Der Donnerstagmorgen hat zuletzt sicher nicht zu den liebsten Stunden der Woche im Geschäftsleben von Sat.1-Senderchef Kaspar Pflüger gehört. Schlechte Quoten waren hier über viele Formatideen hinweg die Regel. Aktuell tut sich die Renovierungsshow «House Rules, die beim australischen Sender Seven ein großer und schon vier Staffeln auf dem Buckel habender Erfolg ist, mächtig schwer. Immerhin steigerte man sich mit Folge drei in der Vorwoche wieder auf knapp sechs Prozent. Streng genommen ist aber auch das viel zu wenig. In den Wochen zuvor taten sich Clip-Shows wie «15 Dinge» (mit 6,1 und 6,8%), «21 Schlagzeilen» (mit bis zu 7,7%) oder Neustarts wie «Jetzt oder nie» (nach zwei Folgen und am Ende 4,2% in der Zielgruppe) verdammt schwer.
In Kürze wartet Rettung: Im Oktober soll «The Taste» zurückkehren. Das Koch-Casting lief zuletzt deutlich über dem Niveau des Sat.1-Mittwochs in den zurückliegenden Monaten. Doch die Show kann ja nicht die einzige Rettung ein.
Des Rätsels Lösung: Eine einfache und schnelle Lösung für das Problem gibt es bei exakter Betrachtung der Strategie nicht. Die ProSiebenSat.1-Sender sind bemüht, möglichst konträr zueinander zu programmieren. Man will sich durch zeitgleiches Senden bestimmter Genres die Zuschauer also nicht gegenseitig streitig machen. Die Sat.1-Situation am Mittwoch wird also dadurch erschwert, dass auch ProSieben mittwochs enorme Probleme hat. US-Serien funktionieren hier nicht mehr, weshalb die rote Sieben kürzlich auf US-Filme umgestellt hat. Der Einsatz von (eher frauenaffinen) Blockbustern wäre auch für Sat.1 eine denkbare Lösung, fällt aber unter Rücksichtnahme auf den Schwestersender erstmal flach. Immerhin: Mit teils zweistelligen Quoten in der Zielgruppe läuft es für die rote Sieben wieder besser.
Sat.1 wäre zu raten, mittwochs längerfristig zu denken. Das ist etwas, das in der sich stark fragmentierenden TV-Welt viel zu kurz kommt, weil es aber auch Risiken bietet. Aber: In spätestens einem Jahr wird der Mittwochabend das größte Potential zur Zuschauergewinnung aller Abende bieten. Im Mai 2018 wird das ZDF letztmals die zuschauerstarke Champions League im Free-TV zeigen. Die Königsklasse ist bekanntlich der Grund, dass viele Sender auf stark serielle Formate mittwochs verzichten – oder sie vorwiegend in der Winterpause zeigen («Der Bachelor» ist ein Beispiel dafür).
Spätestens ab der Saison 18/19, wenn Sky exklusiver TV-Partner ist (und einige Spiele an DAZN abgibt), werden die Karten am Mittwoch neu gemischt. Nicht alle Fußballfans werden von ZDF zu Sky wandern – um sie muss geworben werden. Wer das frühzeitig erkennt und ab Spätsommer 2018 auf ein starkes Format für Mann & Frau am Mittwochabend setzen kann, wird vermutlich den größten Sprung nach vorne machen. Auch deshalb muss man jetzt schwächelnde Sendungen wie «House Rules» nicht gänzlich abschreiben. Möglich, dass sie – eine inhaltliche Feinjustierung vorausgesetzt – im kommenden Jahr unter anderen Marktbedingungen zum Erfolg avancieren.
Nur: Mit öden Clip-Shows und dem nächsten Casting-Format wird man auch im September 2018 mutmaßlich nicht ganz weit kommen. Eine gut gemachte Reality-Show mit spannendem Cast und nicht zu spärlicher Episodenanzahl in Staffel eins hat alle Chancen, Sat.1 am Donnerstagmorgen zum Lachen zu bringen. Die Ideen und Konzepte sind vorhanden. Da war zum Beispiel mal eine «Maulwurf»-Neuauflage im Gespräch, die der Sender aber schnell dementierte. Da ist eine neue Maschmeyer-Show in Planung. In Amerika gibt es mit «Funderdome» eine weitere ganz spannende Gründershow. Sat.1 muss nur wollen.
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23.09.2017 20:08 Uhr 1