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«Ghostbusters»: Viel Hass, wenig dahinter

von   |  17 Kommentare

Glaubt man den dümmlichsten Ecken des Internets, so hat eine böse Feministinnenverschwörung «Ghostbusters 3» zerstört und durch ein dummes Remake ersetzt. Doch wer ist bitte so blöd, das zu glauben?

Die Vorgeschichte


Filmfacts zum «Ghostbusters»-Remake

  • Regie: Paul Feig
  • Produktion: Ivan Reitman, Amy Pascal
  • Drehbuch: Katie Dippold, Paul Feig
  • Darsteller: Melissa McCarthy, Kristen Wiig, Kate McKinnon, Leslie Jones, Charles Dance, Michael Kenneth Williams, Chris Hemsworth
  • Musik: Theodore Shapiro
  • Kamera: Robert Yeoman
  • Schnitt: Melissa Bretherton, Brent White
Es ist eine Frage, die einige Filmfans neutral-neugierig stellen, andere angesichts des nahenden Starts der «Ghostbusters»-Neuauflage mit himmelklagendem Unterton: „Wieso gibt es eigentlich kein «Ghostbusters 3»?“ Die Antwort liegt, entgegen der Aussagen manch schlecht informierter Aggressoren, nicht in einer „feministischen Verschwörung“. Sondern hinter den Kulissen Hollywoods. Nach dem immensen Erfolg, den das «Ghostbusters»-Original 1984 genoss, kam es fünf Jahre später zu einer Fortsetzung. Hauptdarsteller Bill Murray zeigte sich mit dem Ergebnis jedoch äußerst unzufrieden, weshalb er vorerst nicht daran interessiert war, ein drittes Mal in den Geisterjäger-Overall zu schlüpfen.

Auch die Kritikerresonanz fiel seinerzeit bestenfalls durchwachsen aus, so dass die «Ghostbusters»-Filmreihe eine kreative Zwangspause verordnet bekam. In den darauffolgenden Jahrzehnten war es insbesondere Murrays Leinwandkollege Dan Aykroyd, der die Flamme der Leidenschaft für dieses Franchise nährte. Aykroyd, der eine wahre Begeisterung für Paranormales mitbringt und am Skript der ersten beiden Filmen mitwirkte, hatte unter anderem die Idee, in einem dritten Teil die Ghostbusters in die Hölle zu schicken, um eine dämonische Version von Manhattan zu säubern. Ein solches Konzept schrie jedoch nach einem immensen Budget, weshalb das Studio keine Risiken eingehen wollte – wie in Form großer Casting-Änderungen.

Angesichts von Murrays Desinteresse fiel es jedoch schwer aus, nicht am Ensemble zu rütteln. Über die Jahre hinweg wurde viel über den Umfang, den Murrays Part einnehmen könnte, sollte oder müsste, debattiert – erschwerend kam hinzu, dass Co-Star und Co-Autor Harold Ramis mit Murray seit «Und täglich grüßt das Murmeltier» im Clinch lag. So verstrich die Zeit, während die Darsteller immer älter wurden und Murray somit immer mehr Gründe fand, abzulehnen. Eines seiner berühmtesten Zitate zur Idee eines «Ghostbusters 3»: „Wer will schon einen Haufen alter Säcke sehen, der Geistern hinterher rennt?“

Nach Ramis‘ Tod im Jahr 2014 ließ Sony Pictures dennoch nicht locker: Das Studio wollte unbedingt das Franchise wiederbeleben. Sei es durch einen Film nach dem Motto „Die verbliebenen Ghostbusters rekrutieren eine neue Generation“ oder durch ein geradliniges Remake. Und hier kommt «Brautalarm»-Regisseur Paul Feig ins Spiel: Dieser schlug vor, stattdessen die Grundidee zu nehmen und sie völlig neu zu erzählen – mit Figuren, die nicht ans Original angelehnt sind. Und die von Frauen gespielt werden.

