Quoten der Sat.1-Freitagabend-Shows
- «Superkids» (3 Folgen, 07/16): 9,4%
- «Promi BB» (3 F., 09/16): 12,3%
- «Ran an den Mann» (4 F., 09-10/16): 7,8%
- «Reingelegt» (4 F., 10-11/16): 6,9%
- «111...» (2 F., 02/17): 10,3%
Durchschnittliche Marktanteile aller Sat.1-Primetime-Shows mit mehr als einer Folge am Freitagabend.
Angelegt ist die neue Show als eine Art Collage verschieder wissenschaftlicher Experimente, die dem menschlichen Verhalten auf den Grund gehen sollen. Dazu hat man sich als Moderatorin Ruth Moschner angeln können, die gemeinsam mit dem Diplom-Psychologen Rolf Schmiel sowie vier wechselnden Prominenten durch die Sendung führt - und dabei überwiegend als Ansagerin diverser Einspielfilmchen fungiert. Produzent des Projekts ist RedSeven Entertainment, zu Gast hat man in der ersten Folge Paula Lambert, Antoine Monot Jr., Motsi Mabuse und Reiner Calmund.
Und zumindest mit diesen Gästen hat man einen guten Griff gemacht, da diese in den gar nicht mal so häufigen Studio-Parts gut miteinander interagieren und allesamt die eine oder andere amüsante Pointe bzw. den einen oder anderen unterhaltsamen Kommentar zu setzen wissen. So bleibt die Stimmung am Tisch über weite Strecken hinweg ausgelassen und kurzweilig - wozu auch die gute, aber völlig unterforderte Ruth Moschner ihren Teil beiträgt - und übertüncht so ein wenig die inhaltliche und konzeptionelle Armut, welche die neue Primetime-Hoffnung ansonsten umgibt.
Welcher Couleur diese "spannenden" wissenschaftlichen Experimente wohl werden würden, zeigt sich bereits in den ersten Minuten, wo die Promis dazu angehalten werden, ein Werkzeug zu zeichnen, das ihnen spontan in den Sinn kommt. Was zunächst nach einem albernen Zeitvertreib für zwischendurch ausschaut, bekommt dank der psychologisch feingeistigen Interpretationskunst des moderativen Anhängsels Rolf Schmiel die nötige verbale Bedeutungsschwere, die der laienhaften Kritzelei ansonsten abgehen würde. Es sei nämlich ganz klar, dass Sexpertin Paula Lambert einen zweiseitigen Schraubenschlüssel aufgemalt hat, da sie bei ihrer täglichen Arbeit ja immer ein offenes Ohr für beide Seiten - Frauen und Männer - haben müsse. Und für Monot Jr. und Calli kommt selbstverständlich nur der Hammer in Frage, weil sie ja "Macher-Typen" seien. Joar... schön, dass wir mal drüber geredet haben.
Als Autor dieses Artikels erkenne ich übrigens auch eine überaus bedeutungsschwangere Symbolik in diesem Spiel mitsamt der angefügten Schmielereien: Als Gesamtwerk verkörpert es die Ambivalenz zwischen der Banalität dessen, was dem Zuschauer da als abendliches Infotainment zum Fraß vorgeworfen wird, und der Hochstilisierung dessen als große und bedeutende Wissenschaft. Die Show hätte also gar nicht anders beginnen können, ganz klar! Wer diese subtilen Signale nicht empfängt und trotzdem dranbleibt, sieht neben sinnfreien Straßenumfragen auch nicht minder sinnfreie Promi-Clips, in denen unter anderem Monot Jr. Menschen "Hau den Lukas" spielen oder Calli noch einmal in seine Paraderolle als «Big Boss» schlüpft und junge Männer mit verschiedenen Verhandlungsstrategien über den Flohmarkt jagen lässt.
Letztendlich sollte man sich bewusst werden, was man sich von seiner freitagabendlichen Lebenszeit so erhofft. Reicht es einem, ein paar mittelmäßig hilfreiche Flirt- und Verhandlungstipps zu bekommen, die mitunter auf der Basis von gerade einmal zwei(!) Testläufen für allgemeingültig erklärt werden, kann man sich der Illusion durchaus hingeben, dass aus «So tickt der Mensch» sowas Ähnliches wie wissenschaftliche Erkenntnisse zu extrahieren ist. Reicht es einem, ein paar launigen Promis beim Rumjuxen zuzuschauen, kann der Konsum auch noch erfüllend sein. Innovative Unterhaltung jedoch bekommt man letztlich ebenso wenig wie einen wirklichen Mehrwert, da die Dosis Wissenschaft, die hier verabreicht wird, bestenfalls im homöopathischen Bereich liegt - mit ganz starker Placebo-Tendenz.
Mit Blick auf die Erfolgsaussichten dieses Unterfangens kann man darauf hoffen, dass es sich letztlich schmerzfrei auf Höhe des Senderschnitts versendet und drei weitere Freitagabende so wenig peinlich wie möglich gefüllt werden - das ist zuletzt mit dem Ranking-Format «111...» gelungen und dürfte das Maximum des Erreichbaren sein. Meinen es die Menschen weniger gut mit Sat.1, lässt sich auf «Duell der Stars» rekurrieren, das zuletzt am Sonntagabend versuchte, eine weitere abgespeckte Version des Jahrhundert-Formats «Schlag den Raab» zu etablieren - und eine ganz böse Bruchlandung hinlegte. Eines jedenfalls ist völlig unrealistisch: Mit diesem halbgaren Allerweltsformat, das die Zuschauer nicht wirklich ernst nimmt und ihm Gewöhnlichkeiten am laufenden Band präsentiert, einen nachhaltigen Erfolg zu landen.
Dass mit «So tickt der Mensch» keine Bäume auszureißen sind, scheinen übrigens auch schon die Programmverantwortlichen von Sat.1 erkannt zu haben: Waren ursprünglich vier Ausgaben geplant, beschränkt man sich nun auf die Präsentation dreier zweistündiger Folgen um 20:15 Uhr. Stattdessen kommt der neue Fun-Freitag inklusive Revitalisierung von «Genial daneben» bereits am 10. März zurück (wir berichteten).
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