Sonntagsfragen

'Es ist fast unmöglich, Comedy-Grundkonzepte zu finden, die völlig unangetastet sind'

von   |  1 Kommentar

Anlässlich des Starts der dritten «Ponyhof»-Staffel erklären die Moderatorinnen Jeannine Michaelsen und Annie Hoffmann, was sich in ihrer Show verändert und wie es ist, dauernd mit Joko und Klaas verglichen zu werden.

Über «Ponyhof»

Die 2015 bei TNT Glitz (nun: TNT Comedy) gestartete Comedyshow wird von EndemolShine Germany produziert und zeigt die Moderatorinnen Annie Hoffmann und Jeannine Michaelsen in Sketchen, Wettkämpfen mit albern-kantigem Humor, verrückten Straßenaktionen sowie in unterhaltsamen Studiogesprächen mit prominenten Gästen.
In Staffel zwei wurde erstmals Studiopublikum auf den «Ponyhof» eingeladen. In Staffel drei ist es wieder weg …
Annie Hoffmann: Ja, das ist vollkommen richtig! (Lange Pause) Tja. Was sag ich jetzt dazu?

Jeannine Michaelsen: Soll ich? Ach, nee, das ist sicher unhöflich, dir jetzt ins Wort zu fallen.

Annie Hoffmann: Nee, passt. Du bist schon warm. Mach einfach!

Jeannine Michaelsen: Wir haben uns noch einmal alle zusammen die zweite Staffel angeschaut, um zu überlegen, was wir in der dritten Staffel berücksichtigen sollten. Das geschah parallel zum produktionstechnischen Planungsprozess von Staffel drei – also, während wir festgelegt haben, wie viele Folgen es geben wird, wann wir drehen, wie viele Folgen wir am Stück drehen, wie es hinter den Kulissen aussehen wird, und so weiter. Und beim Anschauen der zweiten Staffel haben wir festgestellt, dass für uns als Zuschauer der Gewinn durch das Publikum gering ausfiel. Und da wir überlegt haben, die dritte Staffel etwas anders auszurichten, mussten wir dann abwägen: Das Publikum beibehalten oder am Set mehr ausprobieren – etwa mit einer freieren Kameraführung, wofür die Kameras auch mal dort hin sollten, wo vorher die Bänke fürs Publikum standen. Wir wollten im Studio mehr parallel zueinander machen und einfach mal spontan herumspielen.

Das fanden wir dann letztlich reizvoller als das Publikum beizubehalten. Auch wenn es für mich immer etwas seltsam ist, ohne Publikum vor die Kamera zu treten. Ich bin es nicht gewohnt, wenn nicht sofort ein Publikum reagiert und es ist jedes Mal eine große Umstellung, quasi ins Leere hineinzureden. Doch dieses Manko war gegenüber den Vorteilen davon, auf das Publikum zu verzichten, unbedeutend.

Das deutsche Studiopublikum scheint ja absurde Geduld zu haben. Wenn Jeannine von den Aufzeichnungen von «Das Duell um die Welt» oder «Die beste Show der Welt» erzählt – also ich würde mich keine sieben Stunden in ein Studio setzen wollen!
Annie Hoffmann
Annie Hoffmann: Zumal wir ja nun einen anderen Look in der Sendung haben – sie ist freestyliger gefilmt und generell aufwändiger. Wenn ich mir vorstelle, wir hätten das gemacht, wenn Publikum anwesend ist … Wen hätte das interessieren sollen? Wobei das deutsche Studiopublikum ja absurde Geduld zu haben scheint. Wenn Jeannine von den Aufzeichnungen von «Das Duell um die Welt» oder «Die beste Show der Welt» erzählt – also ich würde mich keine sieben Stunden in ein Studio setzen wollen!

Jeannine Michaelsen: Sieben Stunden?

Annie Hoffmann: Ja, sorry! Ich wollte gegenüber der Presse tief stapeln und habe halt sieben gesagt, statt zwölf. Das klingt schöner – ich wollte hier keine realistischen Angaben machen. Das war auch dir zuliebe, weil das so klingt, als würdest du das alles schneller gewuppt kriegen.

Jeannine Michaelsen: Ich danke dir.