Die Hater


Das «Ghostbusters»-Remake auf Filmbewertungsportalen

  • Rottentomatoes-Userwertung: 58% der Nutzer mochten ihn
  • IMDb-Userwertung (gesamt): 5,4/10
  • IMDb-Userwertung (Männliche Nutzer): 4,7/10
  • Metascore-Userwertung: 2,7/10
Stand: 28. Juli 2016
Das Internet gleicht zuweilen einem Tollhaus. Dass sich in den digitalen Diskussionen zu einem Filmtrailer diverse Pöbeleien auffinden lassen, ist daher keineswegs bemerkenswert. Ein Grundsatz an ungehobeltem Verhalten ist quasi vorauszusetzen. Im Falle von «Ghostbusters» nahm dieser digitale Hass jedoch außergewöhnliche Ausmaße an. So ist der Trailer zur Big-Budget-Komödie die am negativsten bewertete Filmvorschau in der Geschichte YouTubes – im Gesamt-Flop-Ranking des Videoportals liegt der Clip aktuell auf Rang zehn. Damit ist er unter anderem vermeintlich schlechter als Micki Minajs umstrittener Videoclip «Stupid Hoe» oder «The Gummy Bear Song». Zum Vergleich: Der Trailer zum wenig populären «Fantastic Four»-Reboot hat nicht einmal ein Zwanzigstel der Downvotes, die «Ghostbusters» erhielt.

Und nicht nur in dieser Form äußerte sich die Wut über Paul Feigs Castingentscheidung: Wenn «Ghostbusters» im Netz thematisiert wird, sind die abfälligen Kommentare nicht fern, und selbst wenn die Hater es immer wieder abstreiten, so sind diese zumeist sexistisch motiviert. Frauen könnten nicht lustig sein, die Darstellerinnen seien eh alle „hässliche Kampflesben“ und was soll eigentlich diese „scheiss glecihberechitgung“[sic!]?

Sony-Pictures-Chairman Tom Rothman reagiert zwiegespalten auf den Online-Hass, den «Ghostbusters» erntet. Einerseits sinnierte er gegenüber 'The Hollywood Reporter' vor Filmstart über die Verantwortung, mit «Ghostbusters» zur Gleichberechtigung beizutragen: „Ich denke in meiner Funktion als jemand, der die Mediengestaltung und so auch unsere Kultur beeinflusst, schon lange darüber nach: [...] Haben wir abseits der Unterhaltung weitere soziale Verantwortungen? Nun, wir sind hier, um Entertainment zu liefern, nicht Moralität. Dennoch: Wenn du Gutes in der Welt schaffen kannst, ist das besser, als es sein zu lassen.“ Andererseits lacht Rothman über die Web-Hater: „Die sind das Beste, was uns je passiert ist. […] Dank ihnen sind wir Teil des nationalen Diskurses. Können gern noch mehr Hater dummes Zeug verzapfen?“ Auch nach US-Filmstart riss die Flut an Hasskommentaren nicht ab – Kritiker, die den Film positiv bewertet haben, wurden als „feige“ oder „Verräter“ oder als „Hure“ beschimpft, während Schauspielerin Leslie Jones bei Twitter dermaßen heftig angegangen wurde, dass Twitter einen der Wortführer sperren ließ.

Regisseur Paul Feig indes ist schon im Herbst 2015 der Geduldsfaden gerissen. Nach anfänglichen Versuchen, bei Twitter mit harschen, kritischen Usern ins Gespräch zu finden, gab er letztlich auf. So antwortete er auf den Vorwurf „uns allen damit zu drohen, unser Geschlecht zu vertauschen“, dass der betroffene User „ermüdend“ sei. Einige weitere entnervte Tweets später resignierte Feig endgültig und schrieb. „Fickt euch doch. Gute Nacht.“

