Die Kritiker

«Zielfahnder - Flucht in die Karpaten»

von   |  1 Kommentar

Eindrucksvoll erzählt, mitreißend in Szene gesetzt: Rolf Basedow und Dominik Graf gelingt mit «Zielfahnder» ein packender Polizeifilm.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Ulrike C. Tscharre als Hanna Landauer
Ronald Zehrfeld als Sven Schröder
Arved Birnbaum als Karl Vieth
Axel Moustache als Florin
Dragos Bucur als Liviu Caramitru
Radu Bînzaru als Radu Bara
Oliver Reinhard als Justizminister Jäger

Hinter der Kamera:
Produktion: Wiedemann & Berg Television, HiFilm, Degeto Film und WDR
Drehbuch: Rolf Basedow
Regie: Dominik Graf
Kamera: Alexander Fischerkoesen
Produzenten: Max Wiedemann und Quirin Berg
Vor Jahren hat Hanna Landauer (Ulrike C. Tscharre) den rumänischen Schwerkriminellen Caramitru (Dragos Bucur) in den Knast gebracht. Dafür hat sie einen hohen Preis bezahlt: Bei einem Zugriff schoss er auf ihren (beruflichen wie privaten) Partner und verletzte ihn dabei schwer. Das seelische Trauma hat dem Mann nicht minder zugesetzt; bis heute kann er seinen Polizeidienst nicht mehr verrichten.

Als Caramitru in Nordrhein-Westfalen aus der Haftanstalt ausbricht, ist Landauers Motivation also immens, den Verbrecher zügig wieder hinter Gitter zu bekommen. Die Fahndung läuft auf Hochtouren, mit wachem Auge und gutem Know-How spulen die Einsatzkräfte in der Zentrale und vor Ort das volle Programm ab: Telefonüberwachung, Verfolgungsjagden zu Lande und zu Luft, Zugriffe mit bis an die Zähne bewaffneten Beamten. «Zielfahnder» erzählt das alles schnell, zügig und dynamisch, ohne ins Gehetzte abzugleiten, und belässt die persönlichen Motivationen und Konfliktfelder seiner Hauptfiguren dort, wo sie hingehören: im Hintergrund, während sich vordergründig ein spannungsgeladener Plot abspielt, der atmosphärisch weit über lieblos zusammengenagelte Mörderjagden hinausgeht.

Schließlich zieht die Polizei den Kürzeren: Die flüchtigen Verbrecher entkommen über die polnische Grenze, weitere Überwachungsmaßnahmen verfolgen ihre Spur nach Rumänien, Caramitrus Heimat. Landauer und ihr Kollege Sven Schröder (Ronald Zehrfeld) werden in beratender Funktion nach Osteuropa geschickt, um den rumänischen Kollegen mit ihren Fachkenntnissen in der Causa Caramitru zur Hand zu gehen. Dort angekommen, erfahren sie schnell, dass die Motivation ihrer rumänischen Kollegen, dem Kriminellen das Handwerk zu legen, trotz diffuser Betriebsamkeit begrenzt scheint. Nachdem das Eis gebrochen ist, macht der Bukarester Rangoberste mit seiner deutschen Kollegin reinen Tisch: Natürlich steckt allerhand Korruption dahinter, doch man tut eben, was man kann.

Die Spur führt schließlich in die Provinz: Caramitru soll sich in einem abgelegenen Bergdorf in den Karpaten aufhalten, wo in einigen Tagen die Hochzeit seiner Schwester stattfinden soll. «Zielfahnder» erfährt dort eine ziemlich abrupte Tempoänderung: Während in Deutschland die schnelle High-Tech-Fahndung erzählerisch dominiert hat und in der rumänischen Hauptstadt eine ebenso dynamisch in Szene gesetzte Tour durch die finsteren Ecken, müssen Landauer und Schröder in der rumänischen Pampa eine brutale Entschleunigung erfahren und sich den örtlichen Gegebenheiten der Landbevölkerung anpassen, um an Informationen zu kommen.

«Zielfahnder» ist ein Spiel mit dem Erzähltempo zwischen dem technologisch-taktisch fortschrittlichen Westen und dem rückständigen Osten, der zumindest in der Provinz unter den Nachwirkungen des Sozialismus und den nicht eingelösten Versprechen der europäischen Einigung darbt. Drehbuchautor Basedow und Regisseur Graf beherrschen die filmische Rhythmik meisterhaft, und es gelingt ihnen eindrucksvoll, die hintergründigen und vordergründigen Töne zu einer kohärenten narrativen Struktur zu verweben.

Einzig die Charakterzeichnungen wirken manchmal nicht so eingängig und angenehm klischeearm, wie sie das Duo Basedow-Graf schon in anderen Produktionen illustrieren konnte: Der Blick hinter die testosteronstrotzende Fassade der männlich dominierten Polizeiteams in NRW und Rumänien bleibt weitgehend verborgen, was ein weiteres spannendes Erzählthema versperrt, während die unverarbeiteten Traumata von Hanna Landauer oberflächlicher bleiben, als sie hätten sein müssen. Das sind – verglichen mit den vielen gelungenen Aspekten dieses Films – freilich beiläufige Randnotizen, die vor allem hinter den hervorragenden schauspielerischen Leistungen von Ulrike C. Tscharre und Ronald Zehrfeld zurücktreten.

Das Erste zeigt «Zielfahnder – Flucht in die Karpaten» am Samstag, den 19. November um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/89439
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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Sentinel2003
18.11.2016 13:02 Uhr 1
Jepp, auch der Trailer ist schon spannend!
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