TV-News

Merkel erteilt Verfolgungsermächtigung: Ermittlungen gegen Böhmermann

von   |  15 Kommentare

Shitstorm gegen Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin lässt eine Strafverfolgung gegen ZDF-Moderator Jan Böhmermann zu - auf Wunsch des Partners Türkei. Den umstrittenen Paragraphen 103, auf den die Türkei sich beruft, hält sie aber eigentlich für entbehrlich. Er soll demnächst abgeschafft werden.

In den vergangenen Tagen hat die deutsche Bundesregierung geprüft, ob es dem Strafverlangen des türkischen Staatsoberhauptes Erdogan eine Verfolgungsermächtigung erteilt. Somit könnte gegen den ZDF-Moderator nach dem 103. Paragraphen des Strafgesetzbuchs, das verbietet ein ausländisches Oberhaupt zu beleidigen, ermittelt werden. Die Kanzlerin erklärte vor der Hauptstadtpresse, dass es während des Prozesses der Prüfung des Anliegens der Türkei unterschiedliche Auffassungen gegeben habe. Darüber schrieben Medien schon am Freitagvormittag. So soll die SPD dagegen gewesen sein, dem Wunsch des türkischen Präsidenten nachzukommen, das Kanzleramt aber dafür.

Die Entscheidung ist letztlich, dass die Regierung ein Verfahren gegen Jan Böhmermann wegen eines Verstoßes gegen den 103. Paragraphen zulassen wird. Merkel betonte in der Rede die Wichtigkeit der Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei. Erdogan ist etwa eine Schlüsselfigur beim Lösen der Flüchtlingskrise. Unklar ist, welche Auswirkungen diese Entscheidung auf die Zukunft von Jan Böhmermanns Fernsehsendung «Neo Magazin Royale» haben wird. Zuletzt ließ Böhmermann seine ZDFneo-Sendung und auch seine Radioshow von radioeins ausfallen. Merkel hat somit die Meinungs- und Pressefreiheit hinten angestellt. Merkel will mit der Entscheidung auf die Gewaltenteilung setzen - und somit eine Entscheidung herbeiführen. Experten rechnen damit, dass Jan Böhmermann maximal mit einer Geldstrafe rechnen muss.

Geht es nach den deutschen Bürgern, dann ist eine Mehrheit übrigens gegen eine Strafverfolgung. Das ist das Ergebnis einer Umfrage von Emnid um Auftrag des Nachrichtensenders N24. 82 Prozent der Befragten wollen nicht, dass Merkel ein Verfahren zulässt.

Update 16.35 Uhr: Regierungsvertreter der SPD haben Kanzlerin Merkel für die getroffene Entscheidung am Freitagnachmittag massiv kritisiert.



Kurz-URL: qmde.de/84980
Finde ich...
super
schade
22 %
78 %
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelDie Akte Böhmermannnächster Artikel66. Deutscher Filmpreis: Die Nominierungen
Es gibt 15 Kommentare zum Artikel
Sentinel2003
15.04.2016 13:25 Uhr 1
Sprachlos!



Fehlt nur noch, das Böhmermann seine Sendung verliert.
profizocker
15.04.2016 13:46 Uhr 2
Jeder so wie er es verdient, es kann doch niemand ernsthaft glauben, dass Böhmermann ohne Konsequenzen davon kommen kann.
P-Joker
15.04.2016 14:10 Uhr 3
Richtig war, dass die Bundesregierung die Klage zugelassen hat!



Falsch dagegen war allerdings in Frau Merkels Rede, die Wichtigkeit der Beziehungen zur Türkei zu erwähnen.

Die haben damit nichts zu tun und dürfen nichts damit zu tun haben!



Richtig ist, dass solange dieser Paragraph 103 existiert, jeder ausländische Staatsmann das Recht hat zu klagen.

Dabei ist es egal ob es sich um einen gemäßigten Demokraten wie z.B. Hollande,

einen Möchtegern-Diktator wie Erdogan, oder um den Kaiser der Marsmännchen handelt!



Das alles sagt uns, das weder Erdogan noch die Bundesregierung das Recht haben zu entscheiden,

ob dieses "Gedicht" Rechtmäßig war oder nicht.

Das alleine hat immer noch ein Gericht zu entscheiden, und dazu wird es ja jetzt kommen.



Das alles bezieht sich jetzt auf den Paragraph 103.

Schlimm genug, dass nie jemand dran gedacht hat das es den noch gibt, und man ihn nicht längst abgeschafft hat.

Das sollte aber nach diesem Vorfall schnellstens geschehen.

Dann könnte Erdogan nur noch per Paragraph 185 klagen, wie jedermann.

Denn was soll schlimmer daran sein, einen türkischen Diktator zu beleidigen, als z.B. einen italienischen Pizzabäcker oder einen spanischen Busfahrer?



Das 82 % der Deutschen gegen eine Zulassung des Verfahrens sind, zeigt deutlich wie das Bildungsniveau hierzulande abbaut!