Die Gegenstimmen


Das «Ghostbusters»-Remake auf Filmbewertungsportalen

  • IMDb-Userwertung (Weibliche Nutzer): 7,9/10
  • Rottentomatoes-Kritikerwertung: 73% positive Kritiken
  • Allmovie.com-Userwertung: 3,5/5
  • Letterboxd-Userwertung: 3,2/5
  • Metascore: 60/100
Stand: 28. Juli 2016
Während manche Männer mit einem Zuviel an Freizeit über das „Weiber-«Ghostbusters»“ herziehen, wird das Remake im Internet ebenso sehr gefeiert. Nicht ausschließlich aufgrund der Besetzung, doch sie spielt durchaus eine Rolle. So schreibt Erin Ramsey bei Medium.com: „Es ist eine Sache, sein Leben zu leben, und zu wissen, dass einem etwas fehlt, und es plötzlich zu finden. Es ist etwas ganz Anderes, plötzlich etwas zu finden, von dem man nicht wusste, dass man sein Leben lang darauf wartet. Als ich sieben Jahre alt war, damals 1992, habe ich die Schulhoflogik nie hinterfragt. Natürlich durfte ich nicht einen Ghostbuster oder Teenage Mutant Ninja Turtle spielen, weil es keine weiblichen Exemplare davon gibt. So einfach ist das. Nun, 2016, ist sie da, da oben auf der Leinwand, 40 Fuß groß und rettet die Welt, und sieht dabei genauso aus, wie es Männer tun, wenn sie das erledigen.“

Die von den Hatern propagierte Sichtweise, der Film würde sich Frauen anbiedern und Männer links liegen lassen, widerlegen derweil Kritiker wie Drew McWeeny von HitFix, der sich in seiner Kritik sogar die Mühe macht, zu erklären, weshalb die Trailer so viel schlechter sind als der eigentliche Film: „Feig ist vor allem an Humor interessiert, der sich aus dem Verhalten heraus generiert, und das ist, ganz ehrlich, sogar ganz im Sinne der «Ghostbusters»-Tradition. Viele der lustigsten Zeilen des Films sind nur lustig, wenn man sie im Kontext sieht, und auch dann nur, wenn man sich auf die Figuren und ihre Beziehung untereinander einlässt.“ Was auf diese Erklärung folgt, ist ein nahezu glühendes Lob: Nur kleinere Haarspaltereien bringen dem Film in McWeenys Augen eine 1- ein.

Anthony Lane merkt im New Yorker derweil an: „Nichts in diesem Film ist so miserabel oder dermaßen schaurig wie die Schar an Hassern, die online stürmte, sobald der Film angekündigt wurde, und ihm verboten hat, zu existieren.“ In Referenz an «Sein Mädchen für besondere Fälle», der 1940 gestarteten Leinwandadaption eines erfolgreichen Theaterstücks, erinnert er daran, dass die Idee, Männerrollen in filmischen Neuaufgüssen mit Frauen zu besetzen, nicht neu ist, wohl aber zu tollen Ergebnissen führen kann. So auch bei «Ghostbusters»: Ihm sei das Reboot beim Versuch, eine Ikonografie zu erschaffen, zwar nicht selbstständig genug, im Vergleich zum Original würden sich die Frauen dennoch „sehr gut schlagen“.

Und die jüngsten Kinofans könnten sich um all diese Debatten nicht weniger scheren: Laut Mattels erstem Zwischenbericht läuft das neue «Ghostbusters»-Merchandising weit über den Erwartungen und verkauft sich bei Jungs und Mädchen gleichermaßen. Die gute, unverdorbene Jugend. Hoffentlich bleiben diese Kids möglichst lange den Kommentarsektionen zahlreicher Webseiten fern.

Mehr über den Film und die Online-Debatte um ihn herum gibt es auch demnächst bei Quotenmeter.FM

Kurz-URL: qmde.de/87112
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Es gibt 17 Kommentare zum Artikel
Quotermain
28.07.2016 21:06 Uhr 1
Wer ist der Hater?