Das klingt also so, als hätten sich auch beim «Ponyhof» die Drehtage verlängert ...
Annie Hoffmann: Nein, das jetzt weniger. Die pure Drehzeit für eine Folge hat sich nicht groß verlängert – und den Löwenanteil des Studioteils haben wir weiterhin fast in einem Rutsch gedreht. Es war also nicht so, als hätten wir alles aus fünf verschiedenen Winkeln gefilmt. Wir haben aber dieses Jahr einfach mehr rumexperimentiert und vor allen Dingen mehr Raum für die Kamera gelassen, das war uns allen sehr wichtig. Dieses Mal konnten wir spontan immer wieder zu unseren Gästen sagen: Hey, lasst doch mal rasch das und jenes ausprobieren. Diese Freiheit hast du mit einem Studiopublikum natürlich nicht in diesem Maße, weil der Dreh des Studioteils pünktlich beginnen muss.

Im «Ponyhof»-Gästetalk gibt es sehr wenig Promo für kommende Projekte, was für Sendungen dieser Art ungewöhnlich ist. Ist das eine aus der Not des langen Produktionsvorlaufs geborene Tugend?
Annie Hoffmann: Ich find es wichtig, dass du dich mit dem Gast beschäftigst und ihn Sachen fragst, die dich persönlich interessieren. Es ist viel spannender, ein Gespräch um den Gast als solchen zu stricken, statt nur was zu fragen, das für einen Monat von Relevanz ist.

Unsere Interviews basieren auf der Überlegung, dass die Gäste als die Menschen, die sie sind, einen Mehrwert zur Sendung beitragen sollen.


Es stimmt, dass wir mit unserem Produktionsvorlauf auch Probleme hätten, vernünftig Promo zu machen. [...] Aber sind wir mal ehrlich: Wer will schon unbedingt in «Ponyhof» Werbung für seine Sache machen? In unsere Sendung kommst du nicht, weil du denkst, du erreichst damit lanzesk mal eben fünf Millionen Leute, denen du deinen Film unter die Nase reiben kannst. Zu uns kommst du, weil du Bock auf unsere Sendung hast.
Jeannine Michaelsen
Jeannine Michaelsen: Ich glaube, dass man ja auch an unserer Gästeauswahl sieht, dass wir nicht Leute einladen, die nur punktuell mal mit was rauskommen, das dann akut beworben werden muss. Die Schnittmenge liegt bei Leuten, auf die wir selber Bock haben und denen, die Bock auf uns und obendrein Zeit für uns haben. So kommt dann eben ein Gästemix zusammen, der Leute umfasst wie Stephan Staats und Anna Bederke. Die haben nichts miteinander zu tun, jedoch sind sie super spannende Leute, die sehr gut unterschiedliche, interessante Jobs ausüben.

Genau wie Annie finde ich es viel besser, wenn die Fragen nicht ganz rudimentär ein einzelnes Projekt abstecken, und man sich als Gast einfach mal in eine Begegnung reinfallen lassen kann. Bei der Sendung mit Jan Köppen hatte ich etwa das Gefühl, endlich ihn als Typen kennenzulernen, statt nur zu erfahren, was er demnächst so moderiert. Der sitzt da, ist ganz easy und quatscht einfach mal ein bisschen, und ist mehr als nur der Botschafter seiner Sendungen. Unsere Interviews basieren auf der Überlegung, dass die Gäste als die Menschen, die sie sind, einen Mehrwert zur Sendung beitragen sollen.

Es stimmt, dass wir mit unserem Produktionsvorlauf auch Probleme hätten, vernünftig Promo zu machen, weil man dann im April genau wissen müsste, wer im Oktober was heraus bringt – das ist nicht immer so früh glasklar. Aber sind wir mal ehrlich: Wer will schon unbedingt in «Ponyhof» Werbung für seine Sache machen? In unsere Sendung kommst du nicht, weil du denkst, du erreichst damit lanzesk mal eben fünf Millionen Leute, denen du deinen Film unter die Nase reiben kannst. Zu uns kommst du, weil du Bock auf unsere Sendung hast.

