Die glorreichen 6

Die glorreichen 6: Eine filmische Weltreise (Teil II)

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Sommerzeit, Reisezeit. Wir stellen sechs Filmmärkte anhand je eines Beispielfilms vor. Heute: «The Lobster» aus Griechenland.

Der Filmmarkt

Filmfacts: «The Lobster»

  • Regie: Yorgos Lanthimos
  • Produktion: Ceci Dempsey, Ed Guiney, Yorgos Lanthimos, Lee Magiday
  • Drehbuch: Yorgos Lanthimos, Efthymis Filippou
  • Darsteller: Colin Farrell, Rachel Weisz, Jessica Barden, Olivia Colman, John C. Reilly, Léa Seydoux, Ben Whishaw
  • Kamera: Thimios Bakatakis
  • Schnitt: Yorgos Mavropsaridis
  • Herkunftsland: Griechenland
  • Erscheinungsjahr: 2015
  • Budget: 4 Mio. Euro
  • Einspiel weltweit: 15 Mio. Dollar
  • keine nachweisbaren Besucherzahlen in Deutschland

Sieht man von der griechisch-amerikanischen Koproduktion «My Big Fat Greek Wedding» sowie der diesjährig in den Kinos gestarteten Fortsetzung einmal ab, ist das griechische Kino international bislang kaum in Erscheinung getreten. Kein Wunder: Derzeit existieren lediglich rund 4000 griechische Produktionen, von denen ein Großteil für die rein-nationale Vermarktung produziert wurde. Einige Regisseure und Schauspieler haben es trotzdem zu größerer Berühmtheit gebracht. Dazu gehört auch der Filmemacher Yorgos Lanthimos, dessen krudes Sozialdrama «Dogtooth» seiner Radikalität wegen auch über Landesgrenzen hinweg bekannt wurde. Auch die Werke von Theo Angelopoulos («The Dust of Time») sind regelmäßig bei internationalen Filmfestivals vertreten. Zu den bekanntesten griechischen Schauspielerinnen gehört Athina Rachel Tsangari («Before Midnight»), die wie viele ihrer Kollegen und Kolleginnen immer noch unter einer finanziellen Krise des griechischen Kinos zu leiden hat, die Anfang der Achtzigerjahre über die Filmnation hereinbrachte. Kontinuierlich sinkende Zuschauerzahlen sorgten für eine neu reformierte, staatliche Filmförderung, durch die viele Filmschaffende einen starken Eingriff in ihre Kunst fürchteten. Nach wie vor versuchen viele griechische Filmemacher, über Umwege an Finanzierungen für ihre Projekte zu gelangen. «The Lobster» ist ein solches.

Die Handlung


Eine Gesellschaft in der nahen Zukunft, in der ein Leben zu zweit das oberste Gebot ist. Singles werden verhaftet und in eine Anstalt namens „The Hotel“ gebracht. Dort haben sie genau 45 Tage Zeit, um einen passenden Partner zu finden. Scheitern sie, werden sie in ein Tier ihrer Wahl verwandelt und im Wald ausgesetzt. David gelingt (Colin Farrell) die Flucht aus dem Hotel in den Wald, wo allerdings „The Loners“ das Sagen haben. Das Dogma ihres restriktiven Regimes ist das Alleinsein. Partnerschaften sind streng untersagt. Doch David verliebt sich in eine Frau (Rachel Weisz) – und verstößt damit gegen die Regeln.

Die 6 glorreichen Aspekte von in «The Lobster»


Ein Blick auf die Castliste verrät: Das Konzept von «The Lobster» muss sich schon auf dem Papier so bahnbrechend gelesen haben, dass der vorab nur eingefleischten Cineasten bekannte Filmemacher Yorgos Lanthimos keinerlei Mühe gehabt haben dürfte, Hollywoodstars wie Colin Farrell, Rachel Weisz, Léa Seydoux, John C. Reilly oder Ben Whishaw für seinen Film zu verpflichten.

Mit stoischer Emotionslosigkeit, begleitet von einem nicht minder einfältigen Voice-Over-Kommentar, erwecken die Mimen eine Geschichte zum Leben, die sich als mitreißende Allegorie auf unsere heutige Welt versteht, in der Probleme wie Bindungsangst und Beziehungsunfähigkeit das eine Extrem bilden, dem das sich unbedingte Sehnen nach einer Partnerschaft und die zwanghafte Suche nach der großen Liebe gegenüberstehen. Es kommt nicht von Ungefähr, dass sich die Figuren in «The Lobster» bis zu einem gewissen Grad vollkommen frei von jedweden Gefühlen zeigen. Denn das Wichtigste am Suchen und Finden der Liebe – die Liebe selbst – findet in «The Lobster» einfach nicht statt. Sie ist ein Geschäft und amouröse Verwicklungen sind ein notwendiges Übel.



Unter Zuhilfenahme minimalistischer Musikuntermalung, die zum Großteil aus ein und derselben Tonabfolge besteht, wird aus dem Film, der fälschlicherweise als Komödie tituliert wird, ein mit der Zeit immer intensiveres Erlebnis, das uns mit emotionalen Ängsten konfrontiert, die uns tief im Inneren packen. Denn es braucht oftmals nicht die Aussicht darauf, in ein Tier verwandelt zu werden, um sich in der Partnersuche unter Druck zu setzen. Manchmal reicht schon der Gedanke daran, dass wir nicht allein sein können und in uns bricht eine Welt zusammen.

Das griechische Liebesdrama «The Lobster» zeichnet eine dystopische Zukunft voller Widersprüche, die so absurd und krank ist, wie eine Gegenwart, in der Online-Dating, Speeddates und wissenschaftlich fundierte Partnerbörsen zum Alltag gehören. Der Kuriosität, nicht das Herz, sondern den Kopf über die Liebe entscheiden zu lassen, setzt Yorgos Lanthimos eine surreale Krone auf, die gleichsam so schön ist, dass man sich wünscht, «The Lobster» würde noch viele weitere Stunden gehen. Innovatives Kino aus einem Land, das Filme kreiert, die hierzulande sonst kaum Beachtung finden – wer nach etwas wirklich Neuem sucht, der hat mit «The Lobster» sein nächstes Pflichtprogramm gefunden.

«The Lobster» ist aktuell in einer Handvoll Kinos in Deutschland zu sehen, außerdem auf DVD erhältlich und kann via Amazon, Maxdome, iTunes, Wuaki, Videoload, Google Play und CHILI gestreamt werden.

Kurz-URL: qmde.de/86864
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