Der Hater, oder der Hater der denkt andere seien Hater, ohne sich selber für Hater zu halten?

Jetzt, wo der Film angelaufen ist und seine Qualität zeigt, ist solch ein "Nachtreten" doch gänzlich überflüssig.

Die Kinozahlen sagen alles, Variety ist eine Klatschpostille und Spielzeugverkäufe sagen nichts über die Qualität und Beliebtheit eines Films, siehe Rückkehr der Jedi Ritter.
logan99
28.07.2016 22:05 Uhr 2
Ach Sid, so ein Rundumschlag für so einen Film!? Hast du nen Gastauftritt darin, oder wozu die der anhaltende Versuch, die Ansicht vieler Leute ändern zu wollen? :lol:
Anonymous
29.07.2016 00:38 Uhr 3
Ach, logan, du Fuchs, du hast mich einmal mehr ertappt.

Ja, ich fasse den Stand der hitzigen "Ghostbusters"-Debatte auf unserem Medienportal Quotenmeter.de nicht aufgrund der Relevanz dieses Themas zusammen, sondern allein in der Hoffnung, dass du dahinter kommst, was meine wahren Motive sind: Dir subtil den Hinweis zu geben, dass ich eine Gastrolle im Film habe.



Ich hoffe, du löst ein Ticket und entdeckst mich, Süßer.



Frederic
29.07.2016 08:51 Uhr 4


Schade, dass man in unserem Forum nicht liken kann. Würde dem gerne 'nen Daumen hoch geben, Sid.
Ultz
29.07.2016 13:58 Uhr 5
Ich hatte eine Filmkritik erwartet als ich auf den Link geklickt habe, weil ich mich über den Film informieren wollte. Dieser Artikel beleuchtet aber ausschließlich positives zu dem Film. Gibt es da schon den Kino-Check?
logan99
29.07.2016 14:18 Uhr 6

Da würden mir die 12€ beim anzünden der Grillkohle einen größeren Nutzen bringen, als für ein Ticket zu diesem Film einzutauschen :lol:
Frederic
29.07.2016 16:43 Uhr 7


Die Kritik gibt es ab Dienstag. :)
Sentinel2003
29.07.2016 16:46 Uhr 8


Das Ticket kriegst aber bestimmt auch günstiger..... :mrgreen:
Anonymous
30.07.2016 02:00 Uhr 9


Aber ... dann entgeht dir ja mein Gastauftritt. Och Mensch. Nun bin ich enttäuscht, ich habe all diesen Aufwand ja ganz allein für dich betrieben, Herzchen! :(



@Ultz: Genau, wie Frederic geschrieben hat, folgt die Kritik noch. Das ist ein Schwerpunktartikel zu der ganzen Drumherumsache, so kann die Kritik selbst dieses unvermeidliche Thema kürzer anschneiden. Ist manchmal auf der Frontpage schwer zu erkennen, was zu welchem Ressort gehört, sorry also, wenn du falsche Erwartungen hattest.



@Frederic: Danke, danke. Freut mich. :)
logan99
01.08.2016 00:54 Uhr 10

Ja so ist es im Leben halt, man muss Prioritäten setzen - und das Grillen ging in dem Fall nunmal vor - hat sich aber gelohnt, sehr gutes Wetter, nette Leute um einem herum und jede Menge Spass gehabt - also im Prinzip genau das Gegenteil von dem, was ich wohl beim Besuch von Ghostbusters bekommen hätte :mrgreen: . Zudem bin ich in Sachen "Laienschauspiel zum Fremdschämen" schon gesättigt genug, nachdem ich unsere lokale Theatergruppe auf dem jährlichen Stadtfest erleben durfte, tut mir leid.



Nur gut dass man auch so gar nicht merkt, wie du es dir scheinbar zur Lebensaufgabe gemacht hast, dieses Stück cineastischer Hochkultur zu promoten :D
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