Begeisterungsfähigkeit kann etwas Schönes sein. Dennoch: In der Filterblase des filmbegeisterten Internets tun sich extreme Splittergruppen gewisser Fanfraktionen durch äußerst unschönes Verhalten hervor. Erst kürzlich wurde an dieser Stelle der Finger in diese Wunde gelegt, aber damit war das Thema noch lange nicht ausgeschöpft. Auch die folgenden Fangemeinden lassen ihren guten Ruf von anstrengenden Teilgruppen in den Dreck ziehen.
So sehr etwa Christopher Nolan mit seinem beeindruckenden Auge für nachhallende Bilder und seinem Talent dafür, Tonfall, Thema und Story zu einer starken Einheit zu verweben, jede Menge Lob verdient hat: Missionarische Christopher-Nolan-Fans mutierten in den vergangenen Jahren zu sehr anstrengenden Zeitgenossen. Sie voten seine Filme starrsinnig so hoch, dass sie fast im Alleingang die IMDb-Filmrankings als ernstzunehmenden Popularitätsmaßstab ad absurdum führen. Sie greifen Filmkritiker an, die «Dunkirk» weniger als die Bestnote in ihrem jeweiligen Berwertungsmaßstab geben und sprechen ihnen ab, Ahnung von der Kinomaterie zu haben.
Und zu allem Übel zieht Nolan obendrein viel mehr Hardcore-Fans an, die Scheuklappen aufsetzen, als die meisten anderen namhaften Regisseure dieser Zeit. Solche Anhänger verweigern sich, den Filmen eine Chance zu geben, die Nolan überhaupt erst inspiriert haben. Grantig, aggressiv und unwillig, über den eigenen Tellerrand hinwegzuschauen – man möchte fast glauben, dass sich manche Nolan-Fans seine Filme gar nicht wirklich aufmerksam angucken. Sonst wüssten sie doch, dass das keine gute Kombination ist!
Insofern sind diejenigen, unter den Christopher-Nolan-Fans, die nicht einfach bloß seine Filme feiern, sondern sich im Verteidigen ihrer Position zu Nolan-Schurken verwandeln, die geistigen Cousins sämtlicher «Fight Club»-Fans, die den Film nicht kapiert haben. Und davon gibt es eine raue Menge. Eine derart überwältigende Menge, dass sich David Fincher wiederholt gegen die Fanbase seines Films aussprach und angeblich stets an die Decke geht, wenn ihm jemand sagt, «Fight Club» sei sein Lieblingsfilm. «Fight Club» ist eine Satire – sowohl der Konsumgesellschaft als auch der toxischen Überkorrektion einiger besonders testosteronüberschüssiger Exemplare der Generation X.
Es ist ein Film, über den man kopfschüttelnd grinsen soll – und nicht etwa ein Leitfaden dafür, wie man ein besserer Mann wird. "Was würde Tyler Durden tun?", fragen sich Millionen von Kerlen – die offenbar das letzte Filmdrittel nie gesehen haben, weil sie sich bei jeder Filmsichtung bis dahin längst ihrer Hemden entledigt haben und damit beschäftigt sind, davon zu träumen, auch im digitalen Kinozeitalter Penisse in Kinderfilme zu schneiden. Und in Ermangelung eines Kampfkellers zetteln sie halt täglich Verbalkämpfe im Netz an.
Eine echte Wohltat im Vergleich dazu sind Bond-Fans, denn die greifen viel weniger Leute an, die Artikel über 007 schreiben. Stattdessen verwandeln sie Kommentarsektionen gerne Mal in Kriegsgebiete, indem sie sich gegenseitig zerfleischen. Nimmt man die Worte "James Bond" in den Mund, kann man sich als Schreiberling zurücklehnen und zuschauen, wie sich "Connery ist der einzig wahre 007!"-Puristen mit "Alles vor Craig war geil!"-Motzern und "Nein, nur Craig ist gut!"-Fans anlegen, während "Hallo, ich mag Bond nur, wenn er lustig ist. Moore und Brosnan forever!"-Stimmen um Gehört ringen. Und das ist alles nur der Anfang. Wenn man jemals einen Weg findet, Debattierenergie in Strom umzuwandeln: Bond-Debatten sind ein Perpetuum Mobile, und somit das Ende aller Energiekrisen.
Fanwut könnte also eines Tages sogar etwas Gutes an sich haben. Das sind doch mal positive Aussichten in unseren dunklen Zeiten!
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