Über Homer Simpsons neuen Sprecher Christoph Jablonka
- Christoph Jablonka wurde 1956 geboren und machte Ende der 70er-Jahre seine ersten Erfahrungen hinter dem Mikro
- In den 80ern als Musikjournalist und Moderator von Chartsendungen tätig
- 1988 lässt er sich von der FFS München zum Synchronsprecher ausbilden
- Synchronisierte bereits unter anderem Christopher McDonald, Donnie Yen, Billy Griffith, James Avery, Alfred Molina und Victor Garber
- Übernahm zudem Synchronrollen in den deutschen Fassungen der Trickserien «Transformers», «One Piece», «Maho Tsukai Tai» und «Drawn Together»
- 1992 bis 2000 als "Station Voice" von ProSieben zu hören
- 2009 fängt er als "Station Voice" von Sky an
- Ist auch als Bühnen- und Fernsehschauspieler aktiv
So verstarb 2006 Ivar Combrinck, langjähriger Synchronbuchautor und -sprecher des Dauerrenners. Seine zahlreichen Nebenrollen wurden ohne weiteren Medienrummel umbesetzt. Ganz anders verfuhr man zur selben Zeit mit dem deutschen Klang der guten Seele dieser Serie: Marge Simpson. Von der ersten Folge an sprach Schauspielerin und Komikerin Elisabeth Volkmann die blauhaarige Familienmutter und verlieh ihr dabei ihren markanten, rauchig-kratzigen Klang. Nach Volkmanns Tod vergingen einige Wochen, bis ProSieben öffentlich bekannt gemacht hat, dass Anke Engelke übernehmen wird. Obwohl Engelke zuvor schon in Disneys Zeichentrickabenteuer «Tarzan» und Pixars Megaerfolg «Findet Nemo» vorführte, eine talentierte Synchronsprecherin zu sein, war der Shitstorm nicht fern – selbst wenn der Begriff damals keineswegs geläufig war.
Der digitale Tumult darüber, ob Engelke nur wegen ihres Bekanntheitsgrades den Part erhalten haben könnte und stimmlich überhaupt passen würde, war 2006 unvergesslich laut und harsch. Zwar erwies sich Engelke als gute Besetzung, trotzdem ist es ProSieben nicht zu verdenken, dass man zehn Jahre später beschloss, einen anderen Weg einzuschlagen, als auch auf Marges Ehemann Homer Simpson eine Umbesetzung nötig wurde. Der wundervolle Norbert Gastell, der Homer 26 Jahre lang unnachahmlich vertont hat, ist verstorben – und dieses Mal steckte die TV-Heimat der «Simpsons» zunächst den Kopf in den Sand.
Obwohl Gastell bereits Ende 2015 das Zeitliche segnete, blieben öffentliche Aussagen bezüglich der Umbesetzung lange aus. Erst wenige Wochen vor dem Auftakt der frischen Episoden ging ProSieben im laufenden Programm mit «Simpsons»-Trailern auf die Synchronfrage ein. Erst in Spots, die Gastell ins Zentrum rückten und kommende Primetime-Wiederholungen als Highlight-Zusammenstellung seiner Homer-Darbietungen ankündigten. Dann mit einem Trailer, der auch all jenen, die von Gastells Tod nicht mitbekommen haben, klar machen sollte: Homer hat eine neue Stimme, und der Fernsehzuschauer werde sie erst im Staffelauftakt am 30. August zu hören bekommen.
Pressemitteilungen zur neuen Personalie blieben dieses Mal aus – bloß keine Spekulationen darüber zulassen, ob der Gastell-Nachfolger seinen Job gut machen wird! Lieber den digitalen Diskurs so lenken, dass über seine Identität spekuliert wird. Wenige Tage vor der TV-Ausstrahlung durften einige «Simpsons»-Fans in einer Kino-Preview dann aber doch schon dem neuen Homer lauschen. Und man muss ProSieben lassen: Dieses Vorgehen fruchtete.
Über die konkrete Wahl des neuen Sprechers wurde erst gesprochen, nachdem er sich beweisen durfte. Und die überwältigende Mehrheit der Online-Vorabreaktionen strahlte nach außen: Fast alle Fans, die am Event teilgenommen haben, sind überzeugt. Ein Engelke-Internetgezeter blieb aus, weil dem neuen Homer Christoph Jablonka wurde so ein gerechteres Umfeld erschaffen: Fernsehende haben sich vorm Einschalten der neuen Folgen nicht bereits einen von Vorurteilen bestickten Verriss in den Kopf gesetzt. Stattdessen wurden sie durch erste Reaktionen beruhigt.
