Die Kino-Kritiker

«Angry Birds – Der Film»

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Ein gutes Sprecherensemble, viel Chaos und auch etwas Langeweile: «Angry Birds – Der Film» hat zu viele Schwächen, um zu beflügeln, ist aber auch kein Totalausfall.

Filmfacts «Angry Birds – Der Film»

  • Regie: Fergal Reilly, Clay Kaytis
  • Produktion: John Cohen, Catherine Winder
  • Drehbuch: Jon Vitti
  • Deutsche Sprecher: Christoph Maria Herbst, Axel Stein, Michael Kessler, Axel Prahl, Smudo, Ralf Schmitz, Anja Kling
  • Musik: Heitor Pereira
  • Schnitt: Kent Beyda, Ally Garrett
  • Laufzeit: 97 Minuten
  • FSK: ab 0 Jahren
„Schluss mit lustig“ schreit es einem vom deutschen Hauptplakat zu «Angry Birds – Der Film» entgegen. Eine sonderbare Art und Weise, eine computeranimierte Komödie zu bewerben, die auf einer der gefragtesten Spiele-Apps der Geschichte basiert. Zumal besagte App mit simpler, vergnügter Musik, einem freundlich-cartoonigen Look und einer ulkig-banalen Prämisse auf sich aufmerksam macht: In einer kunterbunten Welt haben grüne Schweine mit fragwürdigem architektonischen Talent Vögeln ihre Eier geklaut. Und nun rächen sich die vom Spieler gesteuerten, des Fliegens nicht fähigen Vögel, indem sie sich gegen die wackeligen Bauten der Schweine schleudern, um diese zum Einsturz zu bringen. Wenn der Film zu diesem durchgedrehten Zeitvertreib damit wirbt, dass „Schluss mit lustig“ ist, dann kann das ja nur in eine Katastrophe münden. Oder?

Ganz so schlimm ist es glücklicherweise nicht. Die Digitaltrickkomödie der Regiedebütanten Clay Kaytis und Fergal Reilly weiß sehr wohl, den dünnen Handlungsfaden mit viel Humor zu strecken. Dadurch, dass der einstige «Simpsons»- und «Saturday Night Live»-Autor Jon Vitti aus der Absurdität der Prämisse selbstironische Pointen schröpft, erhält das Leinwandgeschehen wenigstens eine augenzwinkernde Identität. Und ist somit immerhin kein reines Cash-In, das auf der wirtschaftlichen Welle eines allmählich abflauenden Hypes mitzureiten versucht. Doch wann immer im «Angry Birds»-Film die Albernheit zurückgeschraubt wird, fällt der Spaßfaktor schneller zu Boden als ein flügellahmer, erzürnter Vogel.

Im Zentrum des unausgegorenen Abenteuers steht der dauergenervte Vogel Red (Originalstimme: Jason Sudeikis / dt. Stimme: Christoph Maria Herbst), der wegen seiner Wutausbrüche von seinem friedfertigen Umfeld zu Wuttherapiestunden verdonnert wird. Dort lernt der Eigenbrötler eine kuriose Truppe an Problemvögeln kennen: Den hektischen Chuck (Josh Gad/Axel Stein), den unheimlichen Terrence sowie den gutmütigen Bomb (Danny McBride/Axel Prahl), der bei Überraschungen wortwörtlich explodiert. Als eines Tages ein Schiff mit grünen Schweinen am paradiesischen Vogel-Eiland anlegt, weckt deren Anführer Leonard (Bill Hader/Ralf Schmitz) Reds Misstrauen. Der Rest der Bevölkerung feiert die Neuankömmlinge hingegen, weil sie technische Neuerungen und neuartige Musik mit sich bringen. Also macht sich Red zusammen mit Chuck und Bomb auf die Suche nach dem mächtigen, weisen Adler (Peter Dinklage/Smudo), um nach Rat zu fragen …

Drehbuchautor Vitti lässt sich Zeit, bis er zu dem Punkt kommt, den zahllose Menschen vom Smartphone kennen. Bevor die Schweine mit gestohlenen Eiern abdampfen und daraufhin mit Vögeln bombardiert werden, soll sich das Publikum nämlich erstmal mit Red anfreunden. Und das nun auf zwei Beinen laufende «Angry Birds»-Logo hat, vor allem in der deutschen Synchronfassung, durchaus seinen rauen Charme. Mit staubtrockenem Humor, entnervtem Blick und strengen Seitenhieben auf den Irrsinn seiner Friede-Freude-Eierkuchen-Mitvögel hat Red die Lacher und somit die Sympathien auf seiner Seite.

