Auf Netflix versteckt sich ein amüsantes Show-Kleinod für Fernsehjunkies, Joel-McHale-Fans, «TV total»-Nostalgiker und alle dazwischen.
Die verantwortlichen Produktionsstudios
- Pygmy Wolf Productions
- Free Period Productions
- Feigco Entertainment
- Lionsgate Television
Horizontales Erzählen schön und gut. Ob Peak-TV hin oder her: Ab und zu muss es auch leichte Fernsehkost sein. Etwa nach einem langen Schul-, Uni- oder Arbeitstag. Doch auch leicht verdauliche, leichtfüßige Fernsehkost kommt in diversen Formen. All jene, die ihre televisionäre Entspannungsunterhaltung ohne schlechtes Gewissen bevorzugen und daher beispielsweise auf die manipulative Überdramatisierung diverser Realityformate oder auf seichte Fließbandserien verzichten wollen, tendieren oft zu Unterhaltungsshows. Und wenn es dazu noch ein Schuss lakonischer Comedy sein darf sowie eine Ansammlung von TV-Kuriositäten, tja, dann hatte ProSieben jahrelang den perfekten abendlichen Fernsehsnack zu bieten: «TV total».
In den USA gab es mit «The Soup» von 2004 bis 2015 bei E! eine Sendung zu sehen, die ähnlich gestrickt war wie der für eine Generation von TV-Junkies unvergessliche Raab-Klassiker: Ein Moderator, zahllose Clips, die den Irrsinn der Fernsehwelt aufzeigen und jede Menge schnippischer Kommentare. Hinzu kommen gelegentliche Einspielfilme und prominente Gäste, die etwas zu bewerben haben. War «The Soup» eher eine TV-Randnotiz, gibt es mit «The Joel McHale Show with Joel McHale» seit Februar 2018 einen unmittelbaren «The Soup»-Nachfolger, der als Netflix-Original nun weltweit Fernsehbegeisterten und Entertainmentsüchtigen als Geheimtipp dient. Wobei sich der von «Community»-Star Joel McHale moderierte Geheimtipp gerne auch weiter herumsprechen dürfte.
Denn selbst wenn die ursprünglich auf 13 Folgen angelegte erste Showstaffel um sechs Folgen verlängert wurde, sollte dies hoffentlich nur den ersten Schritt darstellen. Im Idealfall wird «The Joel McHale Show with Joel McHale» zu einem Netflix-Dauerbrenner und für einige Raab-Nostalgiker zur späten Ersatzdroge.
Verdient hätte es die unter anderem von «Brautalarm»-Regisseur Paul Feig produzierte Show zweifelsohne: McHale moderiert die Show in einer markant-lässigen Art. Seine Körpersprache sagt 'Ich habe keine Lust auf diesen Müll', sein sardonisches Grinsen und seine charmant-schroffe Stimmfarbe dagegen offenbaren eine verspielte, bübische Freude daran, den TV-Irrsinn zu enthüllen. In dieser Kombination positioniert sich «The Joel McHale Show with Joel McHale» nicht als überhebliche Show, die Konkurrenzformate niedermacht, sondern als lässig-freche Kuriositätensammlung.
«The Joel McHale Show with Joel McHale» verlässt sich aber nicht allein auf die TV-Clips, die vor allem einen Querschnitt des US-Realitywahnsinns bieten und lebensverändernde Fragen aufwerfen wie 'Worum zum Teufel geht es in «Vanderpump Rules»?' … Die Show setzt zudem auf vergnügt-behämmerte Running Gags wie das Nachahmen des Netflix-Erkennungssounds ('Ba damm!'), sich verändernde Abspannsongs und gelegentliche Sketchfilmchen, die unter anderem «Black Mirror» sowie Netflix' Begeisterung für Actionszenen in langen Fluren aufs Korn nehmen. All dies in raschen 22 bis 27 Minuten Laufzeit.
Kurzum: «The Joel McHale Show with Joel McHale» ist im besten Sinne Fernsehen zum Abschalten. Als zügige, einfache, dennoch immer wieder überraschende, alberne Unterhaltungsshow ist das Netflix-Showoriginal eine wunderbare Show, um abends oder am Wochenende zu entspannen, ohne dabei seinen Intellekt zu beleidigen. Und gleichzeitig ist diese Ansammlung peinlicher, dummer oder skurriler Fernsehclips eine spaßige Übung darin, sich vor Augen zu halten, dass die Höhen, die dem Medium Fernsehen derzeit zugesprochen werden, nicht bedeuten, dass es keine Tiefen mehr gibt.