Filmfacts «Die Schöne und das Biest»
- Regie: Bill Condon
- Produktion: David Hoberman, Todd Lieberman
- Drehbuch: Stephen Chbosky, Evan Spiliotopoulos
- Darsteller: Emma Watson, Dan Stevens, Luke Evans, Kevin Kline, Josh Gad, Ewan McGregor, Stanley Tucci, Audra McDonald, Gugu Mbatha-Raw, Ian McKellen, Emma Thompson
- Musik: Alan Menken
- Kamera: Tobias Schliessler
- Schnitt: Virginia Katz
- Laufzeit: 130 Minuten
- FSK: ab 6 Jahren
Gemeinhin möchte man, zumindest aus filmhistorischer Sicht, denken: Ein Remake muss sich von der Vorlage entfernen, um eine Daseinsberechtigung zu haben. Denn solange das Original noch existiert, wieso sollten die Verantwortlichen der Neuadaption ihm gegenüber vollkommen devot sein? Eine neue Perspektive, ein abweichender Tonfall, veränderte Gegebenheiten – das kann für die erneute Befassung mit bereits bekannten Stoffen sinnstiftend sein. Dass Originalgetreue nicht Trumpf ist, bewies darüber hinaus die ablehnende Reaktion von Kritikern und Kinogängern auf das besagte «Psycho»-Remake.
Die Rezeptionsgeschichte lehrt indes: Abweichungen vom Gewohnten kommen ebenfalls nicht immer gut an. Rob Zombie machte in seinem «Halloween» aus einem ominösen Slasherschurken einen White-Trash-Spross, dessen kaputte Psyche genau skizziert wurde. Paul Feig änderte das Geschlecht der «Ghostbusters» und formte ihren Humor von 80er-Jahre-Situationswitz zu heutiger "American Akwardness". Beide Male fanden sich überzeugte Verteidiger der neuen Ansätze, während die Kern-Fangemeinde wütend schnaubte.
Eine Erweiterung, kein Neuansatz
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Bei dieser Art des Neuspinnens eines bekannten Stoffes ist daher nicht primär der gewählte, neue Ansatz für ein etwaiges Gelingen oder Misslingen entscheidend. Sondern viel mehr die gebotene Handwerkskunst. Wie nahtlos fügen sich die Ergänzungen in das nur behutsam angepasste Grundgerüst der Vorlage und wie beeindruckend ist der Produktionsaufwand? Die Disney-Bühnenstücke sind in dieser Hinsicht mal herausragende Volltreffer (wie die meisten «Der König der Löwen»-Bühnenmusicalbesucher bestätigen dürften) und mal blamable Versuche, mittels eines bekannten Titels mehr Geld zu scheffeln (wie viele der Unglücklichen sagen werden, die sich dem «Arielle, die Meerjungfrau»-Musical aussetzten).
Im Falle von «Die Schöne und das Biest» gibt es kaum etwas zu kritteln, dafür umso mehr zum Bestaunen: Condon entschied sich für einen prachtvollen Rokoko-Stil, der konsequent und handwerklich herausragend durchgezogen wird, so dass die Leinwand vor Opulenz und Detailreichtum geradezu trieft. Die Kostüme sind preiswürdig – sie erinnern durch ihre Farbästhetik an die Trickvorlage, sind dabei jedoch dank der liebevoll verarbeiteten Stoffe historisch glaubwürdig und daher ansehnlicher als irgendwelche Karnevalskostüme. Hinzu kommen filigran verzierte Requisiten, detailreiche Digitaltrickfiguren (die dennoch eine Seele aufweisen) sowie weitläufige Kulissen, und fertig ist die visuelle Pracht, die «Mr. Holmes»-Kameramann Tobias Schliessler zumeist in ruhigen, weitwinkligen Bildern einfängt. Die bei Tageslicht spielenden Außenszenen in Belles beschaulichem Dorf wirken durch eine etwas übermäßige Beleuchtung arg artifiziell, der restliche Film ist hingegen in einem dem Produktionsdesign angemessenen, theatralen Look abgelichtet.
Schwelgend, statt intensiv
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Die schlichte, effektive Geschichte der klugen, schönen Dorf-Außenseiterin Belle, die sich in einem verwunschenen Schloss einem garstig aussehenden Biest annähert, nachdem sie in ihrer Heimat dem prahlenden Schönling Gaston die kalte Schulter zeigte, erweitert Condon intuitiv. Der rundum gelungene Disney-Zeichentrickfilm zeigt zwar, dass es keine der Ergänzungen aus der Feder von Stephen Chbosky und Evan Spiliotopoulos dringend bräuchte. Aber das Autorenduo lässt neues Material und aus dem Trick-Meilenstein übernommene Sequenzen fließend ineinander übergehen. Belle gewinnt so neue, dramatische Zwischentöne hinzu, Gaston wird ein gutes Stück schurkischer und dem Biest wird sowohl mehr Humor als auch eine größere Verletzlichkeit zugeschrieben.
Das Ensemble wird in seinem darstellerischen Können von dem ganzen Pomp etwas überschattet – blass bleiben Emma Watson als Belle und Dan Stevens als (mittels haptischer und digitaler Effekte erzeugtes) Biest zwar keineswegs. Dennoch sind die Zeichentrickversionen mimisch und gestisch ausdifferenzierter, während die Gefühlswelt der Titelfiguren in der Condon-Variante öfter durch Text und Inszenierung verdeutlicht wird, statt durch Ausdruck. Dessen ungeachtet spielen Watson und Stevens die schrittweise entstehende Anziehung zwischen ihren Rollen liebenswert aus. Luke Evans hat indes wonnige Spielfreude in der Rolle des Ex-Kriegers Gaston und Josh Gad überträgt als LeFou den grellen Tonfall dieses Schurken-Sidekicks von der Zeichentrickvorlage gekonnt in eine etwas gemäßigtere Variante.
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Fazit: Prächtige Optik und wunderschöne Musik machen aus dieser behutsam ausgearbeiteten Real-Neuverfilmung des Disney-Zeichentrickklassikers eine prunkvolle Kinoproduktion, die eher ein schwelgendes Fest als eine smarte Neuinterpretation der Vorlage darstellt. Anders gesagt: Ab ins Kino und träumen, statt alles rauf und runter zu analysieren.
«Die Schöne und das Biest» ist ab dem 16. März 2017 in vielen deutschen Kinos zu sehen – in 2D und 3D.
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