Problematisch ist, dass die Filmemacher es nicht darauf beruhen lassen, sondern mit Subplots Red zu einer regelrechten, runden Identifikationsfigur formen wollen, auf dieser Ebene jedoch das Skript zu dünn geraten ist: Eine wirr geschnittene, keinerlei Chronologie oder Dramatik erkennen lassende Rückblende zeigt Red als Außenseiter, der wegen seiner Augenbrauen und seiner Verehrung des mythologischen weisen Adlers verlacht wird. Wenn alle anderen Vögel auf die Widersprüchlichkeiten der Schweine reinfallen, wird Red wegen seiner kritischen Nachfragen attackiert. Und wenn Red seinem Idol begegnet, wird in langgezogenen Dialogszenen Salz in Reds Wunden gestreut, weil er auf eine Mogelpackung reinfiel. All diese Sequenzen verlassen sich auf Allgemeinplätze und sind daher viel zu seicht, um die mit dramatischen Pausen gespickte Laufzeit dieser Passagen zu rechtfertigen.

Deutlich knackiger geschrieben und umgesetzt sind die Dialogwitze zwischen Red und seinen Therapiefreunden: Hier macht sich Vittis Erfahrung bemerkbar, und selbst wenn so etwas wie eine fließende Erzählweise in «Angry Birds – Der Film» mit der Lupe gesucht werden muss, so macht der stete Schlagabtausch zwischen Red, Chuck und Bomb immerhin Laune. Vor allem, wenn die farbenfrohe Heile-Welt-Fassade durchbrochen und etwa angesprochen wird, welche Schweinereien Chuck seine Therapiestunden eingebracht haben, haben die komödiantischen Einfälle und das Timing der Umsetzung Pfiff. Eben dieser Pfiff geht dafür wieder verloren, wenn die Filmemacher nach einer kinoreifen Begründung für den Vögel-Schwein-Konflikt suchen.

Sind die Schweine etwa eine Versinnbildlichung von gierigen Großkonzernen, die die Vögel übers Ohr hauen, während sie mit ihnen Handel treiben? Nein. Sie sind Einwanderer, die über ihre Intentionen lügen, darüber, wie viele sie sind, und die nebenher die Lebensqualität in ihrer neuen Heimat verschlechtern, ehe sie sich zurückziehen und die ungeborenen Kinder ihrer Gastgeber verschleppen. Egal, wie beabsichtigt die unglücklichen Deutungen dieser Ereignisabfolge sein mögen: Donald Trump wird das mögen, liberalere Zuschauer dürften sich derweil im Kinosessel winden. Erst das turbulente, wenngleich antiklimatische Finale besinnt sich wieder auf die Qualitäten dieses Films: Knalligen Unsinn. Mit gelungenem 3D und solider Tricktechnik (Detailfreude ist gegeben, dafür ist das Bild verdächtig überbelichtet) suhlen sich Clay Kaytis und Fergal Reilly darin, eine cartoonige, gewollt bescheuerte Antwort auf solche Materialschlachten wie in «Man of Steel» parat zu haben. Die Jüngsten und Junggebliebenen im Publikum wird das bei Stange halten, auch wenn dabei der kernige Dialogwitz der ersten Filmminuten flöten geht. Haften bleibt das Geschehen jedoch nicht, denn dafür gehen der Vogelattacke zu früh die feschen Ideen aus.

Fazit: Dialogwitz zu Beginn, cartoonige Slapstick-Action zum Schluss, Langeweile im Mittelteil: «Angry Birds – Der Film» ist weder eine Katastrophe geworden, noch ein reines Werbemittel für die berühmte App. Doch ein paar geflitschte Vögel mit losem Mundwerk machen noch keinen denkwürdigen Kinofilm.

«Angry Birds – Der Film» ist ab dem 12. Mai 2016 in vielen deutschen Kinos zu sehen – in 2D und 3D.

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