Es ist auch so, dass sich Promis, die eh durch die Promorutsche geschickt werden, besonders freuen, wenn sie nicht wieder einmal die ewiggleichen Anekdoten vom Set erzählen müssen, sondern Mal was anderes machen dürfen – sei es Rumblödeln, ein Spiel spielen oder tatsächlich etwas ernster zu talken. Die sind froh, wenn es mal um sie als Person geht und nicht um das, was sie auf irgendeinen Schirm oder ins Bücherregal jagen.
Jeannine Michaelsen
Ist es wegen des fehlenden Promo-Effekts schwerer, prominente Leute ins Studio zu kriegen?
Jeannine Michaelsen: Unserer Erfahrung nach ist das kein Problem. Uns ist natürlich klar: Leute mit vollerem Terminkalender sind generell schwerer zu kriegen – wenn es scheitert, dann meist daran. Der Prozess sieht so aus: Wir erstellen im Team gemeinsam Listen, auf wen wir Bock haben und wer zu welchem Thema passen würde, selbst wenn die Paarung nicht immer "voll auf die 12" passt. Es ist auch so, dass sich Promis, die eh durch die Promorutsche geschickt werden, besonders freuen, wenn sie nicht wieder einmal die ewiggleichen Anekdoten vom Set erzählen müssen, sondern Mal was anderes machen dürfen – sei es Rumblödeln, ein Spiel spielen oder tatsächlich etwas ernster zu talken. Die sind froh, wenn es mal um sie als Person geht und nicht um das, was sie auf irgendeinen Schirm oder ins Bücherregal jagen.

Da ihr davon sprecht, Einfluss auf die Gästeauswahl zu haben: Wie sieht es mit den Einspielern aus? Stammt da die Grundidee auch von euch, oder setzt sich da die Redaktion zusammen und findet Gemeinheiten, zu denen sie euch zwingen kann?
Jeannine Michaelsen: Also, zwingen tut uns hier keiner zu irgendetwas!

Annie Hoffmann: Naja, bis auf die Horrornummer im Wald. Da muss man mal ehrlich sagen: Da war die Freiwilligkeit stark eingeschränkt.

Jeannine Michaelsen: Ach, komm. Da weißt du doch vorher: Wenn du das machst, zahlst du dir damit etwas aufs Witzekonto ein. Das ist bloß ein Spaßzwang, oder?

Annie Hoffmann: (schmunzelnd) Ja, gut ... Meinetwegen …

Jeannine Michaelsen: Von Staffel eins an waren wir mehr und mehr involviert. Wir suchen uns nicht nur die Themen und Gäste aus, wir schreiben an den Sketchen mit. Ich hab zum Beispiel mit einem unserer Autoren den Songtext zu unserer Songparodie geschrieben. Wir sitzen generell mit vier, fünf Leuten zusammen. Dabei schreibt dann irgendwer Fassung eins und jemand anderes Fassung zwei, nächstes Mal ist es umgekehrt.

Was die Einzel-MAZen angeht, auf die du anspielst – davon gibt’s nun ja weniger. Annie und ich machen immer mehr gemeinsam. Und bei den Ausnahmen war die Frage: Was liegt einem, worauf hat man Lust. Ich hatte die Idee: Betrunkene singen Ständchen – und die hatte ich, sind wir doch mal ehrlich, nicht als Erste und sicher nicht als Letzte. Da hat man mal was gesehen, und das hängt im Hinterkopf rum und man wandelt das nach seiner Fasson ab. Und dann haben wir überlegt: Was könnte man ähnliches machen – als Pendant für Annie. Und dann kam die Idee zustande, ihr eine Talkshow zu geben. Und wenn ich mich recht erinnere, hatte Annie da zum Glück Bock drauf. Das war ein schöner, regnerischer Abend in Köln für uns alle. Erst die Betrunkenen mit mir auf der Straße, dann bei Annie im Talkshowstudio.

Annie Hoffmann: Genau, wir sammeln immer erstmal Ideen, was wir gern in der Show hätten – erst einmal unabhängig davon, wer was macht. Als wir noch häufiger getrennte MAZen hatten, war zudem klar: Wenn eine von uns etwas macht, müssen wir das ausgleichen. Und dieses Mal musste was für mich her, weil Jeannine die Idee mit ihrem gesungenen Einspieler hatte. Und da war klar, dass ich da raus bin, denn das will keiner hören.

Jeannine Michaelsen: Du bist zu hart zu dir!

Annie Hoffmann: Nein, wir wissen alle, dass das wahr ist. Ich kann nicht singen. Aber dann kam Thommy, einer unserer Autoren, auf mich zu und meinte: "Ey, Annie Will – das kling geil. Also: Machen wir 'ne Talkshow!" Dann haben wir Themen gesucht, die wir darin besprechen würden. Dabei hatte Jeannine etwas Input, von irgendwem Anderen kam die Idee, Betrunkene einzuladen. Der Entstehungsprozess ist also, wie man sieht, sehr organisch und kollegial.

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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Maxi
05.09.2017 11:33 Uhr 1
Annie Will ist leider ein DIREKTE Kopie der Circus HalliGalli MAZ "Promille und Contra".



https://www.prosieben.de/tv/circus-halligalli/videos/211-promille-und-contra-11-11-clip
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