Ebeling lästert über seine Zuschauer
In einer Telefonkonferenz äußerte sich ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling offenbar abfällig über das Publikum seiner linearen Sender, die "ein bisschen fettleibig und ein bisschen arm" seien und "immer noch gerne auf dem Sofa sitzen, sich zurücklehnen und und gerne unterhalten werden wollen". Eine sicherlich zugespitzte Aussage, die aber die Vermarktung der Sender bestimmt nicht erleichtern dürfte.Vier Folgen der Castingshow liefen in den vergangenen beiden Wochen bereits und bestätigten mit jeweils rund vier Millionen das bockstarke Niveau, das bereits in der zweiten Oktoberhälfte zu Buche gestanden hatte. Weit mehr als zwei Millionen Menschen zwischen 14 und 49 Jahren sahen bisher jede Ausgabe der Sendung, was sonntags für rund 19 Prozent und donnerstags sogar für mehr als 24 Prozent langt. Entsprechend tolle Tagesmarktanteile springen dann auch für die beiden Programmstationen heraus: Mit 14,2 bis 14,8 Prozent errang ProSieben an jedem der vergangenen vier Donnerstagabende die (selten gewordene) Vorherrschaft beim jungen Publikum, Sat.1 gelang Selbiges an drei der vier «The Voice»-Abenden - wenngleich am hart umkämpften Sonntag "nur" rund elf Prozent in der Tagesendabrechnung zu Buche stehen.
Und sonst so? Nunja, ProSieben muss schon ziemlich weit zurückblicken, um einen Tag zu finden, an dem ohne die Schützenhilfe der einzigen ernstzunehmenden Musik-Castingshow Deutschlands Tagesmarktanteile von 14 Prozent und mehr zu Buche standen, doch zumindest die Zweistelligkeit erreichte man zuletzt immer wieder mal - vornehmlich sonntagabends, wenn große Filmhits wie «Fack ju Göhte» oder der neueste Teil der «Panem»-Reihe über den Äther gingen, oder eben mit dem großen Dauerbrenner «The Big Bang Theory» montags. Sat.1 hingegen muss sich seit Monaten mit einstelligen Zahlen begnügen, wenn nicht gerade Thore Schölermann und Lena Gercke den sichtlich eingerosteten Bällchensender aufmischen. Zumal der positive Einfluss der Show gegen 22:45 Uhr ja meist noch nicht endet: «red.» feiert donnerstags fantastische Zahlen von bis zu 20 Prozent und auch das einst so schwerfällig angelaufene «LUKE! Die Woche und ich» hat sich in Sat.1 mittlerweile zu einem vollen Erfolg entwickelt.
Blicken wir auf die bisherige Monatsbilanz nach 14 von 30 Tagen, schaut diese auf dem ersten Blick in beiden Fällen durchaus gut aus: ProSieben kann sich mit aktuell 10,4 Prozent berechtigte Hoffnungen machen, den höchsten Marktanteil des Kalenderjahres zu verzeichnen, denn bis dato waren die 10,0 Prozent aus dem März das Höchste der Gefühle. Sat.1 liegt an der Schwelle von neun Prozent - die seit genau einem Jahr nicht mehr genommen wurde. Ohne die Casting-Marke dagegen wären ProSieben mit 9,8 Prozent und Sat.1 mit 8,4 Prozent schon wieder deutlich schwächer unterwegs - wenngleich zugegebenermaßen immer noch besser als etwa in den Sommermonaten zuletzt, wo man sich der eigenen Lethargie in vollen Zügen hingegeben hatte und neue ewige Minusrekorde verzeichnete. Übrigens: Außer «The Voice» hat im November noch keine einzige Ausstrahlung auf ProSieben die Drei-Millionenmarke übertroffen («Mockingjay Teil 2» ist hier mit 2,84 Millionen der bisher größte Erfolg), für Sat.1 sieht es an der Spitze sogar noch herbstlicher aus (2,43 Millionen für «NCIS» liegt hier ganz vorne).
Dass diese Monokultur am oberen Ende der Quotenskala nicht gerade ein begrüßenswerter Zustand ist, liegt auf der Hand. Hinzu kommt, dass die Zeiten der ganz großen Erfolge nach diesem Donnerstag auch wieder gezählt sein dürften, denn dann enden die traditionell am stärksten frequentierten Blind Auditions. Im Vorjahr etwa, wo die Blinds übrigens im Durchschnitt beinahe identische Werte erzielten wie bislang, sackte die durchschnittliche Zuschauerzahl in den Battles von 3,96 auf 3,29 Millionen ab, die Singoffs und Liveshows am Ende wurden sogar "nur" noch von rund drei Millionen Menschen gesehen. Immer noch tolle Werte für Sender, die sonst gemeinhin schon glücklich sein müssen, wenn sie zwei Millionen erreichen, aber eben nicht mehr wirklich genug, um im Alleingang den Quoten-Gigantismus von ProSiebenSat.1 zu garantieren.
Andererseits hatte die Branche vor gut einem Jahr noch darüber debattiert, ob «The Voice» als Marke noch stark genug ist, um den schwierigen Sonntagabend zu tragen - diese Stimmen sind inzwischen komplett verstummt, weil der sechste Durchgang 2016 sogar in sämtlichen Bereichen zulegen konnte und auch diesmal bislang noch rein gar nichts für den großen Einbruch spricht. Bei allen ausbleibenden linearen Erfolgen für ProSiebenSat.1 kann man also zumindest im Bezug auf diese eine Marke sagen: Alles richtig gemacht!
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15.11.2017 11:56 Uhr 1