Von den Leuten bedenkt wohl niemand, dass Deutschland immer noch ein Rechtsstaat ist.

Wie der funktioniert habe ich oben ja teilweise beschrieben.
Serienfreak
15.04.2016 14:56 Uhr 4
Sehr richtige Entscheidung! Die Aussagen waren sehr beleidigend. Ob das durch Satire gedeckt ist entscheiden nun die Gerichte. So sollte es auch sein. Warum sollte die Kanzlerin da vorgreifen und ein Verfahren unterbinden? Dazu ist die Frage auch viel zu wichtig. Es wurde niemand verurteilt, Merkel hat Herrn Böhmermann nicht persönlich an den Galgen gehängt, sondern es entscheiden nun eben die Gerichte. Genau das ist auch richtig in einem Rechtsstaat. Also mal alle locker durch die Hose atmen.
Familie Tschiep
15.04.2016 15:39 Uhr 5
Wo bleiben Merkels offene Worte für die Journalisten und Künstler, die in der Türkei sich vor Gericht verantworten müssen und vielleicht im Knast sitzen, weil sie ihren Beruf ausüben? Ihre Entscheidung ist für sie ein verhängnisvolles Signal.



Ich habe nichts gegen den privaten Strafantrag von Erdogan, das ist sein gutes Recht.
Familie Tschiep
15.04.2016 17:19 Uhr 6
Gut, sie hat ihre Entscheidung mit Kritik an der Lage der Presse in der Türkei ummäntelt, aber das fällt nicht in Gewicht, wichtig ist die verhehrende politische Geste für die Opposition in der Türkei. Was am Ende als Urteil herauskommt, interessiert in ein paar Jahre die wenigsten.
AlphaOrange
15.04.2016 18:02 Uhr 7

Ich gehe noch einen Schritt weiter und sage: Ich fürchte, dass die meisten dieser 82% tatsächlich glauben, dass ein in einem Rechtsstaat das Gegenteil hätte entschieden werden müssen.

Es ist tatsächlich erschreckend, wie - gerade in einer Cause, in der das Thema Rechtstaatlichkeit im Mittelpunkt steht - so viele Menschen bereit sind, das Rechtssystem direkt über Bord zu werfen, wenn sich ihm mal ein Unsympath bedient.



Ich glaube, ein anerkannter Staat müsste es schon sein, somit fällt letzterer weg ;)
fernseher98
15.04.2016 18:27 Uhr 8
Hier stehen wirklich zwei berechtigte Gründe für und gegen die Strafverfolgung gegeneinander... einerseits ist es schon fernab der Grenzen, was Herr Böhmermann da gebracht hat, warum man auch die Reaktion von Erdogan verstehen kann (warum schaut der eigentlich soviel dt. Fernsehen?!)

Andererseits beruft sich Böhmermann auf die künstlerische Freiheit, die mit der Zulassung eines Strafverfahrens mit Füßen getreten wird. Auch hat er vor Verlesung klar darauf hingewiesen, dass es verboten ist, was er tue... ich kann mir beim besten Willen nicht denken, dass sein Ziel eine Staatskrise bisher nicht bekannten Ausmaßes war (mittlerweile ist sie ja schärfer als die Carell-Sache in den 90ern)

Trotzdem bin ich der Meinung, dass die Bundesregierung ein solches Verfahren nicht zulassen darf, da ja ohnehin auch bei Ablehnung gegen ihn ermittelt wird. Daher hat diese Entscheidung eher Symbolcharakter... und es ist definitiv ein falsches Zeichen an die Welt, sowas zuzulassen!
LittleQ
15.04.2016 19:31 Uhr 9
Da Merkel schon eine wertende Äußerung über das Gedicht vorgetragen hat, hat sie sich damit schon in die ganze Sache eingeklingt und die Affäre darum politisch werden lassen.



Eine Ermittlung zuzulassen, welche dann dafür sorgt, dass die Höchstdauer der Strafe sich theoretisch verfünffacht dann mit einem Sieg des Rechtsstaates zu proklamieren, schaffen wohl nur CDU Sympathisanten. Genauso gut hätte Sie es ablehnen können und dem Rechtsstaat wäre keinerlei Schaden entstanden.



Wäre der Türkei-Deal nicht vorhanden und hätte sich die Kanzlerin und die EU nicht im Vorfeld so abhängig von der Türkei gemacht, hätte das Ergebnis heute ganz anders ausgesehen.



Aber natürlich kann man sich auch weiter einreden, dass das alles nur für den Rechtsstaat war. Der hatte ja auch unglaubliche Priorität, als es um den NSA Skandal ging. :lol:
logan99
15.04.2016 19:38 Uhr 10
Da hat Muttchen mal wieder einen gucken lassen - ich muss immer noch lachen, wenn ich mir ihre "Begründung" durchlese. Nur gut, dass wir hierzulande keine wirklich politisch relevanten Themen auf der Agenda haben, die Handlung bedürfen :D
Weitere Neuigkeiten

Optionen

Drucken Merken Leserbrief




E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung