Ziemlich genau drei Monate ist es jetzt her, dass RTL mit «Big Bounce» sichtlich auf den Spuren von «Ninja Warrior Germany» wandelte und eine einwandfreie Trampolin-Action-Sportshow aufs Parkett zauberte. Ohne die Existenz ihres Vorbildes hätte sich das Team um Wolff Fuss und Matthias Opdenhövel damals wohl über ein herausragendes Kritiker- und Publikumsecho freuen dürfen und würde mit Fernsehpreisen nur so überschüttet worden, so wars letztlich nicht mehr als "Ninja mit Trampolin und direkten Duellen". Ein wenig dürfte man sich am Sonntagabend in diese kognitiv dissonante Evaluationssituation zurückversetzt fühlen, denn auch
«Team Ninja Warrior Germany» ist wieder hervorragend gemachtes Fernsehen mit authentischer Spannung und tollen sportlichen Performances. Doch die Faszination lässt allmählich nach - und das kann gerade am beinharten Sonntagabend zu einem echten Problem werden.
Das Spielsystem vereint gewissermaßen das Beste von «Ninja Warrior» und «Big Bounce», wobei das Trampolin erstmal wieder Geschichte ist und die Hindernisse wieder auf vornehmlich festem Boden (oder eben in luftigen Höhen) überwunden werden müssen. Erinnerungen an die winterliche Sportshow-Offensive werden vornehmlich dahingehend wach, dass auch hier wieder direkte Duelle zweier Athleten statt des Kampfes Athlet gegen Parcours und Zeit im Fokus des Interesses stehen. Genauer gesagt laufen die Vorrunden wie folgt ab: Zwei Männer und eine Frau schließen sich zu einem Team zusammen und treten gegen jeweils ein konkurrierendes Team im direkten Duell an. Das siegreiche Team erkämpft sich einen Vorteil für das zweite, entscheidende Duell mit neuem Parcours, aber gleichem Prozedere, bevor letztlich vier der acht Mannschaften in einem Staffel-Lauf um die beiden Finaltickets kämpfen dürfen.
«Ninja Warrior» im Zweikampf: Pro und Contra
Der Vorteil dieser doppelten Vorrunde: Es geht alles in allem etwas gerechter zu, da so eine Art "KO-System light" dargeboten wird und sich nicht in nur einem direkten Aufeinandertreffen entscheidet, wer weiterkommt. Hatte eine Dreier-Combo also in der ersten Runde Lospech, kann sie die daraus resultierende Niederlage im zweiten Anlauf noch ausmerzen - was etwas fairer anmutet als das reine 1 gegen 1 von «Big Bounce», wo mitunter Weltklasse-Athleten frühzeitig ausschieden, da ihre Gegner noch eine Idee grandioser performten. Zugleich prägt das direkte Duell die gesamte Folge, womit sich der «Ninja Warrior»-Charakter ein Stück weit ändert: Geht es im Original vornehmlich darum, nicht ins Wasser zu fallen und den Parcours zu bezwingen, stehen die Sportler hier unter permanentem Zeitdruck, der sie geradezu über die Hindernisse peitscht. Wohl auch deshalb hat man die Regeln dahingehend leicht angepasst, dass nun nur noch ein kompletter Sturz ins Wasser die Niederlage besiegelt, nicht mehr bloß ein simpler Wasserkontakt.
Erprobt ist dieses System übrigens wie schon das Original in den Vereinigten Staaten, wie manch ein Nitro-Zuschauer wissen dürfte - der Spartenkanal zeigt nämlich schon seit einiger Zeit die US-Version. Deren Vorteile hat man ebenso übernommen wie ihre Nachteile, die vor allem dann zum Tragen kommen, wenn zwei Duellanten eben nicht gleichwertig sind: Schwingt beim Original stets zumindest noch latent die Sorge mit, dass eine unglückliche Bewegung jeden noch so starken Teilnehmer plötzlich und unerwartet rauskickt, wird hier gezwungenermaßen auch schon mal das Rücklicht eingeschaltet - Kandidat eins fliegt über die Hindernisse hinweg, Kandidat zwei hängt verzweifelt am Seil und ist sich der Ausweglosigkeit bewusst. Noch bedauerlicher: Fällt Einer ins Wasser, hat dessen Gegner automatisch gewonnen und der Zweikampf ist sofort beendet.
