Popcorn & Rollenwechsel

Gut erklärt, schlecht gepunktet

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Filmkritik befindet sich stets auf einem Subjektivitätsspektrum – und daher sind Benotungen so problematisch: Sie gaukeln ein objektives, festgezurrtes Urteil vor, sind aber der Gipfel des Subjektiven.

Es ist schon ulkig. Immer wieder müssen sich Kritiker von ihrem Publikum den Vorwurf gefallen lassen, sie würden bevormunden. Und gewiss, es gibt Kritiker, die stets einen autoritären Unterton bei sich haben, so dass es wirkt, als würden sie einem vorschreiben, was man zu denken hat – wer widerspricht, muss irre sein. Die meisten Kritiker beschreiben aber nur. Was sie gesehen, erlebt, gedacht haben. Der vorschreibende Aspekt ist nur Illusion. Doch ausgerechnet die Bevormundung schlechthin wird immer und immer wieder eingefordert, sollte ein Kritiker sie nicht aus freien Stücken von sich geben: Die Benotung.

Ob nun X von 10 Punkten, Y von 5 Sternen, Daumen runter bis Daumen rauf oder Schulnoten oder gar XY von 100 Prozent – die Leserschaft will wissen, welche Wertung ein Film erhält. Und stürmt zu Rottentomatoes, um nachzuschlagen, wie frisch eine kommende Kinoproduktion denn nun ist. Nur dass Noten eine deutlich größere Mogelpackung sind als die Artikel, Videos und Podcasts, die sie begleiten.

Eine Erklärung dessen, wie ein Film rüberkam, ist offen interpretierbar. Wenn ich erkläre, dass ein Thriller aufgrund der scharfzüngigen, bitteren Dialoge unfassbar spannend ist, kann jeder, der dies liest, für sich selber entscheiden: „Finde ich, dass das wirklich spannend klingt? Spannung generiert sich doch durch Handlungen!“ Ich stelle eine Behauptung auf, bemühe mich redlich, dass sie ein solides Fundament hat – und es steht jedem frei, darauf basierend sein eigenes Bild davon zu machen. Eine 8/10 oder 2/5 oder ein „ :-) “ hingegen steht im Raum. Es ist ein endgültig erscheinendes Urteil – nur, dass jeder seine eigene Meinung hat, was dieses Urteil bedeutet. Ist eine 7/10 noch allgemeinhin empfehlenswert, nur noch was für Genrefans oder bereits „nicht den Kinoeintrittspreis wert“?

Das viel geschundene «Ben Hur»-Remake aus diesem Jahr etwa habe ich als zwischendurch träge, aber durchweg beeindruckend ausgestattet beschrieben, als Film mit flachen Figuren und kitschigem Ende – aber auch mit zwei starken Actionsequenzen. Ich habe das als noch ganz in Ordnung beschrieben. Gleichwohl kann jeder, der mit seinem Kinobudget deutlich strenger haushaltet und obendrein wenig Interesse an Sandalenfilm-Action hat, aus der Kritik herausziehen, dass es sich für ihn nicht gelohnt hätte, diesen «Ben Hur» auf der Leinwand zu schauen. Mit einer Note drücke ich dem ganzen aber einen verwirrenden Stempel auf. Bekommt der Film eine 5/10? Eine 6/10? Nur eine 4/10? Wie positiv sind die zwei starken Momente zu gewichten, wie negativ die langweiligen? Und wie ist dies im Vergleich zu anderen Filmen zu rechtfertigen, mit denen er sich fortan auf einer Skala zu messen hat?

Ausformulierte Gedanken lassen sich plausibel revidieren: Meine Lieblingsfilme wachsen mit jeder Sichtung immer weiter – also könnte ich immer ausführlichere Lobeshymnen schreiben. Aber wenn ein Film erstmal die Bestnote hat, wird er für immer die Bestnote haben. Eine 11/10 ist lächerlich. Und was ist mit Filmen, die zwiegespaltene Reaktionen hervorrufen? Bekommt eine hochemotionale, aber saudumme Romanze nun nur eine 5/10, weil sie bloß die Hälfte der möglichen Anforderungen erfüllt? Oder bekommt der Film eine deutlich bessere Note, weil er in dem brilliert, wo genrebedingt der Schwerpunkt liegt? Ist etwa gar eine 9/10 denkbar?

Punktebewertungen. Ich gebe ihnen 5,5 von 12 Fragezeichen.

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