Nur noch gut ein Prozentpunkt lag in der Zielgruppe zwischen den beiden größten Privatsendern des Landes - so wenig wie selten zuvor. Einen klaren Aufwärtstrend legt indes kabel eins hin. Und beim Gesamtpublikum? Da war alles wie gehabt.
Ein Monat, in dem einmal nicht der «Tatort» das Monats-Ranking anführt, ist erfahrungsgemäß einer, in dem Selbiges ein Fußballspiel tut. Genauer gesagt waren es derer im April sogar zwei, nämlich das Halbfinal-Hinspiel des FC Bayern München in der Champions League gegen Real Madrid mit 11,64 Millionen Zuschauern sowie das Viertelfinal-Hinspiel des Rekordmeisters gegen den FC Sevilla mit 9,37 Millionen. Dahinter lag dann der stärkste «Tatort» des Monats (9,01 Millionen) und das spätere Sevilla-Spiel mit 8,90 Millionen. RTL kam einzig und alleine mit dem Formel-1-Rennen aus Aserbaidschan mit 5,09 Millionen Zuschauern knapp über die Fünf-Millionen-Marke hinaus, das Bahrain-Rennen war mit 4,72 Millionen quasi ebenso stark unterwegs wie das «Wer wird Millionär?»-Lehrer-Special (4,73 Millionen) und landete knapp hinter einem Generationen-Special des Quizklassikers (4,78 Millionen).
Auch beim jungen Publikum zwischen 14 und 49 Jahren dominierten gewohnte Inhalte, sehr stark lief hier allerdings auch die Free-TV-Premiere von «Fack ju Göhte 2», die gleich am ersten Tag des Monats auf tolle 2,38 Millionen und 22,6 Prozent Zielgruppen-Marktanteil gelangte. Ganz erstaunlich war derweil das reichweitenstärkste RTL-Format, das nämlich vom kleinen Kurzfilm «Riley's erstes Date?» mit 1,79 Millionen sowie 17,1 Prozent gestellt wurde - knapp dahinter platzierte sich indes die stärkste «GZSZ»-Folge mit 1,67 Millionen. Und auch Sat.1 erreichte im Rahmen der Oster-Feiertage seine höchste Zielgruppen-Reichweite, der Spielfilm «Independence Day: Wiederkehr» verzeichnete 1,77 Millionen sowie 16,6 Prozent Marktanteil.
Der Gipfel der VOX-Glückseligkeit wurde an drei Abenden erklommen, wo für die jeweilige Primetime-Ausstrahlung 11,5 Prozent Zielgruppen-Marktanteil erzielt wurden: «Sing meinen Song» brauchte hierfür 1,06 Millionen junge Interessenten, der «Echo 2018» 1,01 Millionen und der Animationshit «Ratatouille» 0,98 Millionen. Auch beim Gesamtpublikum waren die beiden Musikshows mit 1,88 und 1,79 Millionen die reichweitenstärkste Angebote der drei kleineren Privatsender, dahinter platzierte sich aber etwas überraschend der auf kabel eins ausgestrahlte Streifen «Die Jagd zum magischen Berg» mit 1,71 Millionen. RTL II wiederum euphorisierte sein Publikum mit den Sozialdokus «Hartz und herzlich» sowie «Armes Deutschland», die regelmäßig mehr als anderthalb Millionen Zuschauer und knapp zweistellige Marktanteile erreichten.
Alle Zuschauer (April 2018)
ALLE ZUSCHAUER (APRIL)
10,9
11,0
13,4
13,9
8,6
8,5
3,0
3,0
5,0
5,0
6,4
6,4
4,6
4,4
3,5
3,4
Marktanteile in % | April 2018 gegenüber März 2018
Es gibt spannende, dynamische Monate in unserer Marktanalyse - und dann gibt es eben auch mal Monate wie den April, wo sich kaum etwas regt. Das ZDF ergatterte seinen obligatorischen Monatssieg mit erneut himmelweitem Abstand zur Konkurrenz, musste mit 13,4 Prozent allerdings seinen am wenigsten famosen Wert im bisherigen Kalenderjahr hinnehmen (zwischen Januar und März wurden nämlich sogar Anteile zwischen 13,9 und 14,6 Prozent erzielt). Silber ging wie so oft ebenfalls völlig problemlos an Das Erste, das mit 10,9 Prozent den eher durchwachsenen Vormonat bestätigte. Interessant: Im direkten Vergleich mit dem Vorjahres-Monat legte das ZDF saftig zu, denn 2017 hatten im April "nur" 12,5 Prozent zu Buche gestanden, während Das Erste damals mit 11,8 Prozent deutlich besser unterwegs war.
"Deutlich besser unterwegs" plus Präteritum ist inzwischen zu einer Art Standardphrase geworden, möchte man die Entwicklung von RTL beleuchten. Drum fokussiere man sich vielleicht einmal auf die Tatsache, dass die Kölner mit 8,6 Prozent nun schon im dritten Monat stabil blieben (nach 8,4 und 8,5 Prozent zuletzt), wenn auch stabil knapp vor ewigen Sender-Negativrekorden. Etwa ein Prozentpunkt ging allerdings im direkten Vorjahres-Vergleich verloren, wo noch 9,4 Prozent möglich gewesen waren. Sat.1 hielt sich mit 6,4 Prozent ebenfalls zumindest auf ähnlicher Flughöhe wie im März, VOX erging es mit seinen 5,0 Prozent genauso unspektakulär.
Etwas interessanter muten da schon die 4,6 Prozent an, die ProSieben im April hinzulegen wusste, immerhin war es nach dem historisch desolaten Abschneiden im Januar (3,9 Prozent) bereits der dritte Monat in Folge, wo die Formkurve zumindest wieder leicht nach oben zeigte. Ganz ordentlich in Form ist aktuell auch kabel eins mit immerhin 3,5 Prozent, womit man den direkten Mitbewerber RTL II deutlich auf Distanz zu halten wusste. Der wiederum kämpfte ein weiteres Mal mit der Drei-Prozent-Marke und musste sich mal wieder ZDFneo geschlagen geben. 3,0 Prozent sind mittlerweile eben einfach zu wenig, um die Top Acht zu festigen. Angesichts kaum vorhandener Dynamiken im Vergleich zum März blieb auch der kumulierte Marktanteil der acht diskutierten Sender mit 55,4 Prozent nahezu identisch wie zuletzt (55,6 Prozent).
14- bis 49-Jährige (April 2018)
14- BIS 49-JÄHRIGE (APRIL)
6,2
6,0
6,3
6,3
11,0
11,4
5,2
5,4
7,2
7,5
8,6
8,5
9,6
9,4
5,1
4,9
Marktanteile in % | April 2018 gegenüber März 2018
Ein doch gutes Stück interessanter waren zumindest einige der Entwicklungen in der klassischen werberelevanten Zielgruppe: RTL etwa kam mit 11,0 Prozent zwar zu einem weiteren letztlich ungefährdeten Monatssieg, ist aber schon zwei Monate vor WM-Start latent gefährdet, erstmals überhaupt in die Einstelligkeit zurückzufallen. Der bisherige historische Tiefstwert datiert noch immer von den WM- bzw. EM-Junis der Jahre 2014 und 2016, wobei mit jeweils 10,6 Prozent damals nur etwa ein halber Prozentpunkt weniger zu Buche stand. Dass man also mittlerweile im Regelbetrieb beinahe genauso schwach unterwegs ist wie vor vier bzw. zwei Jahren noch in einer absoluten Ausnahme-Situation, lässt nichts Gutes für den Sommer erahnen. Übrigens: Im April 2014 waren die Kölner noch auf einen Marktanteil von 13,6 Prozent gelangt, 2016 auf 12,7 Prozent und selbst im Vorjahr standen noch ungleich bessere 12,1 Prozent auf dem Papier.
Diese dramatische Schwäche des Marktführers wusste ProSieben immerhin bedingt zu nutzen, mit 9,6 Prozent näherten sich die Unterföhringer immerhin der Zehn-Prozent-Marke wieder ein Stück mehr an, die noch im Januar schier unerreichbar schien (8,6 Prozent). Damit unterlag man dem eigenen Niveau aus dem Vorjahres-Monat gar nicht mal allzu deutlich (9,9 Prozent) und kam RTL darüber hinaus so nah wie selten zuvor. Der Gipfel der Annäherung wurde im August 2016 mit 1,1 Prozentpunkten Differenz erklommen (RTL 11,2 Prozent, ProSieben 10,1 Prozent), seither waren sich die beiden größten Privaten nie mehr so nah gekommen. Doch RTL tritt aktuell derart angeschlagen auf, dass selbst das sicher nicht zu den großen Gewinnern der aktuellen Fernsehära gehörende ProSieben einen Überraschungsangriff starten könnte.