Es gibt 14 Kommentare zum Artikel
31.08.2016 08:32 Uhr 1
Zitat: "Der sonst unvermeidliche mediale Shitstorm blieb dieses Mal aus..."
klingt wie: Schei***, hatte den Text über einen Shitstorm schon fertig und darf deswegen einen ganzen Absatz löschen, der geklungen hätte wie das Gelaber über den Ghostbuster-"shitstorm".
Wie wäre es, wenn man das Wort "Shitstorm" mal ne Weile nicht benutzt?
Man könnte einfach die Meinungsvielfalt genießen, wir sind hier nicht in der Türkei.
Wenn zufälligerweise mal eine Mehrheit gegen etwas ist, kann man es auch einfach hinnehmen, ohne die Leute als "Shit" zu diskreditieren.
31.08.2016 11:08 Uhr 2
Die Frage ist halt, ob es sich bei den Leuten, die sich im Netz auf sozialen Netzwerken über etwas echauffieren, wirklich um die Mehrheit handelt^^ In Zeiten von übertriebener politischer Korrektheit findet sich immer irgendein Heini, der sich durch jede noch so kleine Lapalie auf den Schlips getreten fühlt.
Deine angeblich fehlende Option in der Umfrage halte ich für überflüssig! Die Leute, die keine Simpsons mehr schauen oder noch nie geschaut haben (meine Wenigkeit z.B.) können doch die neue Stimme gar nicht mit der alten vergleichen^^
31.08.2016 11:49 Uhr 3
Genau auf den Punkt gebracht!
Leuten denen es gefällt, die melden sich meist nur sehr selten.
Leuten denen es egal ist melden sich in der Regel überhaupt nicht.
Und diese beiden Gruppen sind meistens die eigentliche Mehrheit.
31.08.2016 12:46 Uhr 4
31.08.2016 13:06 Uhr 5
Ich bin sicher, das man sich daran genauso gewöhnt wie an jede andere neue Stimme.
Aber... was waren denn das für bescheuerte Episoden?!
Ich weiß gar nicht welche ich dämlicher fand.
31.08.2016 13:51 Uhr 6
Erstens erlaubt unsere Umfragefunktion nur ein begrenztes Maß an Optionen, zweitens: Wieso sollte jemand, der seit langer Zeit nicht mehr die"Simpsons" guckt etwas über die neue Homer-Stimme sagen können?
Bezüglich des "Shitstorms": Natürlich wäre es vollkommen legitim, wenn im Falle einer schlechten Besetzung die Mehrheit der "Simpsons"-Fans harsche, doch fundierte Kritik äußern würde. Nirgends behaupte ich, dass es anders sein sollte. In meinem Artikel geht es aber auch darum, dass ProSieben durch das lange Zeit beharrliche Schweigen über den neuen Homer-Sprecher die "Wer wird es?"-Spekulation anfeuerte, während es damals bei Marge zu unfundierter Vorabkritik an Engelke kam, da sie ja schon abgestraft wurde, eh sie jemand als Marge gehört hat. Somit wurde Jablonka dieses Mal primär ob seiner Leistung beurteilt, und die kam in der Tendenz gut an.
Und, ja, für anders geratene Situationen, in denen jemand wie Engelke schon vorab angefeindet wird, ohne das die Leistung besprochen werden kann, darf man das Wort "Shitstorm" meiner Ansicht nach benutzen.
Ganz zu schweigen davon, dass der Shitstorm ja dafür steht, dass der/die/das Kritisierte sozusagen durch Verbalattacken angekackt wird. Es sind nicht diejenigen, die sich an der Kritik beteiligen, die da vom Wortursprung her als "Shit" bezeichnet werden.
31.08.2016 18:16 Uhr 7
Ganz einfach. Es geht um eine Gesamteinschätzung.
Wer kann die alte mit der neuen Stimme vergleichen.
Menschen, die die Serie kennen.
Mit der Option: "schaue keine Simpsons mehr" sieht man: Eine ehemals Topserie (mit einer riesigen Fanbase), die im Laufe der Jahre stark nachgelassen hat, zeigt folgendes Umfrageergebnis:
Teilnahme 10000, davon schauen 7000 keine Simpsons mehr und die restlichen teilen sich auf die Geschmäcker auf.
Ich persönlich haben hohen Respekt vor Norbert Gastell, aber als jemand der die Serie von Anfang an verfolgte muß ich sagen: am Ende wurde Homer immer nerviger synchronisiert. Das liegt nicht an Norbert Gastell, sondern an den teilweise saublöden Folgen die Homer zu einem Slapstickcasper degradieren, in dem dann dementsprechend Slapsticksynchro draufmußte.
