Filmfacts: «Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind»
- Kinostart: 17. November
- Genre: Fantasy/Abenteuer
- FSK: 6
- Laufzeit: 133 Min.
- Kamera: Philippe Rousselot
- Musik: James Newton Howard
- Buch: J. K. Rowling
- Regie: David Yates
- Darsteller: Eddie Redmayne, Katherine Waterston, Colin Farrell, Ezra Miller, Gemma Chan, Zoë Kravitz, Ron Perlman, Dan Fogler, Jon Voight, Carmen Ejogo
- OT: Fantastic Beasts and Where to Find Them (UK/USA 2016)
New York, Ende der Zwanzigerjahre
1926: Newt Scamander (Eddie Redmayne) hat gerade eine weltweite Exkursion abgeschlossen, mit der er die außergewöhnliche Vielfalt von magischen Geschöpfen erforschen und dokumentieren will. Ein kurzer Zwischenstopp führt ihn nach New York und wäre sicherlich ereignislos verlaufen… würden nicht ein No-Maj (Amerikanisch für Muggel) namens Jacob (Dan Fogler), ein verloren gegangener magischer Koffer und einige entlaufene phantastische Tierwesen aus Newts Sammlung sowohl in der magischen Welt als auch unter den No-Majs für reichlich Schwierigkeiten sorgen.
Es braucht bloß wenige Augenblicke und es ist, als hätte sich der letzte Vorhang der «Harry Potter»-Saga nie geschlossen. Seien es nun die sich stark an den Kompositionen von John Williams orientierenden Orchester-Klänge von James Newton Howard («Erschütternde Wahrheit»), die opulenten, gleichwohl voller Details steckenden Szenenbilder oder die in das Geschehen integrierte Selbstverständlichkeit darin, eine fantastische Geschichte in einem realistischen Setting unterzubringen – trotz seiner Verlagerung von Großbritannien in die USA (hier heißen Muggle nicht etwa Muggle, sondern No-Majs) fühlt sich «Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind» genau so an, wie sich ein Ableger der «Harry Potter»-Saga anfühlen muss. Trotzdem ziehen es David Yates und Joanne K. Rowling vor, erzählerisch neue Wege einzuschlagen. So wird zwar hier und da auf Bekanntes hingewiesen (neben Howarts, der Zaubererschule schlechthin, finden auch bekannte Namen wie Albus Dumbledore eine kurze Erwähnung), inszenatorisch und vor allem dramaturgisch hat aber zumindest der erste Teil der Reihe wenig mit der 2001 gestarteten Zauberer-Oktologie zu tun.
Für Nicht-Potter-Begeisterte ...
... stellt «Phantastische Tierwesen» die ideale Gelegenheit dar, der magischen Rowling-Welt eine neue Chance zu geben – zumindest auf dem Papier. Schließlich spielt dieser familientaugliche Fantasyspaß viele Jahre vor den «Harry Potter»-Ereignissen und hat im Gegensatz zu den «Star Wars»-Prequels oder der «Hobbit»-Trilogie auch (vorerst?) keine direkten Auswirkungen auf seine Vorgängerreihe.Und doch vermag Regisseur David Yates es nicht, diesem Spin-Off den nötigen Zunder zu verleihen, um neues Feuer zu entfachen. Die titelgebenden Fantasietiere sind kreativ gestaltet und knuffig, genauso gibt Eddie Redmayne eine naiv-kindliche Darbietung ab.
Darüber hinaus hat der Beginn einer geplanten Pentalogie nur sehr wenig zu bieten – die Digitaleffekte sind überaus schwach, trotz freundlichen Auftretens erzeugt das zentrale Ensemble keine Figurendynamik, die zum Mitfiebern und Mitfreuen einlädt. Da die Helden obendrein einem lahmen Schurken gegenüberstehen und die völlig antriebslose Story in ein forciertes Fließbandactionfinale mündet, wird «Phantastische Tierwesen» letztlich nicht etwa zu einem potentiellen Neustart für «Harry Potter»-Zweifler, sondern zu einem nichtssagenden Appendix der bisherigen «Harry Potter»-Saga:
Ohne die losen Verbindungen zum Kultphänomen wäre dieser Film einfach nur ein unbedeutender, unterdurchschnittlicher Fantasyfilm mit süßen Bestien.