In den besseren Momenten der Auftaktfolge aber kommt es eben durchaus auch zu dramatischen Zweikämpfen, in denen sich zwei Sportbegeisterte entweder komplett auf Augenhöhe begegnen oder völlig unterschiedliche Kompetenzen aufweisen, sodass es temporär scheint, als könne der Eine den Anderen abhängen, bis Letzterer am nächsten Hindernis eine nicht mehr für möglich gehaltene Aufholjagd startet. Ob dieses Spielsystem also Fluch oder Segen ist, hängt hier stark von den Sportlern respektive der Ähnlichkeit ihres sportlichen Vermögens ab. Alles in allem überwiegen aber die wirklich packenden und beeindruckenden Duelle.
© MG RTL D / Stefan Gregorowius
Das Team "Calibeasts": (v.l.) Sam Bürsner (Kapitän), Isabell Sabellek und Thanh Nguyen
Bekannte Gesichter auf und neben dem Parcours
Für Fans des Originals sicherlich auch schön: «Team Ninja Warrior Germany» ist gespickt mit alten Bekannten wie etwa den "Last Men Standing" der beiden ersten Staffeln, Oliver Edelmann und Moritz Hans. Das überrascht wenig, weil dieses Franchise zu den seltenen Fällen gehört, wo die Show nicht mehr oder minder komplett vom normalen Leben und Handeln ihrer Hauptdarsteller entkoppelt ist. Heißt: Viele der Athleten bouldern, springen und balancieren auch in ihrer Freizeit regelmäßig, sodass längst auch eine kleine «Ninja Warrior»-Familie entstanden ist. Sowas ist selten geworden im deutsche Fernsehen, unterstreicht aber den Stellenwert, den die Marke für den Sender errungen hat.
Auch was die Moderation angeht, setzen die Programmverantwortlichen auf etablierte Größen - wenngleich Fuss und Opdenhövel zuletzt mit zunehmender Staffeldauer von «Big Bounce» durchaus unter Beweis stellten, dass es auch annähernd gleichwertige Alternativen zum Dreamdream Köppen und Buschi geben kann. Da die Staffel mit sechs Folgen sowie einem abschließenden Promispecial für den guten Zweck recht überschaubar ausgefallen ist, sollte das tragen können. Zumindest, sofern die Zuschauer überhaupt noch Lust auf diese Sendung haben. Eingedenk der zunehmend kürzeren Ruhepausen zwischen den sportlichen Höchstleistungen mutet es durchaus als denkbar an, dass die Begeisterung allmählich abebbt. Und das kann am knallharten Sonntagabend schnell böse enden.
Hast du Lust auf «Team Ninja Warrior Germany»?
Fazit: Inhaltlich alles super
Alles in allem ist «Team Ninja Warrior Germany» also ein Format, bei dem man kaum inhaltliche Bedenken bekunden muss: Die Team-Variante divergiert ausreichend vom Original, um ihr eine grundsätzliche Existenzberechtigung beizumessen, lehnt sich daran allerdings zugleich auch ausreichend an, um nicht Gefahr zu laufen, die gewonnenen Fans zu verschrecken. Dramaturgisch ist die Sendung wieder richtig stark von Norddeich TV in Szene gesetzt, Buschi und Köppen haben sich längst gefunden und die sportlichen Performances wissen noch immer zu beeindrucken. Das einzige potenzielle Erfolgshemmnis ist somit eben die Tatsache, dass man nun binnen eines guten halben Jahres zum dritten Mal mit einer ähnlichen Rezeptur zur Primetime versucht, Euphorie zu entfachen. Und das kann diesem noch recht jungen Hype der ernstzunehmenden Sport-Actionshow relativ bald doch relativ rasch den Wind aus den Segeln nehmen.
«Team Ninja Warrior Germany» läuft ab sofort immer sonntags um 20:15 Uhr auf RTL. Gezeigt werden fünf Vorrunden, ein Finale sowie ein Promispecial.