Die Kritiker

«Im Tunnel»

von

Maria Simon begeistert als Frau, die glaubt, einer Verschwörung auf die Schliche zu kommen, von ihrem Umfeld aber für verrückt erklärt wird.

Cast und Crew

  • Regie: Kai Wessel
  • Darsteller: Maria Simon, Jasmin Gerat, Carlo Ljubek, Johanna Gastdorf, Johannes May, Tom Philipp, Katharina Wittenbrink, Bernd Tauber, Carolin Garnier
  • Drehbuch: Astrid Ströher
  • Kamera: Ngo The Chau
  • Schnitt: Tina Freitag
  • Musik: Martin Todsharow
  • Produktionsfirma: Letterbox Filmproduktion
Seit Maren (Maria Simon) ihren Bruder Erik (Johannes May) erschlagen vorgefunden hat, ist sie nicht mehr dieselbe. Sie verbeißt sich in die Idee, dass die Polizei nicht die wahren Hintergründe aufgedeckt hat und recherchiert auf eigene Faust die Umstände, die zu Eriks Tod geführt haben. Alsbald ist sie überzeugt, dass eine massive Verschwörung darauf wartet, aufgedeckt zu werden. Die deutsch-russische Mafia hat im alten Hamburger Tunnelsystem giftige Abfälle entsorgt, denkt Maren.

Womöglich ist sogar ihr Mann Mehdi (Carlo Ljubek) in die Sache verwickelt. Und das habe halt irgendwie zu Eriks Tod geführt. Vielleicht wusste er mehr und musste ruhig gestillt werden … Oder ist Maren einfach nur gaga?

Regisseur Kai Wessel («Nebel im August») inszeniert diese zweischneidige Thrillergeschichte mit scharfem visuellen Auge: Der titelgebende Tunnel ist ein versifftes, labyrinthartiges sowie beklemmendes Gewölbe, das sowohl als schauriger Schauplatz dient als auch eine überaus versiert durchgezogene Metapher für Marens Gedankenkonstrukt sein könnte. Wessel fängt sowohl die abgeklärte, zweiflerische Perspektive von Marens besorgtem Umfeld ein als auch die diffuse Welt der Protagonistin – die Ästhetik ist düster und überhöht, womit er sein Publikum einige Zeit im Unklaren lässt. Ist Maren einer realen Verschwörung auf der Spur und unterstreicht Wessel dies mit einer archetypischen Thrillerästhetik? Oder sind Klang- und Bildsprache so dick aufgetragen, weil Maren sich alles nur einbildet?

Wessels Inszenierung wird verstärkt durch die einmal mehr exzellente Kameraarbeit von Ngo The Chau («Stereo») und stützt sich auf dem emotional komplexen Skript von Astrid Ströher («Notruf Hafenkante»). Die Autorin hat nicht nur ein Gespür dafür, Marens Verzweiflung und Wut auf die ignorante Welt in treffende Worte zu packen, sondern versteht es genauso gut, Maren irre und manisch klingen zu lassen. Gleichermaßen klingt ihr Umfeld mal besorgt und hilflos und mal verschwörerisch-boshaft.

Hauptdarstellerin Maria Simon nimmt dies als Sprungbrett begeistert nach «Silvia S.» einmal mehr als Frau, die sich in einen emotionalen Abgrund manövriert – und lässt mit ihrem aufgrund der vielen Nuancen schwer einzuordnenden, packenden Spiel «Im Tunnel» galant auf der Rasierklinge zwischen Verschwörungsthriller und Psycho-Drama tänzeln. Sobald der Film das Rätsel aufdeckt und verrät, ob Maren richtig liegt (was an dieser Stelle nicht verraten werden soll), zieht er diesen Wandel dann Konsequent durch und findet ein, wenngleich wenig subtiles, wohl aber sehr beeindruckendes Ende.

Fazit: Spannend, stark gespielt, toll gefilmt: «Im Tunnel» ist ein packender ZDF-Montagsfilm.

«Im Tunnel» ist am 24. April 2017 ab 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/92658
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