«No Way Out - Gegen die Flammen»: Pures, intensives Katastrophenkino

Regisseur Joseph Kosinski hat sich mit stylischen Science-Fiction-Universen einen Namen gemacht. Mit «No Way Out - Gegen die Flammen» erzählt er nun eine Geschichte aus der echten Welt – und eine, die sich so tatsächlich zugetragen hat.

«No Way Out - Gegen die Flammen»

  • Start: 03. Mai 2018
  • Genre: Katastrophenfilm/Drama
  • Laufzeit: 134 Min.
  • FSK: 12
  • Kamera: Claudio Miranda
  • Musik: Joseph Trapanese
  • Buch: Ken Nolan, Eric Warren Singer
  • Regie: Joseph Kosinski
  • Darsteller: Andie MacDowell, Jeff Bridges, Jennifer Connelly, Josh Brolin, Miles Teller, Taylor Kitsch
  • OT: Only the Brave (USA 2017)
Zum Zeitpunkt der aller ersten Pressevorführung von «No Way Out» vor einem knappen halben Jahr bahnten sich die Flammen einer riesigen Feuerwalze gerade ihren Weg in Richtung Los Angeles und bedrohten dort die Anwesen der Reichen und Schönen – eine Parallele, die die Gefahr auf der Leinwand auf makabere Weise um eine weitere Ebene ergänzte. Irgendwie war all das dort gezeigte plötzlich noch eine ganze Spur greifbarer; kaum zuhause, flimmerten wieder die Bilder der Waldbrände durch die Nachrichten – und zwar nicht inszeniert von einem Hollywoodregisseur. Für die Amerikaner ist all das allerdings kaum noch etwas Besonderes. In den Sommermonaten brennt es „dort drüben“ schließlich immer irgendwo, doch das sogenannte Yarnell Hill vor vier Jahren ging trotzdem in die US-amerikanische Geschichte ein. Der Grund: der tragische Ausgang dieser Katastrophe, die so viele Menschenleben von Brandexperten und Feuerwehrmännern forderte, wie seit dem 11. September nicht mehr.

Der vor allem durch seine visionären Science-Fiction-Epen bekannte Regisseur Joseph Kosinski («Oblivion»), wollte sich im Zeitalter von Superheldenfilmen bewusst der Geschichte eines Alltagshelden annehmen und macht aus dem Ereignis ein aufwühlendes Katastrophendrama, das sich in seiner erzählerischen Zurückhaltung wie der Gegenentwurf zu den pathosschwangeren Werken eines Peter Berg oder Michael Bay anfühlt. In «No Way Out – Gegen die Flammen» stehen in erster Linie die Menschen und ihre Beweggründe im Vordergrund, sich für das Leben ihnen fremder Opfer selbst in größte Gefahr zu bringen.

Sie kämpfen vereint gegen die Flammen


Eric Marsh (Josh Brolin) ist Feuerwehrmann mit Leib und Seele und bildet sein 19-köpfiges Team (u.a. Taylor Kitsch) gerade zur renommierten Hotshot-Crew aus. Diese Elite-Einheit macht sich im wahrsten Sinne des Wortes die Hände schmutzig und kämpft an vorderster Front gegen das Feuer. Als sich der mit Drogenproblemen kämpfende Brandon „Donut“ McDonough (Miles Teller) bei Marshs Einheit bewirbt, gibt dieser ihm eine Chance. McDonough wird schnell ein unverzichtbares Mitglied der eingeschworenen Truppe. Mit der Unterstützung des Chefs der örtlichen Feuerwache, Duane Steinbrink (Jeff Bridges),und hartem Training, schafft es das Team um den erfahrenen Marsh zur offiziellen Hotshot-Crew zu avancieren und bekämpft fortan Waldbrände in der ganzen Region an vorderster Front – bis es zu jenen tragischen Ereignissen kommt, die alles für immer verändern…

«No Way Out – Gegen die Flammen» beginnt so, wie ein Großteil US-amerikanischer Großproduktionen mit dem Schwerpunkt einer auf wahren Ereignissen basierenden Katastrophe beginnt: Die Drehbuchautoren Ken Nolan («Black Hawk Down») und Eric Warren Singer («American Hustle») rücken in ihrem auf einem GQ-Artikel basierenden Skript eine der vielen involvierten Personen in den Mittelpunkt. In diesem Fall die des Feuerwehrmannes und Ausbilders Eric Marsh, der mit seiner Frau Amanda und regelmäßigen Diskussionen ob einer etwaigen Familienplanung den größten Background erhält. Josh Brolin («Sicario») steht die Figur des mit Leib und Seele als Feuerwehrmann arbeitenden Mittvierzigers hervorragend zu Gesicht; dass dieser Mann in der Bekämpfung der Flammen seine Berufung gefunden hat, der er mitunter mehr Leidenschaft entgegenbringt, als den Wünschen seiner Ehefrau, nimmt man dem aktuell auch in «Avengers: Infinity War» zu sehenden Charakterdarsteller jederzeit ab.

