er ist Headwriter & Experte bei SYFY sowie freier Mitarbeiter bei Serienjunkies, der GEEK! und dem FedCon Insider und Chefredakteur des Printmagazins TV-Klassiker und des Corona Magazine.
Seine Homepage erreicht ihr hier, seine Veröffentlichungen als Autor auf seiner Autorenseite.
Dann warten wir das zumindest mal ab. Leider setzt sich das Thema aber auch anderorts fort: Der Produzent der neuen Serie Alex Kurtzman hat meiner Ansicht nach einen sehr durchwachsenen Lebenslauf: «Alias» (Top!), «Fringe» (Top!), «Sleepy Hollow» (Naja… die Serie wohlgemerkt), «Scorpion» (Gähn!), «Limitless» (Doppel-Gähn!!). Von den «Transformers»-Filmen will ichl gar nicht erst anfangen. Bis jetzt ist das einzige, was einem Vertrauen einflößt, die Mitwirkung von Bryan Fuller, dessen Serien allerdings die Angewohnheit haben, spätestens nach der dritten Staffel Feierabend zu machen. Und CBS veröffentlicht die Serie scheinbar nur auf seiner eigenen, dubiosen Online-Plattform und scheint somit selbst nicht allzu viel Vertrauen in die Produktion zu haben. Was versprichst du dir also davon? Für mich springen da eher die Alarmglocken an.
Das sind jetzt aber viele Punkte auf einmal. Bei Kurtzman würde ich dir Recht geben, wobei ich ihn eher als eine Art Garant für ein mainstreamtaugliches Produkt sehe. In der Kombination mit Fuller ist er vermutlich der kühle, rationale Planer, der aufpasst, dass die Kreativen an der Serie das Ziel, eine auch kommerziell erfolgreiche Serie zu produzieren, nicht aus den Augen verlieren. Nach der Einbeziehung von Fuller und auch der von Nicholas Meyer sehe ich die Rolle Kurtzmans allerdings sehr entspannt. Ob Fuller diesmal durchhält oder ob es erneut bei einer kurzen Angelegenheit bleibt, muss man einfach abwarten – er ist nach eigenem Bekunden ja ein großer Fan und wird sicher sein Möglichstes tun. Im Endeffekt sind mir drei Staffeln einer Serie wie «Hannibal» aber lieber als doppelt so viele von einem Rohrkrepierer.
Im Falle von CBS siehst du es meiner Ansicht nach genau falschrum – sie trauen dem Trek-Brand den Status des Zugpferdes ihrer Online-Plattform CBS All Access zu – was ich eher als gewagt und etwas zu optimistisch bezeichnen würde. Abgesehen davon wird die Serie ja in der restlichen Welt ganz regulär verkauft, da der Online-Dienst eine reine US-Geschichte ist. Hier sollte man die Alarmglocken im Schrank lassen. Bei mir schrillen sie eher, wenn ich die Flut an «Star Wars»-Filmen auf uns zu rauschen sehe. Gerade Episode VII abgehakt, bald der erste Anthology-Film, dann noch vier weitere Filme im Jahresabstand und eine Serie schwelt doch auch noch oder? Ist das nicht exzessiv und letztlich vollkommen übertriebene Gier seitens Disney? Qualitativ kann das doch beim besten Willen nicht klappen!
Naja, Marvel bringt zusammen mit Disney zwei Filme pro Jahr heraus und das scheint ziemlich gut zu funktionieren. Bis jetzt sehe ich das alles ziemlich optimistisch.
Zugestanden. Der ganze Marvel-Kram ist zwar überhaupt nicht meins, aber murren ob fehlender Qualität durch zu viel Output hört man die Fans bisher nicht, das stimmt. Aber wir waren ja bei «Star Wars», oder wolltest du dezent vom Thema ablenken?
Niemals! Der «Rogue One»-Teasertrailer war meiner Ansicht nach sehr vielversprechend, mit Gareth Edwards wurde zumindest ein visuell aufregender Regisseur gefunden, Felicity Jones ist eine spannende Hauptdarstellerin, dann hätten wir noch Bryan Fuller-Buddy Mads Mikkelsen, Ben Mendelsohn und Forest Whitaker im Cast. Was gibt es da nicht zu mögen, oder gar zu lieben?
Das «Star Wars»-Universum bietet unendlich viele Charaktere, unendlich viele Möglichkeiten der Entfaltung und Geschichten, die sich nicht nur um Jedi-Ritter drehen müssen. Wenn es sich wirklich nur um Gier seitens Disney handeln würde, würde man nicht Leute mit der Umsetzung betreuen, die schon seit ihrer Kindheit quasi «Star Wars» atmen. Wir Fans haben wahrscheinlich alle als Kinder unsere kleinen «Star War»s-Fortsetzungen in den heimischen vier Wänden oder vor der Haustür mit unseren Freunden umgesetzt. Diese Leute können dies nun auf der großen Leinwand machen - und das freut mich sehr.