Weniger aufregend mutete hingegen das Abschneiden von Sat.1, Das Erste und dem ZDF an, die im Großen und Ganzen das März-Niveau reproduzierten. VOX fiel nach starken 7,5 Prozent wieder zurück auf solide 7,2 Prozent, die im Normalbereich des Senders liegen. RTL II verlor erneut an Zugkraft, mit den daraus resultierenden 5,2 Prozent liegt man nun nur noch auf Augenhöhe mit kabel eins, das wiederum mit 5,1 Prozent überraschend stark auftrat - vor allem eingedenk der Tatsache, dass der Sender zwischen August und Februar durchgehend nur noch bei 4,6 bis 4,8 Prozent lag und wenig darauf hindeutete, dass er sich in absehbarer Zeit nochmal über die Fünf-Prozent-Hürde würde hieven können. Da sich Gewinner und Verlierer letztlich die Waage hielten, blieb der kumulierte Marktanteil aller acht großen Sender mit 59,7 Prozent aber auch hier in etwa auf dem Niveau des Vormonats (59,4 Prozent).
Alle Zuschauer (Fernsehjahr)
ALLE ZUSCHAUER (FERNSEHJAHR)
11,6
11,3
13,5
12,7
8,8
9,7
3,0
3,3
5,0
5,3
6,3
7,1
4,4
4,9
3,4
3,6
Marktanteile in % | Sep. 2017 – Apr. 2018 gegenüber Sep. 2016 – Mai 2017
Einen Monat vor dem Saisonende sind die Kräfteverhältnisse dermaßen klar verteilt, dass sich Einiges schon mit Gewissheit sagen lässt: Herzlichen Glückwunsch an das ZDF zum sechsten Gesamtsieg in Folge! Sollte im Mai nicht noch ein mittelschweres Quotenbeben folgen, erreichen die Mainzer mit 13,5 Prozent den stärksten Wert, den ein Sender (genauer gesagt RTL mit 13,6 Prozent) in den letzten sechs Jahren überhaupt zu erreichen imstande war - was umso bemerkenswerter anmutet, da sich der Markt ansonsten ja in immer mehr kleine Akteure zulasten der Großen diversifiziert. In diesem Kontext sollten dann auch die 11,6 Prozent des Ersten Deutschen Fernsehens zwar vielleicht nicht als großer Triumph, aber eben doch als kleiner Punktsieg verstanden werden, denn höchstwahrscheinlich wird auch das zweite öffentlich-rechtliche Hauptprogramm ein moderates Plus einfahren.
Ein heftiger Graupelschauer prasselt hingegen auf die Bronzemedaille von RTL herab, denn mit den wohl letztlich ungefähr 8,8 Prozent, die in der Saisonendabrechnung zu Buche stehen werden, hat sich nun auch der letzte werbefinanzierte Akteur von ernstzunehmenden Ambitionen entfernt, zweistellige Marktanteile zu erreichen und der gebührenfinanzierten Konkurrenz die Stirn zu bieten. Vor allem aber verschlimmert sich die seit den noch zu schäferkordt'schen Hochzeiten erreichten 14,5 Prozent (2010/11) fortwährende Situation der Dauerkrise, nachdem man zuletzt zwei Saisons in Folge hinzulegen wusste, wo maximal ein halber Prozentpunkt verloren ging. Und auch die weiteren großen Privatsender der ProSiebenSat.1- und RTL-Gruppe verloren allesamt weiter an Substanz.