Jennifer Connolly («Amerikanisches Idyll») erhält ebenfalls überraschend viel Screentime, auch wenn sich das im Anbetracht der Geschichte nicht zwingend anbietet. Stattdessen wirkt der Subplot um ihre Arbeit als Pferdetrainerin wie der Versuch, den Mangel an Frauenfiguren in «No Way Out» auszugleichen, auch wenn sich die Macher ja eigentlich nur an den gegebenen Fakten orientieren. Das wäre daher gar nicht unbedingt nötig gewesen.

Sich ohne falsche Heldenverehrung vor Helden verneigen


Nicht selten ist die nähere Betrachtung der einzelnen Figuren in solchen Filmen vor allem eine Art Alibi, um die primär im Mittelpunkt stehende Katastrophenaction emotional zu unterfüttern, wie man es zuletzt etwa in Peter Bergs Ölbohrfilm «Deepwater Horizon» in Formvollendung zu sehen bekam. Mit Lorenzo di Bonaventura ist sogar der Produzent des Films auch an «No Way Out» direkt beteiligt. Doch Joseph Kosinski, der mit dem nach und nach glaubhaft geläuterten Draufgänger Brandon (Miles Teller war seit «Whiplash» nicht mehr so gut) später noch eine weitere wichtige Figur in den Fokus rückt, geht es nicht darum, möglichst viel Spektakel zu zeigen. Das trotz seiner Laufzeit von 133 Minuten absolut kurzweilige Drama widmet sich erst in der letzten halben Stunde der eigentlichen Katastrophe – und schaut auch bei dem späteren Kampf der Männer gegen die Flammen bewusst weg, um sich nicht am tragischen Unglück der Männer zu laben. Stattdessen erzählen die Autoren ausgiebig vom harten Ausbildungsweg der angehenden Feuerwehrmänner, von den psychischen wie physischen Strapazen auch fernab der bloßen Flammenhitze und rücken in ausgiebigen Dialogen die sukzessive entstehende, enge kollegiale Bindung der jungen Männer in den Fokus.

Nur vereinzelt drängen sich Anflüge von patriotischer Heldenbekundung in den Film, etwa wenn eine Krankenschwester den Feuerwehrmännern unvermittelt entgegnet, dass sie ja alle „amerikanische Helden“ seien. Das beißt sich so sehr mit der zuvor an den Tag gelegten Zurückhaltung (in «No Way Out» weht keine einzige US-Flagge), sodass solche Momente wie Fremdkörper wirken; dasselbe gilt für eine Handvoll Szenen, in denen sich Brolins Eric von Weitem direkt an die Flammen wendet, mit ihnen spricht oder sie „Bitch“ nennt.

Wenn «No Way Out – Gegen die Flammen» mit der Traumsequenz eines in Flammen stehende Bären beginnt, lässt diese (später ausführlich erläuterte) symbolhafte Vision nicht einmal erahnen, mit welch handwerklicher Finesse Kosinski es später auf der Leinwand brennen lässt. Hinter den Dreharbeiten zum Film steckt ein ausgeklügeltes Konzept mit ausführlicher Vorbereitung. Mehrere Monate lang begleitete der Regisseur echte Feuerwehrmänner auff ihren Einsätzen filmte sowohl reale, als auch kontrolliert gelegte Brände und nutzte diese Aufnahmen später, um aus ihnen – wenn nötig – mithilfe von CGI-Effekten gigantische Feuerwalzen zu schaffen. Die buchstäbliche Verschmelzung aus echten Flammen und am Computer generiertem Feuer ist beeindruckend; auch, weil die intensive Tonspur den Eindruck einer echten Katastrophe zusätzlich verstärkt – in Interviews hebt auch Kosinski selbst vor allem die akustische Wucht des Films immer wieder hervor. Die insgesamt fünf verschiedenen Feuer werden in «No Way Out» zu einer weiteren, absolut unberechenbaren Hauptfigur. Neben ihr wirken die Feuerwehrmänner allenfalls in ihrem Bestreben, Menschen zu retten, heldenhaft.

Doch gegen ein solches Ungetüm haben schließlich auch die mutigsten Männer keine Chance. Nicht einmal einen triumphalen Abschluss ist den Granite Mountain Hotshots vergönnt. Wenn andere Filme im Endspurt noch einmal ausholen, damit die Helden ihr großes Finale bekommen, besteht der letzte Akt der Männer hier darin, sich hilflos unter riesengroßen Planen zu verstecken. Vielleicht liegt genau darin das Heldentum begründet.

Fazit


Joseph Kosinski gelingt mit dem technisch herausragend inszenierten Katastrophendrama «No Way Out – Gegen die Flammen» ein aufwühlendes und ergreifendes Denkmal für die Opfer des Yarnell Hill Fire und für all die Menschen, die tagtäglich ihr Leben für das Anderer zu riskieren.

«No Way Out – Gegen die Flammen» ist ab dem 3. Mai 2018 in den deutschen Kinos zu sehen.
03.05.2018 10:00 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/100711