Mich nervte das, daher habe ich die vergangenen zwei Staffeln schon gar nicht mehr sehen wollen.
Da kann der neue Synchronsprecher auch nichts richtiger/falscher machen.
Eigentlich doch. Die Formulierung "der unvermeidliche Shitstom blieb aus" assozieert genau dies.
Vielleicht hätte es auch einen "Shitstorm" gegeben, vor 10 Jahren, als die Simpsons gefühlt noch einen viel größere Fanbase hatten.
Das wäre aber ebensowenig ein Shitstorm, wie der von Ghostbusters einer war.
Leider hat es zum BenHur-Remake keinen "Shitstorm" gegeben, das liegt aber wohl daran, daß die Ursprungszielgruppe des alten Heston-Films schon seit Jahren geriatrisch versorgt wird.
Das gibt es aber einen kleinen Unterschied: "Leider" wurde Homers Stimme quasi als gegeben angesehen. Elisabeth Volkmanns Präsenz und der einsame Tod haben einen ganz anderen "Impact" auf die Fans gehabt.
Elisabeth Volkmann hatte einen viel größeren Bekanntheitsgrad.
Da half auch nicht, daß Engelke eigentlich näher am Original ist.
Manchmal habe ich eher den Eindruck, es wird sich bei jeder Gelegenheit in der etwas falsch gemacht werden könnte, hinter einem "Shitstorm" versteckt.
Dieser hat nicht automatisch unrecht, darf man auch nicht vergessen.
Wenn einzelne Individuen leider nicht Feuilletonstyle beherrschen und daher nicht von synaptischer Diarrhoe eines Theaterstücks schwadronieren können wie die FAZ (o.ä.), werden sie zum Shitstorm und zum Pöbel degradiert, weil sie "das war Scheiße" sagen...
Finde ich nicht richtig.
31.08.2016 19:02 Uhr 8
Da es aber die Kommentarfunktion gibt und sie genutzt wird, können diejenigen, die ihr Nichtmehrgucken mitteilen wollen, ja diesen Weg gehen.
Zum anderen Thema: Wenn die in deinem hypothetischen Fall unzufriedenen Internetnutzer in rauer Masse "Das war Scheiße" schreiben, ist der Begriff "Shitstorm" doch extrem zutreffend?
31.08.2016 19:34 Uhr 9
Ich war selber letzte Woche Donnerstag bei der Preview in Berlin dabei (danke für den reichlichen Alk für lau, ProSieben!) und kann fast jede Silbe des Artikels hier unterstreichen.
Das einzige, was mich an der Analyse stört ist der Halbsatz "Obwohl Gastell bereits Ende 2015 das Zeitliche segnete, (...)". Irgendwie kam mir da beim Lesen doch ein harter Stich im Herzen. Ich bin mir der Verwendung dieses Begriffes im Allgemeinen vielleicht nicht bewusst, aber in meinem Umfeld wird diese Ausdrucksweise eher humoristisch/schwarz-humorig aufgefasst, was ich deswegen etwas daneben finde. Aber hier könnte auch eine regionale Auffassung des Sprechs für verantwortlich sein. So wie Eierkuchen hier, Pfannkuchen da, Bulette hier, Frikadelle da.
Aber wie gesagt, im Großen und Ganzen ein toller Artikel!
31.08.2016 20:01 Uhr 10
Bezüglich "... das Zeitliche segnete ... ": Der ganz profane Grund, dass ich überhaupt auf die Formulierung zurückgegriffen habe, war, dass ich nicht zum x-ten Mal "gestorben" oder "verstorben" schreiben wollte. Das wiederholt sich in dem Artikel ja zwangsweise, und für mich war "das Zeitliche segnen" noch eine der nüchterneren Umschreibungen.
Ich habe, als ich deinen Kommentar gelesen habe, direkt sicherheitshalber nochmal den Duden rausgekramt und kurz die einschlägigen Webseiten angesteuert, denn ich will an der Stelle keineswegs flapsig oder zynisch sein. Ich finde nur Verweise darauf, dass es eine "veraltende" Formulierung ist, dass es umgangssprachlich oder humorvoll/abwertend sei, lese ich nirgends.
Kann mir aber natürlich vorstellen, dass es wegen seiner malerischen Sprache gelegentlich bewusst humorig verwendet wird, aber da kenne ich ganz andere Formulierungen. Über den Jordan gehen, ins Gras beißen, in die ewigen Jagdgründe eingehen, den Löffel abgeben ...
Jedenfalls: Genau so einen neckischen Klang wollte ich vermeiden. Hat nun offenbar nicht ganz geklappt, was mir sehr leid tut.