Mini-Review von Sidney Schering
Spin-Off und Prequel in einem
Bis es soweit ist, folgen wir dem von Eddie Redmayne («The Danish Girl») mit einer kindlichen Naivität ausgestatteten Newt Scamander dabei, wie sich ein eigentlich einfacher Auftrag immer mehr verselbstständigt. Das ist ein absolut simples Grundkonzept, macht aber aufgrund des immensen Einfallsreichtums von Seiten der Macher sowie der zugegebenermaßen einfach nur zuckersüßen Darstellung sämtlicher Tierwesen (Stichwort: Schnabeltier) einen Mordsspaß. Auch die Zusammenstellung des Hauptfigurentrios funktioniert in ihrer Interaktion hervorragend, da sich der ein wenig blauäugige Newt Scamander, die gewissenhafte Magierin Porpentina Goldstein (Katherine Waterston) sowie der treudoofe, aber herzensgute Nicht-Magier Jacob Kowalski (Dan Folger) untereinander hervorragend ergänzen, ohne dass dabei auf abgegriffene Buddy-Movie-Schemata zurückgegriffen werden muss. Die durch die Gegensätzlichkeiten entstehende Chemie funktioniert einfach, ohne dass Regie und Drehbuch sie permanent forcieren. Weitaus weniger eindringlich gestaltet sich dagegen die Performance von Colin Farrell («Die Vorsehung»), der eine merkwürdige Variation seiner noch viel merkwürdigeren Darbietung in dem miserablen Wintermärchen «Winter’s Tale» zu wiederholen scheint – ohne Ironie versteht sich. So wirklich bedrohlich sind seine Gebären also nie.
Als sich in der zweiten Hälfte schließlich ein klassisches „Gut gegen Böse“-Muster aus der Geschichte herauskristallisiert, verliert «Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind» viel seines bis hierhin etablierten Charmes. Obwohl man sich längst mit dem Trio als Protagonisten angefreundet hat und feststeht, wem man hier warum die Daumen drücken sollte, gestalten sich der Weg zum Showdown sowie selbiger äußerst konventionell. So wird hier zwar nicht einmal mehr eine Metropole (geschweige denn die ganze Welt) in Schutt und Asche gelegt – auch die sukzessive immer spektakulärer werdenden Effekte fügen sich gut in die haptischen Kulissen; das Konzept der vorab nicht minder unterhaltsamen Jagd auf die Tierwesen gerät dafür immer weiter in den Hintergrund. Und wer nun meinen möchte, dass genau das benötigt wird, um den Grundstein für vier weitere Filme zu legen, dem möchten wir entgegnen, dass wir die Figuren – egal ob Muggle, Magier oder Tierwesen – zwar alle irgendwie in unser Herz geschlossen haben. Trotzdem können wir uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht so richtig vorstellen, wie man der dem Buch entstammten Grundidee genug eigene Ideen beimengen kann, um aus ihr noch vier weitere Filme zu machen. Eines muss man «Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind» aber wirklich lassen: Das erste Verlangen nach noch mehr «Harry Potter»-Feeling ist tatsächlich fürs Erste gestillt.
Fazit
«Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind» entführt den Zuschauer in eine Welt, mit der man sich als «Harry Potter»-Fan sehr gern arrangiert. Optisch und akustisch schwelgt man in Nostalgie, auch das Casting der Darsteller gefällt. Lediglich die zu Beginn noch so harmlos-verspielte Geschichte muss in der zweiten Hälfte einem standardisierten Blockbuster-Konflikt weichen, wodurch viel des vorab aufgebauten Charmes verloren geht.
«Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind» ist ab dem 17. November bundesweit in den Kinos zu sehen – auch in 3D!
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