Die Vorpremiere war einmal, die Frauen- und Männer-Sondervorstellungen sind heute. Eine Kino-Vermarktungsidee von gestern.
Weiterführende, unkollegiale Kolumnen
Viele Kinos bieten sie an: Ladies Nights. Ladies-First-Abende. Männer-Previews. Echte-Kerle-Vorpremieren. Und wie sie sonst so alle heißen, diese Vorpremieren neuer Kinofilme, die ausschließlich an ein Geschlecht gerichtet sind. Mal ist nur das Marketing extrem in eine Richtung gegendert: Da gibt es vergünstigt Sekt, dort Bier. Hier ein Frauen-Lifestylemagazin gratis, dort den Playboy. Am Einlass wird dennoch niemand abgewiesen – egal, welches Geschlecht. In einigen Kinos wird dagegen der Name der Eventveranstaltung ernst genommen – wer als Mann in die "Ladies First" von «Schmachtend in den Armen liegen» möchte, wird abgewiesen. Und wer als Frau in den "Echte Kerle"-Abend von «Rumgeballer und Weggeknatter» möchte, wird ebenso zur Tür begleitet.
Ich finde, dass sich die Kinos damit schaden. Nicht, weil ich hier die große Gender-Moralkeule schwingen will. Es gibt brennendere Probleme als den Umstand, dass in manchen Lichtspielhäusern Film X und Film Y für einen Abend nur für grob eine Hälfte der Bevölkerung vermarktet/geöffnet werden. Es lässt sich zweifelsohne soziologisch und genderpolitisch über Sinn und Unsinn solcher "Nein, euch wollen wir hier nicht haben"-Veranstaltungen streiten – aber ich möchte es heute allein aus filmwirtschaftlicher Sicht betrachten. Denn letztlich ist genau das der Ansatz, der die Kinos reizt.
Und ich habe die Befürchtung: Dadurch, dass einige Filme mit zusätzlicher Gewalt in eine Schublade gepackt werden, wird ihr Potential an den Kassen gehemmt. Klar, es gibt Leute, denen es vollkommen gleich ist, ob ein Film nun eine "normale" Vorpremiere hatte, eine Frauen-Vorpremiere oder eine Männer-Vorpremiere. Aber es gibt sie, die Unmengen an Idioten, die sich denken "Ihh, Mädchenkram." Und die Dummerchen, die sich wehren: "Baaah, Männerkino." Und denen muss man mit solchen Werbeansätzen nicht noch mehr Argumente an die Hand geben, sich einigen Filmen zu verwehren.
Es trifft Filme, die vom Marketing als Frauensache abgestempelt werden, noch ein Stück mehr als die "männlichen" Pendants. Denn Frauen sind da dann doch eine Spur flexibler als "Alphamännchen", die ja stets in Panik geraten, ihnen könnte im Intimbereich etwas abfallen, sollten sie sich zu viele "Frauenfilme" anschauen. Und die Kinocharts scheinen das zu bestätigen. Die letzte Romantikkomödie, die es in Deutschland in die Top Ten der Jahrescharts geschafft hat, ist «Kokowääh 2» aus dem Jahr 2013 – mit 2,75 Millionen verkauften Eintrittskarten. Der Film lief an, als die Praxis mit den Frauenabenden und Männerabenden schon längst weit verbreitet war. Die einzige andere Romantikkomödie, die es dieses Jahrzehnt in die Jahres-Top-Ten geschafft hat? «Kokowääh» mit 4,32 Millionen im Jahr 2011.
Romantikkomödien sind ein besonders gern von einigen Männern verachtetes "Weibergenre". Und die Kinos gießen mit ihren Sonderveranstaltungen nur Öl in dieses Feuer. In den 90er-Jahren, als es solche Events kaum gab, schafften es dagegen deutlich mehr Romantikkomödien in die Jahresbestenlisten.
Allein 1999 platzierten sich «Notting Hill» (5,41 Mio.) und «Die Braut, die sich nicht traut» (5,00 Mio.) in den Top Ten der Jahrescharts. 1998? «Verrückt nach Mary» (3,21 Mio.) und «Besser geht’s nicht» (3,08 Mio.), ein Jahr zuvor gelang dieses Kunststück «Die Hochzeit meines besten Freundes» (3,66 Mio.), 1995 «Während Du schliefst» (4,02 Mio.), 1994 «Der bewegte Mann» (6,57 Mio.) und «Vier Hochzeiten und ein Todesfall» (4,64 Mio.), und es könnte so weiter gehen. Aber ich denke, mein Punkt ist angekommen.
Ja, die guten RomComs sind rar geworden. Und unklar bleibt erst einmal, ob ein Kausalzusammenhang besteht oder reine Korrelation. Aber: Hey, die Kinos können es doch einfach mal versuchen, wieder mehr "normale" Vorpremieren zu machen. Und weniger Geschlechterkampf zu betreiben. Was kann schon schiefgehen?