Das stimmt schon, wobei die Leute bei Disney natürlich auch meist schlicht wissen, was sie tun. Von daher ist das Einsetzen von Könnern wieder weniger Fanliebe als am Ende eben doch Freude am guten Einspielergebnis…
All hands, brace for impact!
Wenn beides klappt – warum nicht? Und selbst wenn nicht jeder Film ins Schwarze treffen wird - zumindest das müssten «Star Trek»-Fans nach 11 Kinofilmen und vier TV-Serien doch kennen - stehe ich dem Projekt viel optimistischer gegenüber, als wenn George Lucas noch das Heft in den Händen halten würde. «Star Trek» steht da in meinen Augen auf viel wackeligeren Beinen und scheint nicht so wirklich zu wissen, wen es eigentlich ansprechen möchte: Den Actionfan? Den «Star Trek»-Fan? Da scheint es mir oftmals nicht viele Überschneidungen zu geben. Vielleicht liegt es einfach daran, dass Trekkies richtige Action nicht gewohnt sind, abseits von dem, was eine amerikanische Kritikerkollegin für mich einmal passend als Trek-Fu bezeichnete und damit die niedlichen Nahkampfsequenzen beschreibt, die ich schon in so vielen Trek-Serien gesehen habe. Was wollt ihr Fans eigentlich von den Serien und Filmen? Weil nur mit von einem Planeten zum nächsten Planeten hüpfen und brav über Leben, Wissenschaft und Gesellschaft philosophieren, wird man auf Dauer wenig Leute ins Kino, vor den Fernseher oder zur CBS-Streamingplattform locken.
Ui, jetzt geht’s aber los. Bezüglich des reichhaltigen «Star Wars»-Universums gebe ich dir natürlich absolut Recht. Wenn man diese Vielfalt nutzt, sind schnell eine ganze Reihe von Filmen kompetent gefüllt. Bei «Star Trek» muss und will ich dir jedoch widersprechen. Die Fans wissen im Kern glaube ich ziemlich genau, was sie wollen – die Frage ist zumeist eher, ob die Verantwortlichen es auch wissen und/oder ob ihnen bewusst ist, für was für Einspielergebnisse oder Zuschauerzahlen das im Endeffekt noch reichen würde. Und sollte ihnen das bewusst sein, in welchem Maße sie diesem Faktor noch Relevanz beimessen.
«Star Trek» hat den großen Hype Mitte der 90er gehabt – seitdem geht es konstant nach unten. Einzig Abrams konnte dem zuletzt mit zwei Filmen entgegenwirken, die aber eine Reihe von Hardcore-Fans mit ihrer seichteren Gangart verprellt haben, aber dafür eben auch ein anderes, größeres Publikum fanden. Von daher hat man von einer rein ökonomischen Warte alles richtig gemacht. Und wenn man sich den aktuellen Trailer anschaut, könnte das natürlich durchaus auch weiterhin klappen, wobei für mich immer die Frage ist: Bekommt man weiterhin die alten Fans (gerade noch so) und die Normalos (in welchem Maße auch immer) wirklich an Bord? Reicht der neue Trailer aus, die Actionbombastfraktion zu begeistern? Ich sage: Nein. Reicht er aus, Hardcore-Trekkies ins Kino zu holen: Ebenfalls nein. Könnte dieses Mal also durchaus schiefgehen - muss aber nicht. Viel relevanter wird es jedoch sein, auf dem TV-Schirm den Kern von «Star Trek» zu reaktivieren und keine blutleere Ballerorgie zu kredenzen. Mit Fuller und Meyer hat man dafür bereits gute Leute – nun ist die Frage: Haben diese den Mut und die Handhabe? Wenn du es definieren müsstest, was wäre für dich denn «Star Trek»?
Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Stefan Turiak & Björn Sülter über gutes «Star Trek» denken und was sie für den Erfolg von «Star Wars» verantwortlich machen. Außerdem interessant: Ob sich die Beiden noch werden einigen können?
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
21.04.2016 14:47 Uhr 1
Während auf der anderen Seite der derzeitige, extreme Hype von Star Wars die Autoren derart beflügelt, dass vorhandene Schwächen nahezu ignoriert werden.
Vielleicht liegt es auch daran, dass der Vertreter der Star Trek Seite gleichzeitig zu sehr Star Wars Fan ist. Dadurch verschiebt sich das Kräfteverhältnis etwas.
Ein bissigerer "Kampf" wäre hier deutlich spannender gewesen. Aber dennoch: Gerne mehr solcher Artikel!
21.04.2016 16:21 Uhr 2