Sat.1 etwa wird gewohntermaßen auf dem Holzrang landen, büßt aber nochmal kräftiger ein als in den beiden Vorjahren, wo bereits jeweils ein halber Prozentpunkt verloren gegangen war. ProSieben verliert mit seinen 4,4 Prozent wohl zum zweiten Mal in Folge etwa einen halben Prozentpunkt - oder krasser ausgedrückt: beinahe 20 Prozent seines Marktanteils, innerhalb von nur zwei Jahren. Bei RTL II ringt man inzwischen um die Drei-Prozent-Marke, wird sie mit 3,0 Prozent aber sehr wahrscheinlich mit Ach und Krach erreichen, wenn im Mai nicht alle Dämme reißen. Dennoch: Innerhalb von nur drei Jahren ging auch hier fast ein Prozentpunkt verloren - oder fast 25 Prozent. Da sind die 3,4 Prozent, die bei kabel eins aktuell auf dem Papier stehen, fast schon harmlos, wenngleich die noch vor wenigen Jahren anvisierten vier Prozent mittlerweile auch kein ernsthaftes Thema mehr sein dürften.
Und selbst VOX dient in dieser Saison nicht mehr wirklich als Gegenargument zum apokalyptischen Narrativ, mit dem die großen Privaten hinsichtlich ihrer Quotenentwicklung zu diskutieren sind: Mit 5,0 Prozent wird der Sender nämlich aller Voraussicht nach auch sein schwächstes Ergebnis seit zwölf Jahren erzielen, nachdem er sich in den vergangenen vier Jahren durchweg konstant bei 5,2 bis 5,3 Prozent gehalten hatte. Und so kommen die sechs größten Werbefinanzierten mit rund 31 Prozent am Ende der Saison nur noch auf etwa sechs Prozentpunkte mehr, als Das Erste und das ZDF alleine erzielen. Diese Differenz bröckelt seit Jahren dramatisch: Vor sechs Jahren etwa lagen noch rund 20 Prozentpunkte zwischen den sechs größten Privaten und den beiden größten Öffentlich-Rechtlichen (damals waren RTL und Sat.1 als Duo noch genauso stark wie Das Erste und ZDF), vor drei Jahren noch etwa zwölf Prozentpunkte und im Vorjahr noch rund zehn.
14- bis 49-Jährige (Fernsehjahr)
14- BIS 49-JÄHRIGE (FERNSEHJAHR)
6,7
6,5
6,3
5,9
12,0
12,8
5,3
5,5
7,2
7,4
8,3
8,7
9,4
10,0
4,8
4,9
Marktanteile in % | Sep. 2017 – Apr. 2018 gegenüber Sep. 2016 – Mai 2017
Angesichts dieser Schreckensnachrichten ist es doch beruhigend, wenn man als Privatsender ein Refugium hinter sich weiß, in dem man sich nochmal so richtig groß fühlen darf. Und das ist RTL mit seinen 12,0 Prozent, die am Ende des TV-Jahres wohl etwa erreicht werden, ohne Frage noch immer. Ebenso fraglos aber: Man schrumpft und schrumpft und schrumpft - seit sieben Jahren und kein Ende scheint in Sicht. Somit könnte den Kölnern schon in absehbarer Zeit das bevorstehen, was bei ProSieben nun bereits die graue Realität ist: Die Verzwergung hin in die Einstelligkeit, genauer gesagt auf 9,4 Prozent. Und auch Schwestersender Sat.1 nimmt weiter mit großem Erfolg am Projekt Quotenerosion teil, nicht anders verhält es sich bei RTL II und voraussichtlich auch kabel eins - wobei sich bei letzterem Kanal die Verluste in engeren Grenzen halten dürften, als man vor wenigen Monaten noch hatte annehmen müssen.
Die statistische Redlichkeit verbietet es indes aber, VOX in das allgemeine Klagelied zu inkludieren, denn dieser Sender hatte in der Vorsaison mit 7,4 Prozent seinen besten Wert seit drei Jahren verzeichnet und wird auch diese Saison mit 7,2 Prozent stärker abschließen als in den Jahren 2015 und 2016 mit 6,9 bzw. 6,7 Prozent. Der größte Saison-Gewinner dürfte allerdings das ZDF sein, das mit 6,3 Prozent klar besser abschneiden wird als in den drei vorangegangenen Saisons - auch wenn der durchschnittliche Zuschauer des Mainzer Kanals noch immer reichlich betagt ist. Das Erste dürfte mit 6,7 Prozent ebenfalls einen kleinen, aber feinen Zugewinn verzeichnen. Auch bei den 14- bis 49-Jährigen gilt also: Ja, sie gehören noch immer eher den Privaten, doch die schwarzen Zahlen schreiben auch hier inzwischen quasi ausnahmslos die Gebührenfinanzierten.